Veröffentlicht in heimkinder von dierkschaefer am 1. März 2011
Für heute nur kurz die Zahlen:
Knapp 92 % der ehemaligen Heimkinder akzeptieren das Ergebnis des Runden Tisches (Schlußbericht) nicht.
Im einzelnen:
Fragestellung:
Am Runden Tisch Heimkinder wurden viele Probleme behandelt, die für mich wichtig sind.
Das Ergebnis im Einzelnen ist unterschiedlich zu bewerten. Wenn ich auf das blicke, was für mich persönlich besonders wichtig ist, komme ich zu folgender
Stellungnahme [bitte ankreuzen]:
o Ja, ich akzeptiere das Ergebnis des Runden Tisches.
o Nein, ich akzeptiere das Ergebnis des Runden Tisches nicht.
o Ich kann mich nicht entscheiden und enthalte mich der Stimme.
endgültiges Abstimmungsergebnis (Dienstag, 1. März 2011)
Zahl der abgegebenen Stimmzettel 52
davon ungültig 4
Zahl der gültigen Stimmen 48
davon
Ja-Stimmen 3 = 6,25 %
Nein-Stimmen 44 = 91,67 %
Enthaltungen 1 = 2,08 %
http://dierkschaefer.wordpress.com/2011/03/01/basisumfrage-das-abstimmungsergebnis/
Fragen dazu von Helmut Jacob
Herr Schäfer, die Abstimmung auf Ihrem Blog ist beendet. Wie lautet das Ergebnis?
Es gingen 52 Stimmzettel ein, davon waren 48 gültig. Darunter waren 3 Ja-Stimmen für die Akzeptanz der Ergebnisse des Runden Tisches, 44 Nein-Stimmen und
eine Enthaltung. Es gab auch zwei Doppelabstimmungen, die ich dann als jeweils eine Stimme gewertet habe.
Dann haben nur50 Personen an der Abstimmung teilgenommen. Macht Sie das zufrieden oder nachdenklich?
Wenn man Erfahrung mit Umfragen hat, in diesem Fall aber keine repräsentative Stichprobe ziehen konnte, dann ist man nur zufrieden, wenn sehr viele Stimmen
eingehen. Ich hatte mit rund 500 gerechnet und frage mich, warum es nicht mehr waren. Das stimmt mich schon sehr nachdenklich.
Wie bewerten Sie die Stimmverteilung?
Schwierige Frage. Das Ergebnis ist zwar sehr eindeutig, allerdings angesichts der geringen Beteiligung wird, wer es will, dieses Ergebnis ohne Probleme
ignorieren oder gar schlußfolgern, daß die meisten Heimkinder kein Interesse mehr haben. Wenn man denkt, daß in der Öffentlichkeit Schätzungen von 800.000 ehemaligen Heimkindern genannt wurden, darf man sich
über solche Interpretationen nicht wundern.
Nein, ich akzeptiere das Ergebnis des Runden Tisches [Heimerziehung] nicht. So haben die meisten Teilnehmer abgestimmt. Welche Signalwirkung hat dieses
Ergebnis für die ehemaligen Teilnehmer des Runden Tisches?
Ich glaube nicht, daß die dieses Signal nötig hatten. Wer in dieser Weise ein Problem versucht auszusitzen und die äußerst geschickte Taktiererei der
Moderatorin erlebt hat, ich denke besonders an die ganz spezielle Einbindung eines Heimkindervertreters und an den Psychodruck in der letzten Sitzung, so jemand wird sich keinen Illusionen hingegeben haben, daß der
Schlußbericht von der Basis akzeptiert werden könnte. Doch die Basis hat sich bei mir nicht gemeldet.
Welche Wirkung müßte das Ergebnis auf die bevorstehende Debatte zur Einrichtung des vorgeschlagenen Fonds im Deutschen Bundestag haben?
Ich befürchte, daß dieses Ergebnis trotz seiner Eindeutigkeit eher dazu angetan ist, dem Bundestag zu signalisieren, daß das Mengenpotential der
unzufriedenen ehemaligen Heimkinder so groß doch nicht ist, und daß man fortfahren kann, die ohnehin schlechten Lösungsvorschläge vom Runden Tisch für die einzelnen Betroffenen weiter zu verschlechtern; der
Gang der Gesetzgebung und die Verwaltung der Ansprüche bieten dafür viele Möglichkeiten.
Kann man die geringe Teilnehmerzahl auch in Bezug zur geringen Zahl der bekannt gewordenen Opfer setzen?
Prof. Kappeler nennt zweieinhalbtausend, die sich an die verschiednen Anlaufstellen gewendet haben. Ich denke, das ist die einzig relevante Bezugsgröße,
auch wenn ich annehme, daß es immer noch viele gibt, die sich lieber verstecken; dafür dürften andererseits sich auch manche bei mehr als einer Anlaufstelle gemeldet haben. Da diese Personen jedenfalls etwas
wollen, egal ob Entschädigung, Rehabilitierung oder Entschuldigung, sollte man annehmen, daß sie sich an einer zu nichts verpflichtenden Umfrage beteiligen. Doch auch, wenn ich von den zweieinhalbtausend ausgehe,
ist die Beteiligung von nur 50 Personen nicht geeignet für eine plausible Darstellung der ablehnenden Haltung der ehemaligen Heimkinder.
Was soll mit dem Ergebnis Ihrer Abstimmung passieren? Wo geht sie hin?
Ich habe die Ergebnisse, so wie ich es zugesagt habe, bereits verbreitet, also an den Bundestagspräsidenten, die Familienministerin, die
Fraktionsvorsitzenden, den Petitionsausschuß, den Familienausschuß und den Rechtsausschuß. Dazu habe ich einige Pressedienste mit einer Presseinformation bedient. In allen Fällen war es mir wichtig, nicht nur
Prozentangaben zu machen, sondern auch die absoluten Zahlen zu nennen. Ich möchte mir keine unseriöse Arbeitsweise vorwerfen lassen. Doch insgesamt kam ich mir komisch vor. Wenn ich selber eine solche Umfrage
bekäme, würde ich sie kaum beachten.
Inwiefern bestimmt das Abstimmungsergebnis Ihr weiteres Handeln?
Ich frage mich natürlich, was ich nach diesem Ergebnis noch für die ehemaligen Heimkinder tun kann; das fragt mich mein Umfeld auch.
Zu einem anderen Thema, Ihrem Bußaufruf. Vor über einem Jahr riefen Sie die Kirchen zur Buße auf. Jetzt kommt einiges in Bewegung. Bischof Bode hat
sich im Osnabrücker Dom büßend zum Altar gelegt. Wie bewerten Sie diese Geste?
Ja, da gab es auch noch die Fußwaschung. Es sind durchaus bewegende Gesten, die im kirchlichen Rahmen angemessen sind. Doch solange es nur Gesten bleiben,
handelt es sich um bloße Inszenierungen, mit anderen Worten: Alles Theater.
Konservative Kritiker bedauern diese Geste. Was meinen Sie dazu? (http://www.noz.de/deutschland-und-welt/politik/niedersachsen/49571028/konservative-kritiker-bedauern
-bischoefliche-bue-nach-missbrauchsfaellen)
Wenn jemand ernsthaft sagt: „Bischof Bode noch immer im Missbrauchs-Wahn.“, dann soll er das im Jüngsten Gericht verantworten, an das er doch hoffentlich
glaubt.
Kardinal Meißner trug seine Bußworte gesanglich vor. Hat er damit überzeugt? (http://www.youtube.com/watch?v=iWfdApi8trI)
Ich habe mir das soeben erst angehört und – Entschuldigung – ich mußte lachen. Man könnte noch mehr dazu sagen, doch das lohnt nicht. Eins aber doch:
ehemaligen Heimkindern dürfte nicht zum Lachen zumute sein. Wenn ich Betroffener wäre, käme eine unsägliche Wut in mir hoch über die unglaublich umsichtige Empathiebezeugung dieses hochrangigen kirchlichen
Würdenträgers.
Die Bischofskonferenz will im Rahmen ihrer nächsten Vollversammlung im März in Paderborn in einem Bußakt „die Opfer und Gott um Vergebung“ bitten.
Kommt dieser Akt nach Ihrer Meinung im Rückblick auf das bisherige Verhalten der katholischen Kirche bei den Opfern an? (http://www.welt.de/print/die_welt/hamburg/article12668028/Kirche-sendet-Signal.html)
Das kann ich mir nicht vorstellen – es sei denn, es werden großzügige Entschädigungen angekündigt. Doch es scheint ohnehin nur um Mißbrauchsfälle zu
gehen, diese Fixierung auf Sex ist schon interessant. Die ehemaligen Heimkinder bleiben wieder einmal als Schmuddelkinder außen vor.
Wie sieht Ihre weitere Arbeit in Sachen ehemalige Heimkinder aus? Im jetzigen Stadium kann ich das noch nicht absehen.
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