28. Januar 2010
Herrn Pfarrer
Klaus-Dieter Kottnik
PrÀsident des Bundesverbandes Diakonie
14195 Berlin
Telefax: 030 830 01 555
Presseverlautbarungen zu Ihren ĂuĂerungen bzgl. EntschĂ€digungen von Heimopfern
âBerlin - Der PrĂ€sident des Diakonischen Werks, Klaus-Dieter Kottnik, hat sich fĂŒr eine Wiedergutmachung an ehemaligen Heimkindern ausgesprochen.
Es sei auch "eine finanzielle UnterstĂŒtzung sinnvoll", sagte Kottnik dem EPD am Freitag in Berlin, wo der "Runde Tisch Heimkinder" einen Zwischenbericht vorlegte. Der Umfang möglicher
EntschĂ€digungen lasse sich aber noch nicht absehen, sagte Kottnik. Der Bericht jedenfalls sei "erschĂŒtternd"; ihn schmerze, so der DiakonieprĂ€sident, "dass diakonische Einrichtungen daran beteiligt
waren". Durch den Zwischenbericht des Runden Tisches, auf den sich sowohl Heimkindervertreter als auch Vertreter der Kirchen, des Bundes und der LÀnder verstÀndigt haben, werde öffentlich anerkannt,
"dass jungen Menschen, die man damals FĂŒrsorgezöglinge nannte, Gewalt angetan worden ist", so Kottnik.â
http://www.welt.de/die-welt/politik/article5950666/Diakonie-will-fruehere-Heimkinder-entschaedigen-lasse n.html
Sehr geehrter Herr PrÀsident!
Mit Genugtuung haben wir zur Kenntnis genommen, dass Sie nunmehr auch EntschĂ€digungsleistungen fĂŒr Heimopfer befĂŒrworten. Der Zwischenbericht des Runden
Tisches Heimkinder hat wohl zu einer Ănderung Ihrer Meinung beigetragen.
Sicher ist Ihnen auch der vorlĂ€ufige Bericht der Historiker Schmuhl/Winkler zur Kenntnis gekommen, der ĂŒber die Verbrechen an den behinderten Heimkindern in
den 50er und 60er Jahren in Volmarstein umfangreich Auskunft gibt. Der endgĂŒltige Bericht der Historiker wird keine Ănderungen der Forschungen, allenfalls weitere Ergebnisse und VervollstĂ€ndigungen aufzeigen.
So ist es unseres Erachtens an der Zeit, endlich auch fĂŒr den Bereich der behinderten Heimopfer zu EntschĂ€digungslösungen zu kommen. Ein Abwarten auf den
Endbericht des Runden Tisches ist schon aus dem Grund nicht sinnvoll, weil hier die Verbrechen an SĂ€uglingen, Vorschulkindern und behinderten Kindern keine BerĂŒcksichtigung findet. So sind Ihre Initiativen mehr
denn je gefragt.
Zwar versucht die Evangelische Stiftung Volmarstein intern, zahlreiche BeitrĂ€ge im Sinne von Wiedergutmachung zu leisten, dies kann aber nur ein âTropfen
auf den heiĂen Steinâ sein. Einzelne WiedergutmachungsbemĂŒhungen der Evangelischen Stiftung, die wir immer wieder wĂŒrdigen und unter Wahrung des Datenschutzes auch auf unserer Homepage veröffentlichen, können
nicht den Bedarf aller Opfer des Johanna-Helenen-Heims abdecken.
Es geht in EinzelfĂ€llen auch um einmalige EntschĂ€digungen. Diesen Wunsch können wir nachvollziehen; darum bitten wir Sie, uns Ihre Ăberlegungen
mitzuteilen, in welchem Umfang Sie einmalige finanzielle EntschÀdigungen leisten wollen.
Ein GroĂteil der Opfer, die wir vertreten, kann es sich verstĂ€ndlicherweise nicht vorstellen, den Lebensabend in einem Heim zu verbringen. Es wĂ€re eine
Zumutung, dies von unseren vielfach geschÀdigten damaligen Schulkindern zu verlangen. Darum ist es notwendig, dass Sie endlich in einen Dialog mit der Evangelischen Stiftung Volmarstein und den
LandschaftsverbÀnden Rheinland und Westfalen eintreten und ein Konzept entwickeln, das den Forderungen nach Behindertenassistenz Rechnung trÀgt. Schwerstbehinderten wird schon heute Behindertenassistenz gewÀhrt,
aber die Antragstellung ist immer wieder eine Tortur. Dies weiĂ der Sprecher aus eigenem Erleben. Im Zuge des Antragsverfahrens Behinderter muss um jede halbe Stunde gerungen werden. So zieht es sich Jahre hin, bis
der bedĂŒrftige Behinderte optimal Behindertenassistenz erhĂ€lt. Mit dieser QuĂ€lerei muss fĂŒr die behinderten Heimopfer Schluss sein. Es muss eine Lösung unter den drei Gremien gefunden werden, dass die
Behindertenassistenz einfach organisiert und finanziert wird. Die Evangelische Stiftung hat sich bereits bereit erklĂ€rt, bei der Antragstellung einzelner Heimopfer Hilfestellung zu geben. Sie mĂŒssen die
LandschaftsverbĂ€nde davon ĂŒberzeugen, dass in diesen besonderen FĂ€llen auf möglichst viel BĂŒrokratie verzichtet wird. In unseren FĂ€llen braucht nicht individuell nachgeprĂŒft werden, wer Opfer ist. Es sind
alle damaligen Kleinkinder und Schulkinder aus der genannten Zeit. Schon die rÀumliche Enge war eine tÀgliche Bestrafung der Kinder!
FĂŒr diejenigen, die nicht mehr im Einzugsbereich der oben genannten KostentrĂ€ger sind, gilt es, ebenfalls vergleichbare Lösungen zu finden. Nötigenfalls
wÀren entsprechende Leistungen aus einem Fonds zu finanzieren.
ĂberfĂ€llig ist allerdings auch eine Entschuldigung des Diakonischen Werkes als Rechtsnachfolger der Inneren Mission dafĂŒr, dass diese nicht kontrolliert
hat, wie es den Kindern unter ihrem Dach geht. SpĂ€testens jetzt, nach dem Zwischenbericht der Historiker und dem des Runden Tisches Berlin sollten die Heimopfer jeweils individuell entsprechende ĂuĂerungen von
Ihnen erhalten.
Wir betonen ausdrĂŒcklich, dass wir die Initiative des Pfarrers, Herrn Dierk SchĂ€fer, nachdrĂŒcklich begrĂŒĂen, der einen BuĂaufruf gestartet hat. Hier der
entsprechende Link:
http://www.gewalt-im-jhh.de/Bussaufruf_Dierk_Schafer/bussaufruf_dierk_schafer.html
Ungeachtet unserer Forderungen an Sie und an staatliche Stellen sollen Sie wissen, dass Heimopfer nicht nur fordern, sondern auch fördern. Wir unterstĂŒtzen
beispielsweise das Jahresspendenprojekt der Evangelischen Stiftung Volmarstein fĂŒr ein neues Kinderheim mit unserer Aktion âKuscheliges Kinderheimâ. Hier der Link:
http://www.gewalt-im-jhh.de/Aktion_KK_-_Kuscheliges_Kinder/aktion_kk_-_kuscheliges_kinder.html
Wir rechnen mit Ihrer UnterstĂŒtzung und erwarten Ihre weiterfĂŒhrenden Antworten.
Mit freundlichen GrĂŒĂen
(Helmut Jacob)
Sprecher
Kopie: Herrn Pfarrer JĂŒrgen Dittrich, ESV, 58300 Wetter
Sehr geehrter Herr Kottnik, auf diesen Brief vom 28.01.2010 erfolgte keine Reaktion. Wir fragen an, ob und wann Ihre Antwort zu erwarten ist und welcher
Grund gegeben wÀre, wenn Sie auf das Schreiben antworten wollten.
Helmut Jacob
09.06.2010
|