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Statements Prof. Manfred Kappeler, Dierk Schäfer und andere Fürsprecher von Heimopfern

Die nachfolgenden beiden Beiträge sind bereits auf der ersten Homepage zu finden. Die dort gemachten Aussagen sind richtungsweisend für die Arbeit der FAG JHH 2006. Darum sind sie hier, auf der neuen Homepage, noch einmal wiederholt.

Dipl.-Pädagoge und Dipl.-Theologe Dierk Schäfer
Verfahrensvorschläge zum Umgang mit den derzeit diskutierten
Vorkommnissen in Kinderheimen in der Nachkriegszeit in Deutschland

Der Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages hat aufgrund einer Vielzahl von Vorkommnissen der Kindesmißhandlung und des Kindesmißbrauchs in den deutschen Kinderheimen der Nachkriegszeit die Einrichtung eines Runden Tisches empfohlen, der diesen Vorkommissen auf den Grund gehen und überlegen soll, wie mit den Forderungen der betroffenen Personen zu verfahren werden ist. Da die Bundesrepublik Deutschland Rechtsnachfolger sowohl des Dritten Reichs, wie auch der DDR ist, liegen auch die dort zu verortenden Vorkommnisse in ihrer rechtlichen Verantwortung, auch wenn es zur Zeit um die Probleme aus der bundesrepublikanischen Vergangenheit geht.
Das Aufgabenspektrum ist umfassend und kann wie folgt und ohne Anspruch auf Vollständigkeit dargestellt werden.
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Prof. Dr. Manfred Kappeler
Zwischen den Zeilen gelesen – Kritik des „Zwischenberichts“ des Runden Tisches Heimerziehung
Am 22. Januar wurde der Zwischenbericht des Runden Tisches Heimerziehung (RTH) von Antje Vollmer, der Leiterin des Gremiums, unter Beteiligung einiger weiterer Mitglieder in einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit vorgestellt.
Die endgültige gedruckte Fassung des Berichts wurde den VertreterInnen der Ehemaligen Heimkinder am RTH erst wenige Stunden vorher zugestellt, so dass eine genaue kritische Durchsicht des Textes nicht möglich war.

Die strukturelle Asymmetrie dieses Gremiums wird beharrlich geleugnet, indem so getan wird, als seien die von Regierungen, Verwaltungen und Verbänden delegierten VertreterInnen gar keine Delegierten mit dem Mandat ihrer entsendenden Organisation, sondern ausschließlich persönlich an der Sache engagierte Fachleute der Politik und der Jugendhilfe. Das trifft aber allenfalls auf die beiden Wissenschaftler/Professoren zu, die mit ihrer grundgesetzlich garantierten Freiheit von Forschung und Lehre keinem Auftraggeber verpflichtet sein müssen.

Im ZB werden „gegenseitiges Vertrauen, Aufrichtigkeit, Offenheit“, als Grundvoraussetzungen für einen gelingenden Arbeitsprozess am RTH beschrieben und als Praxis unterstellt. Die Erfahrungen der Ehemaligen-VertreterInnen am RTH haben deren Vertrauen in diese Tugenden fast auf den Nullpunkt gebracht. Dazu gehört auch die Erfahrung, dass die Institutionen-VertreterInnen für Vorbereitung und Wahrnehmung ihrer Funktionen infrastrukturelle Ressourcen haben, die den Ehemaligen Heimkindern ganz fehlen.

Dieses verleugnete und deshalb auch nicht wenigstens zu mildernde Ungleichgewicht erinnert Ehemalig Heimkinder an die Machtverhältnisse, denen sie als Kinder und Jugendliche in der Jugendhilfe ausgesetzt waren.   
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Dierk Schäfer: Seligsprechung für Mixa!
Veröffentlicht in Kirche von dierkschaefer am 12. Juni 2010

»Mixa erhebt schwere Vorwürfe gegen die Kirche«, so zu lesen bei:
http://www.welt.de/politik/deutschland/article8011687/Mixa-erhebt-schwere-Vorwuerfe-gegen-die-Kirche.html

Recht hat er. Eigentlich sollte längst ein Seligsprechungsverfahren laufen. Immerhin hat er ein Wunder vollbracht, ebenbürtig dem Weinwunder unseres HErrn bei der Hochzeit zu Kana.
Er hat Waisengelder in Wein verwandelt, so der Sonderermittler.
Man sollte Herrn Mixa also zur Ehre der Altäre erheben.
http://
dierkschaefer.wordpress.com/2010/06/12/seligsprechnung-fur-mixa/

Dierk Schäfer:
Ein neues Stuttgarter Schuldbekenntnis
Veröffentlicht in Kirche, Theologie, heimkinder von dierkschaefer am 25. Juli 2010
Es muß eine schaurig-schöne Feier gewesen sein.
Beim Treffen des Lutherischen Weltbundes (LBW) hat dieser „in einer bewegenden Zeremonie“ am vergangenen Donnerstagabend in Stuttgart „Abbitte bei den Mennoniten für grausame Verfolgung der Täuferbewegung durch Lutheraner geleistet.“ „Auf Knien und unter Gebet“, wie die FAZ am Sonnabend berichtet. Die Zitate sind der FAZ-Meldung entnommen.
Schaurig, weil der Anlaß zwar 500 Jahre zurückliegt, aber an fürchterliche Greueltaten erinnert. Die FAZ druckt als (nicht direkt treffendes) Beispiel ein Photo der Käfige an der Münsteraner Lambertikirche ab, in denen die Leichen der grausam gefolterten und hingerichteten Wiedertäufer zur Abschreckung aufgezogen waren. Doch das ist eine Geschichte für sich, für die nicht die Lutheraner verantwortlich waren. Aber die Grundtendenz ist richtig, den Wiedertäufern erging es in lutherischen Gefilden nicht besser.
Schön, weil dieser kirchliche Schlußstrich unter eine üble Vergangenheit in kirchlich-würdiger Weise gezogen wurde, wenn auch säkularisierte Zeitgenossen dieser Symbolik kaum noch etwas abgewinnen dürften.
Das erste Stuttgarter Schuldbekenntnis handelte vom kirchlichen Versagen in der Zeit der Naziverbrechen. Die Kirche hatte ja nicht einmal ihre Pfarrer jüdischer Herkunft geschützt.
Wenn man dieses Schuldbekenntnis liest, können einem auch schaurig-schöne Schauer über den Rücken laufen. Schön, weil man sich ergriffen fühlt von der Geste des Schuldeingeständnisses, das um so mehr ergreift, wie die Schuld abgrund-tief ist. Schaurig, wenn man daran denkt, welche Verbrechen im deutschen Teil des christlichen Abendlandes möglich waren. Schaurig aber auch, wenn mein alter Kollege und Zeitzeuge Recht hat mit seiner Bemerkung: „Ohne das Schuldbekenntnis hätte es keine CARE-Pakete gegeben.“ Gewiß, dieser Kollege war ein Zyniker und andere Kollegen sehen diesen Zusammenhang nicht. Es mag also sein, daß das erste Stuttgarter Schuldbekenntnis durch und durch ehrlich war, ohne Hintergedanken. Tatsache ist jedoch, daß das Bekenntnis ertragreich war. Es ist wirklich nicht vorstellbar, daß die amerikanischen Kirchen so schnell zur Hilfe bereit gewesen wären.
Das zweite Stuttgarter Schuldbekenntnis bringt jedenfalls nichts ein, kostet aber auch nichts, denn die ermordeten Wiedertäufer sind schon lange tot und erheben keine Entschädigungsansprüche. Die ergreifende Geste reicht.
Eine Geste reicht bei der aktuellen Schuld von Kindesmißhandlungen an Heim- und an Schulkindern nicht.
Mein Bußaufruf an die Kirchen (Buß- und Bettag 2009: http://
www.petitiononline.com/heimkids/petition.html) forderte nicht nur die Geste, sondern auch Entschädigung – und er verhallte. Bestenfalls verwies man auf den Runden Tisch, dessen Ergebnisse man abwarten wolle. Die von einigen Kirchenführern bekundete Betroffenheit ging nicht so weit, daß man wenigstens den am Hartz-IV-Existenzminimum lebenden ehemaligen Heimkindern vorab eine Opferrente bewilligen würde.
Vergangenheitsbewältigung ist nur dann glaubhaft, wenn man bereit ist, für die Opfer auch Opfer zubringen.
http://dierkschaefer.wordpress.com/2010/07/25/ein-neues-stuttgarter-schuld bekenntnis/

Auszug aus dem 1. Stuttgarter Schuldbekenntnis:
“Wohl haben wir lange Jahre hindurch im Namen Jesu Christi gegen den Geist gekämpft, der im nationalsozialistischen Gewaltregiment seinen furchtbaren Ausdruck gefunden hat; aber wir klagen uns an, daß wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben.
Nun soll in unseren Kirchen ein neuer Anfang gemacht werden. Gegründet auf die Heilige Schrift, mit ganzem Ernst ausgerichtet auf den alleinigen Herrn der Kirche, gehen sie daran, sich von glaubensfremden Einflüssen zu reinigen und sich selber zu ordnen. Wir hoffen zu dem Gott der Gnade und Barmherzigkeit, daß er unsere Kirchen als sein Werkzeug brauchen und ihnen Vollmacht geben wird, sein Wort zu verkündigen und seinem Willen Gehorsam zu schaffen bei uns selbst und bei unserem ganzen Volk.”
http://
de.wikipedia.org/wi ki/Stuttgarter_Schuldbek enntnis#Wortlaut

Klaus Klüber (ex-heimkinder.de): Heuchelei
Die mit Anfang des Jahres bekannt gewordenen Missbrauchs- und Misshandlungsfälle in Deutschlands Eliteschulen sind schlicht ausgedrückt. . . : einfach nur schlimm zu nennen.
Doch statt ernsthaft darüber nachzudenken wie man dieser gesellschaftlichen Geißel Herr werden kann, wird das Missbrauchsthema in einer öffentlichen Weise aufbereitet, die meiner Ansicht nach einer weiteren Vergewaltigung aller Betroffenen gleicht.
Zu durchsichtig ist die Heuchelei, mit der die unterschiedlichen Interessensgruppen um gesellschaftliche Einflussnahmen ringen. In dessen Gemenge den Betroffenen allenfalls eine nachgeordnete Statistenrolle zugewiesen wird.
Doch worum geht es eigentlich?
Klar, es geht zunächst mal „nur“ um exzessive Gewalt und sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen, wie sie schon seit Jahrhunderten in allen Gesellschaften praktiziert wurden, ohne dass groß ein Hahn danach krähte.
Wer es arg zu doll trieb und erwischt wurde, sah sich dann zwar irgend wann aufgrund angepasster Gesetzesvorlagen vor dem Kadi wieder. Aber ein real gesellschaftsübergreifendes Problembewusstsein wurde selbst bis heute nicht erreicht. . . . . , und eigentlich auch noch nie so richtig angestrebt.
Immerhin lässt sich mit der Leidensverwaltung vernachlässigter, misshandelter und missbrauchter Kinder jede Menge Geld aus staatlichen Kassen abgreifen, wie unsere obersten Wohlfahrtinstitutionen im geschäftstüchtigem Gewand unserer evangelischen und katholischen Kirchen nur zu gut wissen, in deren Händen nahezu jedes Geschäft zur Gemeinnützigkeit erhoben wird.
Immerhin haben sie sich im Umfeld von „Betreuungsaufgaben“ ein geradezu monopolistisches Alleinstellungsmerkmal verschafft. Innerhalb dessen die vor Ort Beschäftigten zwar nicht mehr nur mit Gotteslohn bezahlt werden, aber bekanntlich auf kirchlichen Arbeitsplätzen vergleichsweise gering bezahlt werden und erhebliche Einschränkungen allgemeiner Arbeitnehmerrechte in Kauf nehmen müssen. Eben, weil es gilt, mit möglichst geringem Aufwand, möglichst hohe Profite zu erwirtschaften.
Aber das sei hier nur am Rande erwähnt.
Es gab zwar die 68er-Bewegung, der eine Umkehr allzu gewaltbetonter Erziehungsmethoden in Kinderheimen zu verdanken ist, aber seither hat es keine nennenswerte Gewaltthematisierung in der Öffentlichkeit mehr gegeben. Opfer von Gewalt und Missbrauch, blieben vor Scham weitgehend zum Stillschweigen verdammt, sich selbst überlassen.
Dann 2003 begannen, durch einen irischen Filmbericht inspiriert, mehrere ehemalige Heimkinder, ihre Stimmen über ihr erlittenes Leid besonders in kirchlich getragenen Einrichtungen zu erheben. Doch wurden ihre Forderungen um Entschuldigungen und Entschädigungen sowohl von kirchlichen, als auch staatlichen Verantwortungsträgern mit ebenso herablassender Gleichgültigkeit abgewiesen, wie sie einst behandelt wurden. ...

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6. September 2010 Dierk Schäfer
Religiöse Untertöne
»Ich wäre Ihnen sehr dankbar für eine Ihrerseitige Aufklärung Ihrer Position und der Position Ihrer Kirche, aber bitte ohne religiöse Untertöne.«
Das schreibt Herr Mitchell aus Australien in seinem Kommentar an den derzeitgen Vorsitzenden der EKD,
Präses Nikolaus Schneider. (siehe: http://dierkschaefer.wordpress.com/2010/0 8/27/losungsvorschlage-von-dr-wiegand/#c omments )
Sicherlich werden ihm  viele (die meisten?) ehemaligen Heimkinder in diesem Punkt zustimmen.
Ich hingegen vermisse seit Bekanntwerden der Verbrechen an Kindern in kirchlichen Heimen eine theologische Stellungnahme zur damaligen Praxis samt einer Erklärung, wie trotz eines menschen- und speziell kinderfreundlichen Gründungsdokuments des Christentums („Lasset die Kindlein zu mir kommen“ und dazu das Wort vom Mühlstein für diejenigen, die Kindern Leid zufügen), wie es trotz dieser Grundlage zu solchen inhumanen Gewaltexzessen kommen konnte, zu Gewaltexzessen, die religiös-ideologisch untermauert wurden und also zum System kirchlicher Heimerziehung gehörten. Doch die Theologie – wie auch die Kirchen – haben die Brisanz dieser Frage bisher nicht erkannt oder nicht erkennen wollen.
Was auch ich nicht will, doch wer meinen Blog kennt, wird mir das ohnehin nicht unterstellen, ist religiöses Gesülze, das von Entschädigungszahlungen dispensieren soll. Das gab es allerdings zur Genüge, wie auch das Angebot, kirchliche Anlaufstellen und Therapiemöglichkeiten zu nutzen ohne hinzufügen, daß Therapiekosten generell von den kirchlichen Einrichtungen übernommen werden, egal, welche Therapeuten aufgesucht werden.
http://
dierkschaefer.wordpress.com/2010/0 9/06/religiose-untertone/

27. September 2009 Dierk Schäfer
Die Amtskirche ging vorbei
Da war einer unter die Räuber gefallen. Ein Priester und ein Levit gingen einfach vorbei. Sie stehen bei Lukas 10 (ab Vers 30) für die damals etablierte Religion, modern gesprochen für die Amtskirche. Erst der Samariter, in den Augen der anerkanntermaßen Rechtgläubigen ein Ungläubiger, kümmerte sich um den halbtot-Geschlagenen.
In der Nachkriegszeit und teilweise bis weit in die 70er Jahre fand die Nazi-Pädagogik in zahlreichen Kinderheimen ihre Fortsetzung im Gewand kirchlicher Fürsorge: Wenn die Kinder, die unehelichen, die widersetzlichen, die verdorbenen, kurz, die Kinder der Sünde in ihrem irdischen Leben schon leiden, bleibt ihnen vielleicht die ewige Verdammnis erspart (dies war eher die katholische Version, evangelische Heime kamen ohne Fegefeuer aus, doch das änderte weiter nichts).
Heute wissen wir, daß diese Kinder unter „die Räuber“ geraten waren und sprechen von Mißhandlung, Mißbrauch, Körperbeschädigung und Seelenmord.
Auch die Amtskirchen wissen es. Doch es hat den Anschein, daß sie vorbeigehen möchten. Allerdings nicht ohne ihre Betroffenheit kundzutun. Sie verweisen auf andere, die unter die Räuber gefallen waren. Die Zwangsarbeiter des Nazireichs und ihre magere Entschädigung sollen der Maßstab sein für eine eventuelle Entschädigung der ehemaligen Heimkinder, und das auch nur auf Nachweis.
Das ist politisch korrekt. Denn wo kämen wir hin, wenn die Verbrechen in den Kinderheimen in bundesrepublikanischer Zeit, unter kirchlicher und staatlicher Verantwortung, übler gewertet würden, als die der Nazis? Die Opferhierarchie muß eingehalten werden. So schlimm wie die Nazis können ihre Nachfolger doch gar nicht gewesen sein.
Matthäus 18,6: Wer aber Ärgernis gibt einem dieser Kleinen, die an mich glauben, dem wäre es besser, daß ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er ersäuft würde im Meer, wo es am tiefsten ist.
http://
dierkschaefer.wordpress.com/2009/09/27/23 6/

Dierk Schäfer: Wenn die Ohrenzeugen der Augenzeugen verstummt sind, beginnt die Geschichtsschreibung.
Veröffentlicht in Kirche, Pädagogik, heimkinder von dierkschaefer am 9. September 2010
Geschichtliche Distanz
Wenn die Ohrenzeugen der Augenzeugen verstummt sind, beginnt die Geschichtsschreibung. So war es bisher. Die Geschichtsschreibung sondierte und filterte das ihr Zugängliche, emotionslos und doch interesse(n)geleitet.
Heute ist es anders. Die Erlebenszeugen haben ein Publikum bekommen, größer als es sich die Augenzeugen früherer Zeiten vorstellen konnten. Dank der Publikationsmöglichkeiten im Internet werden wir, die anderen, zu Ohrenzeugen und wir sehen die Bilddokumente dieser „Geschichtsschreibung von unten“. Man müßte sich Augen und Ohren verstopfen, wenn man nicht Zeitgenosse und Zeuge sein will.

So kommt es, daß auch kirchliche Medien über die Schicksale von Kindern in kirchlichen Heimen berichten. Nach meinem Aufsatz im Deutschen Pfarrerblatt (http://
dierkschaefer.wordpress.com/2010/05/15/scham-und-schande-die-kirchen-und-die-heimki nderdebatte/ ) erscheint nun in der Evangelischen Sonntagszeitung ein Bericht über Säuglingsheime und der weiterführende Link zum Säuglingsheimarchiv (http://ev-medienhaus.de/printmedien/esz/aktuell/aktuelle_ausgabe.php?rubrik=thema und
www.saeuglingsheim-archiv.de). Vielen Dank an Herrn Mitchell/Australien für den Hinweis.

Wie für manch andere Einrichtungen sieht sich ja der Runde Tisch in Berlin auch für Säuglingsheime nicht für zuständig. Dabei könnten seine Mitglieder gerade aus der Beschäftigung mit Säuglingsheimen lernen, wie damals gegen damals schon bekannte wissenschaftliche Erkenntnisse über kindgerechte Erziehung verstoßen wurde. Von wegen zeitbedingt! Das was damals wohl üblich war, verstieß ebenso gegen das, was wir heute „good governance“ nennen, wie die Verbrechen des Nazireiches an sogenannten Ballast-Existenzen.

Warten wir also nicht darauf, daß die Historiker irgendwann sondieren und die Vergangenheit filtern. Bei solchem Verfahren spielt nicht nur die Würde der heute noch Lebenden keine Rolle mehr, sondern sie führen auch noch zu falschen Würdigungen derer, die ihrer Verantwortung nicht sach- und kindgemäß nachgekommen sind. Denn die Aktenführung war bisher stets Sache derer, die am Nachruhm interessiert waren. Die „Aktenführung“ im Internet ist zwar auch interessengeleitet, doch dichter am Leben und Leiden der Betroffenen.

Und aus diesen Akten geht hervor, daß die für die Mißstände in den Heimen Verantwortlichen und ihre Rechtsnachfolger einschließlich der Gesellschaft, die weggeschaut hat, die Schulden aus der Vergangenheit angemessen begleichen müssen.

http://dierkschaefer.wordpress.com/2010/09/09/wenn-die-ohrenzeugen-der-augenzeugen-verstummt-sind-beginnt-die- geschichtsschreibung/
 

20. September 2010 Dierk Schäfer
Mit einer Überraschung geht es in die Endrunde
Dem Runden Tisch werden von den ehemaligen Heimkindern Lösungsvorschläge präsentiert.
Die Überraschung: Die Vorschläge werden von den Vertretern der ehemaligen Heimkinder am Runden Tisch und vom VeH gemeinsam getragen. Wenn ich es richtig sehe, war es Rechtsanwalt Nieporte, der diese Einigkeit bewirkt hat und ich appelliere an alle ehemaligen Heimkinder, von Grabenkämpfen untereinander abzusehen.
Es ist ohnehin offen, wie der Runde Tisch mit den Lösungsvorschlägen umgeht. Ich persönlich bin da nicht sonderlich hoffnungsvoll. Sollte er die Lösungsvorschläge weitgehend ignorieren, denn hat er die Heimkinder „verkauft“, obwohl die einheitlich vernünftige Vorschläge gemacht haben.
Eins ist jedoch klar: Die Heimkindervertreter am Runden Tisch sollten übereinkommen, wo ihre Schmerzgrenze ist. Wenn der Runde Tisch in seinem Schlußbericht die wesentlichen Vorschläge übergeht, sollten sie nicht den Kakao trinken, durch den man sie zieht, dann gilt es, vernehmlich „nein“ zu sagen zu der Einvernehmlichkeit, die beim Zwischenbericht noch behauptet wurde.
Nun bitte ich aber alle, keine öffentliche Diskussion darüber zu führen, wo denn das Minimum liegen sollte, dem man noch zustimmen könnte. Denn dann wäre es mit der Einigkeit vorbei und der Runde Tisch könnte die ehemaligen Heimkinder regelrecht vorführen. So leicht sollte man es ihm nicht machen.
Nun ist der Runde Tisch am Zug.
http://dierkschaefer.wordpress.com/2010/09/20/mit-einer-uberraschung-geht-es-in-die-endrunde/

Dierk Schäfer
Der zweite Runde Tisch kam viel schneller in die Puschen …
… als der Runde Tisch für die Heimkinder.
Woran liegt das?

Zum einen daran, daß sexueller Mißbrauch mehr „sexy“ ist, und das hatte Folgen.
Zum einen in der öffentlichen Wahrnehmung, was ich nicht weiter ausführen muß. Doch in der Folge hat sich die Politik dieses öffentlich wahrgenommenen Themas angenommen, schließlich leben Politiker von öffentlicher Wahrnehmung. Wenn normalerweise eine Beteiligung mehrerer Ministerien an einem Thema für die Sache nicht förderlich ist, so gab es in diesem Fall einen öffentlichen Wettstreit der Ministerien. Darum der schnelle Erfolg, soweit man die Forderung, die Frau Bergmann der Öffentlichkeit präsentiert hat, einen Erfolg nennen kann. In der Politik gibt es ohnehin nur Erfolge.

Der andere Grund für den „Erfolg“ liegt bei den Jesuiten. Sie brachten nicht nur den Stein ins Rollen, sondern preschten auch mit einer Lösung vor. Der Eliteorden, die „SS des Papstes“ (Pater Leppich), handelte nach dem Motto: Angriff ist die beste Verteidigung, in diesem Falle: Augen zu und durch. Er nahm keine Rücksicht auf die kirchliche Strategie des Vertröstens auf irgendwelche Ergebnisse eines Runden Tisch irgendwann, sondern legte ein gut kalkuliertes Angebot vor, das vom „eckigen Tisch“ dann auch zurückgewiesen wurde. Doch die Jesuiten hatten die Schlagzeilen. Nun hat Frau Bergmann die Bischöfe zur Zahlung aufgefordert. Mit dem Lob für die Jesuiten hat sie zugleich die Meßlatte gesetzt: 5.000 € pro Fall, plus Therapiekosten, mehr gibt’s nicht.

Der dritte Grund schließlich ist die Schichtabhängigkeit. Sind die ehemaligen Heimkinder doch eher die Schmuddelkinder, so kommen die Mißbrauchsopfer aus der Mitte der Gesellschaft, wie Prof. Kappeler richtig bemerkte. Hier war also Identifikation möglich. Der mißbrauchte Ministrant hätte auch ich sein können. Darum ging alles so schnell, wenn auch nicht unbedingt gut.

Daß vom Runden Tisch für die Heimkinder allenfalls Brosamen abfallen werden, macht eine Meldung der Osnabrücker Zeitung deutlich: »Dass die Kirche Geld an Opfer zahlt, sollte klar sein. Dennoch sind die Bischöfe gut beraten, sich nach dem öffentlichen Druck nicht überstürzt auf eine Summe festzulegen. Dazu ist das Thema zu heikel. Denn die Zahlungen müssen in der Höhe ungefähr denen an Zwangsarbeiter und misshandelte Heimkinder entsprechen und mit einer Entschädigung anderer Institutionen kompatibel sein. Erschwerend kommt der Föderalismus in der Kirche hinzu, denn jedes Bistum kann selbst entscheiden, ebenso die Orden. Viel Fingerspitzengefühl ist gefragt.«
Der ganze Artikel unter:
http://www.presseportal.de/pm/58964/1685862/neue_osnabruecker_zeitung

Oder hat die Osnabrücker Zeitung etwa die Entschädigungssummen aus den USA oder Irland im Kopf gehabt?

Dem ersten Runden Tisch liegt jedenfalls eine Forderung der vereinigten Heimkinder vor. Ich hoffe, daß die Mitglieder, die dort die Interessen der ehemaligen Heimkinder vertreten sollen, bei der Sitzung am Anfang der Woche diese Lösungsvorschläge auch als Forderungen ganz offiziell eingebracht haben und daß sie notfalls auch bereit sind, den Schlußbericht nicht mitzutragen. Leisetreter am Runden Tisch können die ehemaligen Heimkinder nicht gebrauchen. Mit mir hoffen viele auf das Durchsetzungsvermögen und den Erfolg der Heimkindervertreter am Runden Tisch.
http://dierkschaefer.wordpress.com/2010/09/22/der-zweite-runde-tisch-kam-viel-schneller-in-die-puschen-%E 2%80%A6/
 

Der Bußaufruf von Dierk Schäfer – ein Interview

Herr Pastor Schäfer, nennt man Sie Pastor oder Pfarrer? Worin liegen die Unterschiede?

Meine korrekte Amtsbezeichnung ist Pfarrer im Ruhestand. Ob Pfarrer oder Pastor ist vonLandeskirche zu Landeskirche verschieden, meint aber dasselbe.

Vor einem Jahr haben Sie zur Buße aufgerufen. Wen?

Mein Bußaufruf richtete sich an die beiden Großkirchen in Deutschland und die ihnenzugerechneten Einrichtungen in Diakonie und Caritas, dazu auch an dieOrdensgemeinschaften.

Hat Ihr Bußaufruf noch Gültigkeit?

Ja, natürlich. Als Termin hatte ich den diesjährigen Buß- und Bettag genannt, wahlweise denTag der unschuldigen Kindlein, das ist der Gedächtnistag für die angeblich von Herodes ermordeten Säuglinge und Kleinkinder in Bethlehem, der 28. Dezember. Da es nicht danach aussieht, daß die Kirchen dem Bußaufruf Folge leisten, ist er zwar in seinem Kern ignoriert worden, aber damit nicht ungültig. Buße, also Umkehr von falschem, von sündhaftem Tun und überzeugend tätige Reue sind immer nötig, in diesem Fall jedoch nach wie vor von besonderer Dringlichkeit, weil es Opfer gibt, die noch heute unter den Folgen ihres Aufenthalts in kirchlichen Einrichtungen leiden.

Wieviele Reaktionen haben Sie erhalten?

Unterstützt haben den Bußaufruf als Petition an die Kirchen bis heute 240 Personen. Reaktionen vonseiten kirchlicher Stellen gab es nur wenige. Zumeist bedauerte man einerseits das Geschehene, verwies ansonsten aber auf die Beratungen am Runden Tisch. In kirchlicher Tradition gesprochen gab es, und das unabhängig von meinem Bußaufruf, eine Artunausgereifter Reue inform von Betroffenheitsgesten, teilweise sogar Schuldbekenntnissen, doch zur ausgereiften Reue, der contritio, gehört mehr – und dazu hatte ich aufgerufen.

Welche Reaktionen haben Sie besonders berührt?

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Prof. Dr. Manfred Kappeler
Das also ist des Pudels Kern: Die Heimerziehung darf kein Unrechtsystem gewesen sein
Vom „Zwischenbericht“ des Runden Tisches Heimerziehung zum
Entwurf des „Endberichts“ – Zwischen den Zeilen gelesen II
Auszug:

Zur Halbzeit seines auf zwei Jahre begrenzten Arbeitsauftrags veröffentlichte der
RTH im Januar 2010 einen „Zwischenbericht“, der für die Ehemaligen Heimkinder
insgesamt sehr enttäuschend war. 1
Die Hauptkritikpunkte am „Zwischenbericht“ waren:
– fehlende Anerkennung des in der Heimerziehung erlittenen Unrechts als Verletzung
  der Grundrechte und der Menschenrechte
– insbesondere die Weigerung der Mehrheit der Institutionen-VertreterInnen am RTH,
  die unter Zwang, ohne Entlohnung und Sozialversicherung in den Heimen geleistete
  Arbeit als Zwangsarbeit nach Artikel 12 Grundgesetz und Artikel 4 der Europäischen
  Menschenrechtskonvention anzuerkennen
– Ablehnung der Bewertung des „Systems Heimerziehung“ als Unrechtsystem. Statt-
  dessen die Bewertung, dass im „System Heimerziehung“ auch Unrecht geschehen
  sei.
– eine sich deutlich abzeichnende Tendenz, die Lösungsvorschläge auf sogenannte
  immaterielle Hilfen (die nichts oder wenig kosten!) und medizinisch-therapeutische
  Hilfen bei posttraumatischen Belastungsstörungen infolge von während der
  Heimerziehung erlittenen Traumatisierungen zu konzentrieren, unter Ausklammerung
  der Forderungen der Ehemaligen Heimkinder nach einem individuell spürbaren
  finanziellen Ausgleich für unbezahlte Arbeit, entgangene Rentenansprüche und
  vorenthaltene berufliche Chancen durch die Verweigerung von Bildung und
  Ausbildung während der Erziehung im Heim.
Insgesamt fiel auf, dass der
ganze Bericht in einer „Sprache des Konjunktivs“ verfasst war, mit der jede
eindeutige Tatbestandsfeststellung, die das Unrechtsystem hätte belegen können,
vermieden wurde.

Jetzt liegt der zweite Entwurf zum „Endbericht“ vor. Im Folgenden wird untersucht, ob
in diesem Entwurf die oben genannten zentralen Kritikpunkte am „Zwischenbericht“
berücksichtigt werden beziehungsweise ob die Debatten am RTH im zweiten und
letzten Jahr seiner Tätigkeit zu Veränderungen der Positionen der Mehrheit der
InstitutionenvertreterInnen geführt haben.

Im „Entwurf“ wird ab Seite 45 eine „Zusammenfassende Bewertung“ der Ergebnisse
der „Aufarbeitung“ der Heimerziehung der vierziger bis siebziger Jahre in der alten
Bundesrepublik formuliert. Dieser Text zeigt, dass die Kritik am „Zwischenbericht“
aufgenommen wurde. Wesentlich dazu beigetragen haben zwei vom RTH in Auftrag
gegebene Expertisen:
– Erziehungsvorstellungen in der Heimerziehung der fünfziger und sechziger Jahre –
  Maßstäbe für angemessenes Erziehungsverhalten und für Grenzen ausgeübter
  Erziehungs- und Anstaltsgewalt – von Prof. Dr. Carola Kuhlmann, Evangelische
  Hochschule für Soziale Arbeit Bochum
– Expertise zu Rechtsfragen der Heimerziehung der fünfziger und sechziger Jahre –
  von Dr. Friederike Wapler, Lehrstuhl für Rechts- und Sozialphilosophie an der
  Universität Göttingen.
Im „Entwurf“ heißt es: „Elementare Grundsätze der Verfassung, wie das Rechts-
staatsprinzip, die Unantastbarkeit der Menschenwürde und das Recht auf persönliche
Freiheit und körperliche Integrität, fanden keine Beachtung und Anwendung“ (S. 45).
Diese weitreichende Anerkennung der Grundrechts- und Menschenrechts-
verletzungen in der Heimerziehung wird folgendermaßen begründet:
„Ein zentrales Problem, das aus den Berichten Ehemaliger Heimkinder und der
Aufarbeitung immer wieder hervorsticht, ist die faktische Rechtlosigkeit und das
Ausgeliefertsein der Kinder. Kinder und Jugendliche, die in Heimerziehung kamen,
hatten faktisch kaum eine Möglichkeit, sich (rechtlich) Gehör zu verschaffen: Die
Eltern konnten oder wollten sich nicht für sie einsetzen, die Vormünder sahen sich
nicht in der Pflicht und kannten ihre Mündel in der Regel auch nicht persönlich, die
Heimaufsicht gab es nicht oder sie kam ihren Aufgaben nicht nach, Jugendämter und
Landesjugendämter bildeten mit den Heimen eine Interessengemeinschaft und
nahmen zudem ihre Kontrollfunktion kaum wahr. Die Heime hatten kaum ein
Interesse daran, sich kritisch mit den Beschwerden der Heimkinder auseinander zu
setzen. Verschärft wurde die Hilflosigkeit auch dadurch, dass die Kinder und
Jugendlichen in der Regel nicht über ihre Rechte oder über Möglichkeiten der
Beschwerde aufgeklärt wurden. Die weit verbreitete Briefzensur erschwerte einen
Hilfeschrei nach außen erheblich. Selbst wenn Beschwerden der Heimkinder, zum
Beispiel über Misshandlungen, nach außen drangen, stand die Aussage der
vermeidlich ‚ehrbaren’ Erzieher oder der Heimleitung gegen die Aussage eines als
‚verwahrlost’ deklarierten Zöglings. Die Glaubwürdigkeit der Beschwerde wurde
damit von vornherein diskreditiert. Im Ergebnis waren die Kinder und Jugendlichen
dem Erziehungspersonal meist schutz- und hilflos ausgeliefert. Diese Position wurde
im Rahmen der gesellschaftlichen Verantwortungsübernahme von den beteiligten
öffentlichen und freien Stellen hingenommen, befördert und über das Erziehungsrecht
und das ‚besondere Gewaltverhältnis’ legitimiert. Erst durch diese Situation des
Ausgeliefertseins, die die Betroffenen ohnmächtig und hilflos machte, konnten die
Missstände in der Praxis der Heimerziehung erst zu ihrer vollen praktischen und
psychisch-traumatisierenden Entfaltung kommen. Allein schon durch diese öffentlich-
rechtlich verursachte und vertretene Entrechtung damaliger Heimkinder, ist eine
besondere Anerkennung und Rehabilitierung notwendig. (…).
Das System der Heimerziehung wurde damals wie heute von der damaligen
Rechtspraxis gerahmt und getragen und maßgeblich von ihr beeinflusst. Aus dieser
Rechtspraxis resultierte unter anderem das oben genannte Ausgeliefertsein. Diese
Verhältnisse hatten weder die Heimkinder selbst, noch ihre Eltern zu verschulden.
Daraus ergibt sich eine besondere Verantwortung des Staates und gesellschaftlicher
Instanzen wie den Kirchen und (kirchlichen) Verbänden, die dieses mangelhafte
Rechtsverständnis mitgetragen und mit beeinflusst haben. Die damaligen Heimkinder
hätten nach dem Ideal des Rechtsstaates niemals unter seiner eigenen Unzuläng-
lichkeit leiden dürfen. (…)
Die Gesellschaft hat durch die öffentliche Ersatzerziehung die Verantwortung für das
Wohlergehen und die Erziehung von Kindern und Jugendlichen übernommen. An
dieser Verantwortungsübernahme waren staatliche Instanzen, wie die Länder, die
Kommunen oder die Gerichte und freie gesellschaftliche Institutionen, wie die
Kirchen, beteiligt. Sie sind – wie die Aufarbeitung zeigt – ihrer Verantwortung allzu oft
nicht nachgekommen. Kindern und Jugendlichen wurde nicht nur keine förderliche
Erziehung an lohnenden Lebensorten geboten, vielfach wurden sie allein gelassen,
misshandelt, traumatisiert und ihrer Zukunftschancen beraubt. (…) Die Gesellschaft
muss sich den Folgen ihres institutionellen Handelns stellen und Verantwortung auch
und insbesondere übernehmen, wo sie folgenreich versagt hat.“ (S. 48)
Das ist eine beeindruckende Beschreibung und Bewertung der Heimerziehung als
Unrechtsystem und gegenüber den Formulierungen des „Zwischenberichts“ ein kaum
noch erwarteter Fortschritt. Umso befremdlicher ist es, dass diese dem Text implizite
Bewertung der Heimerziehung als Unrechtsystem explizit nicht vorgenommen und
darüber hinaus, durch Fettdruck hervorgehoben, ausdrücklich abgelehnt wird. Zwar
sei das „System Heimerziehung“ im „Lichte des Grundgesetzes ein mangelhaftes
und demokratisch unreifes System“ gewesen, ein „Unrechtsystem“ sei es jedoch
nicht.
Diese überraschende Schlussfolgerung wird folgendermaßen begründet: „Es
gründete nicht auf gesetzlich intendiertem Unrecht, es hatte Unrecht nicht zum Ziel
und es zog auch nicht zwingend Unrecht nach sich. Das erfahrene Unrecht war
vermeidbar, war von Menschen gemacht“ (Unterstreichungen im Text, M.K.). Mit dem
anschließenden Hinweis, dass es auch „Berichte von positiven, angemessenen und
hilfreichen Erfahrungen in der Heimerziehung“ gibt, die belegen, dass eine „andere
Heimerziehung“ möglich gewesen sei, soll diese Bewertung untermauert werden. Ein
System ist aber eine praktische und keine theoretische Frage. Es kommt nicht darauf
an, ob das den Kindern und Jugendlichen in der Heimerziehung angetane Unrecht
„gesetzlich intendiert“ war oder nicht, und es kommt auch nicht darauf an, ob das
tatsächlich geschehene Unrecht als „Ziel“ der Heimerziehung formuliert war oder
nicht. Entscheidend ist allein die Tatsache, dass dieses Unrecht geschehen ist und
dass es, allen Erkenntnissen, die der RTH in seiner „Aufarbeitung“ selbst zutage
gefördert hat, systematisch verübt wurde. Das Unrecht hatte System und das
System, das es produzierte, war mithin ein Unrechtsystem. Weil das System so war
wie es im „Entwurf“ begründet und dicht beschrieben wird, hat es zwangsläufig, also
zwingend, Unrecht hervorgebracht. Dass es für dieses System verantwortliche
Institutionen und Personen gab, dass es letztlich „von Menschen gemacht“ war und
dass es, wie die wenigen Ausnahmen Gott sei Dank gezeigt haben, auch „vermeidbar“
gewesen wäre, wenn die Institutionen und Personen ihrer Verantwortung gerecht
geworden wären, ist kein Beweis gegen das Unrechtsystem, sondern bestätigt es
und lässt überhaupt erst die Frage nach Verantwortung und Schuld von Institutionen
und Personen zu, die aus der Perspektive von Menschenwürde und Menschenrechten
immer gestellt werden muss.
Nachdem auf diese listenreiche Weise das Unrechtsystem wieder zu einem bloßen
„System“ verharmlost wird, heißt es im nächsten Satz: „Die Aufarbeitung der letzten
zwei Jahre zeigt aber unabweisbar, dass im ‚System Heimerziehung’ Unrecht und
Leid vielfach zugefügt, begünstigt, zugelassen und nur unzureichend unterbunden
wurde“ (S. 49). Die Erklärung für dieses „Herumeiern“ findet sich auf Seite 52.
Ehemalige Heimkinder, heißt es dort, forderten „eine pauschale Entschädigung
beziehungsweise eine pauschale Opferrente“ für das an ihnen begangene Unrecht.
Diese Forderung wird abgelehnt: „Eine solche pauschale Lösung wäre aber nur dann
denkbar, wenn auch eine pauschale Bewertung der damaligen Heimerziehung
generell als Unrechtstatbestand vorliegen würde. Die Heimerziehung an sich müsste
als grundsätzliches Unrecht verstanden werden. Der Runde Tisch kommt in seiner
Bewertung jedoch zu der Einschätzung, dass eine solche pauschale Qualifizierung
der Heimerziehung als generelles Unrecht nicht angemessen und möglich ist.“
Das also ist des Pudels Kern: Die Heimerziehung darf kein Unrechtsystem gewesen
sein, weil sonst die Ehemaligen Heimkinder mit gutem Grund die von ihnen in der
8. Sitzung des RTH und verstärkt und weiter differenziert in der 9. Sitzung schriftlich
eingebrachten Forderungen nach einer Opferrente von Euro 300 monatlich, alternativ
eine Einmalzahlung von ca. Euro 60.000 – nicht auf andere soziale Leistungen
anrechenbar und unpfändbar – politisch durchsetzen könnten.

Noch einmal zurück zur „Systemfrage“. Mein Vorschlag, die Heime als den
Kristallisationspunkt des „Systems Heimerziehung“ (auch die „Wege ins Heim“
gehören dazu) mit den von Goffman entwickelten Merkmalen der „Totalen Institution“
zu analysieren, ist vom RTH und auch von der ihn begleitenden wissenschaftlichen
Forschung begrifflich aufgenommen, auf der beschreibenden Ebene angewendet
und auf der analytischen Ebene zurückgewiesen worden. In ihrem Gutachten zu
einer von uns gemeinsam betreuten Dissertation über die Heimerziehung der vierziger
bis siebziger Jahre schreibt meine Kollegin Silvia Staub-Bernasconi, dass zur
Totalen Institution Heimerziehung gehörte, „dass die Jugendlichen mit ihrer Arbeit die
wirtschaftliche Existenz des Heimes zu sichern hatten. Dazu kam eine geografische
und/oder bauliche, quasi-natürliche Beschränkung des sozialen Kontakts mit der
Umwelt, verstärkt durch soziale Abschottung. Der Eintritt war mit erniedrigenden,
entpersonalisierenden Ritualen bis zur Löschung des Eigennamens, der Abgabe
aller persönlichen Gegenstände verbunden. Dazu gehörten auch unvoraussehbare
Inspektionen, Zensur und Einsichtnahme in persönliche Post, Entzeitlichung des
Aufenthalts, Isolationszelle bei Wasser und Brot, Drohung der Überweisung an noch
strengere Institutionen usw. Ein solches Herrschaftssystem muss auch Sozial-
beziehungen und Freundschaften – reziproke Interaktionsbeziehungen – unterbinden,
da die durch mögliche Kollektivierung der allen gemeinsamen Probleme über soziale
Interaktionen in einem übersichtlichen Sozialraum (…) zu einer Gefahr für die
Machtträger des Systems werden kann.“
Die Erziehungsmethoden in den Heimen beschreibt Staub-Bernasconi als
„methodisierte Gewalt, das heißt als körperliche, insbesondere sexuelle, medizinische,
ferner psycho-physische, psychische und soziale Gewalt, begleitet von irrationalem,
unberechenbarem Verhalten (Gewaltausbrüche, unvermittelte Eskalation usw.).“ Und
weiter: „Die hier geschilderten Praxen können keineswegs als sporadische,
bedauerliche Handlungen von Einzeltätern bezeichnet werden, sondern ‚sie haben
System’, das heißt sie beschreiben die Normen und Regeln der institutionalisierten
Heimordnung und deren Umsetzung durch die Inhaber hierarchischer Positionen in
einer Sozialstruktur mit unterschiedlich formalisierter, negativer Befehls- und
Sanktionsgewalt im Alltag. Und diese Heimordnung war nur auf bedingungslose
Unterwerfung, Pflichterfüllung und absolutem Gehorsam ohne irgendein Recht auf
Irgendetwas aufgebaut.“ Fast alle Heime des „Systems Heimerziehung“ – vom
Säuglingsheim bis zum Fürsorgeerziehungsheim – hatten ähnliche Organisations-
strukturen und Organisationskulturen „im Sinne von institutionalisierten horizontalen
und vertikalen Positionen und festgelegten Pflichten (…) nach sozialen Innen- und
Außenbeziehungen und den sich daraus ergebenden Verhaltensregeln und Strategien
im Alltagsgeschehen (z.B. gezielt eingesetzte Bloßstellungen, Stigmatisierung,
Essensentzug usw.).“ 2 Staub-Bernasconi plädiert dafür, die Erziehungspraxis in
Totalen Institutionen und ihrer Folgen für die Menschen, die ihnen unterworfen
waren, mit den Persönlichkeitsrechten (Recht auf Unversehrtheit, Freiheit etc.) und
den Sozialrechten, wie finanzielle Entschädigung für Zwangsarbeit und soziale
Sicherung im Alter, um deren aktuelle Einlösung es in den „Empfehlungen“ des RTH
gehen muss, zu interpretieren.

kompletter Beitrag
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Dierk Schaefers Blog

„was ihr getan habt …“

Veröffentlicht in heimkinder, Kirche, Theologie von dierkschaefer am 26. November 2010

Matthäus 25, ab Vers 31

angepaßt an HEUTE Originaltext:Mt. 25, 31

 

Wenn aber des Menschen Sohn kommen wird in seiner Herrlichkeit und alle heiligen Engel mit ihm, dann wird er sitzen auf dem Stuhl seiner Herrlichkeit. Und werden vor ihm alle Völker versammelt werden. Und er wird sie voneinander scheiden, gleich als ein Hirte die Schafe von den Böcken scheidet. Und wird die Schafe zu seiner Rechten stellen und die Böcke zur Linken. …

Dann wird er auch sagen zu denen zur Linken: Gehet hin von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln!

Ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mir das vorgesetzt, was Euch zu schlecht war. Und wenn ich’s erbrach, habt ihr mir das Erbrochene reingezwängt.

Ich bin ein Gast gewesen, und ihr habt mich in euren Heimen zur Arbeit gezwungen, ohne Lohn und ohne Bildungsmöglichkeiten.

Ich bin gefangen gewesen in euren Klabausen und Kellerlöchern und ihr habt mir nicht geholfen.

Ich bin ein hilfloses Kind gewesen, und ihr habt mir Gewalt angetan.

Ihr habt mir mein Leben zerstört, und als ich im Alter mein Recht bekommen wollte, habt ihr Zerknirschung geheuchelt und auf einen Runden Tisch verwiesen anstatt mir wenigstens jetzt zu helfen.

Da werden sie ihm auch antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hilflos gesehen, als Kind, hungrig oder durstig oder als Gast oder gefangen und haben dir nicht geholfen?

Dann wird er ihnen antworten und sagen: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr getan oder auch nicht getan habt einem unter diesen Geringsten, das habt ihr mir angetan.

Und sie werden in die ewige Pein gehen, aber die Gerechten in das ewige Leben.

 

Eine schaurig-schöne Geschichte, doch sie schreckt nur die, die an das Jüngste Gericht glauben. 

skydaddy: Mobiles Einlullkommando: Die „Task Force“ und das „FAQ Kirchenfinanzierung“ der Deutschen Bischofskonferenz

Unter Hinweis auf Carsten Frerks Violettbuch Kirchenfinanzen war letzte Woche bei der FAZ zu lesen, die deutschen Bischöfe hätten eine „Task Force“ eingerichtet, um an einer „Kommunikationsstrategie“ zum selbigen Thema „zu feilen“. Das Ergebnis findet sich auf der Website der deutschen Bischofskonferenz: Antworten auf „häufig gestellte Fragen“ zur Kirchenfinanzierung.

In Anbetracht der dortigen Ausführungen scheint allerdings „Mobiles Einlullkommando“ der treffendere Begriff für die bischöfliche „Task Force“ zu sein: Nicht nur in den Antworten, sondern bereits bei den Fragen legen die Autoren nämlich eine bemerkenswerte intellektuelle Mobilität an den Tag, wenn es darum geht, Kritik auszuweichen oder Zahlen zu nennen. Wie die Kollegen vom MEK bedient sich auch der apologetische Sturmtrupp aus der Kaiserstraße eines ganzen Arsenals an argumentativen Blendgranaten und rhethorischen Nebelkerzen. Der Leser wird für dumm verkauft, das ethische Niveau der bischöflichen „Task Force“ scheint auf dem einer Söldnertruppe zu liegen.

Kritik wird komplett ausgeblendet

Es fehlt nämlich nicht bloß der Hinweis auf das Violettbuch (das wäre zumindest verständlich) – es findet sich nicht die leiseste Erwähnung irgendwie gearteter Kritik am gegenwärtigen System der Kirchenfinanzierung. Sie lässt sich allenfalls erahnen anhand von Fragen wie „Subventioniert der Staat die Kirche?“ oder „Haben die Bistümer Privilegien im finanziellen Bereich?“

Leser, die mit der Thematik nicht vertraut sind, würden z. B. bei der Lektüre der bischöflichen Ausführungen niemals darauf kommen,

  • dass die Angabe der Religionszugehörigkeit auf der Lohnsteuerkarte verfassungsrechtlich äußerst problematisch ist – gelinde ausgedrückt.
  • dass unter bestimmten Umständen durchaus auch Nichtmitglieder und Ausgetretene Kirchensteuer bezahlen müssen.
  • dass den Kirchen für ihre ganz überwiegend aus öffentlichen Geldern finanzierten Einrichtungen ein eigenes Arbeitsrecht (sog. „Dritter Weg“) zugestanden wird, der z. B. keine Gewerkschaften zulässt.

Extrem einseitige, selektive Darstellung

Das völlige Ausblenden jeglicher Kritik bildet aber nur die Grundlage für das weitere Vorgehen: Nämlich eine völlig einseitige, höchst selektive Darstellung der Sachverhalte.

weiter: http://gewalt-im-jhh.over-blog.de/article-skydaddy-mobiles-einlullkommando-die-task-force-un d-das-faq-kirchenfinanzierung-der-deutschen-bischofskonferenz-62015964.html

 

Dierk Schaefers Blog

Flach auf den Boden gelegt

Veröffentlicht in Kirche, Psychologie, Theologie von dierkschaefer am 4. Dezember 2010

Flach auf den Boden gelegt

»Vor dem Altar des Osnabrücker Doms hat sich Bischof Franz-Josef Bode gestern flach auf den Boden gelegt. Als erster katholischer Bischof in Deutschland legte Bode in einem Bußgottesdienst teils mit bewegter Stimme ein Schuldbekenntnis für Missbrauchsfälle in der Kirche ab«.

http://www.noz.de/lokales/49444157/osnabruecker-bischof-bode-legt-im-dom-schuldbekenntnis- fuer-missbrauchsfaelle-ab

Helmut Jacob befragte mich zu dem Vorgang und zitiert mich in seinem Blog.

http://helmutjacob.over-blog.de/article-osnabrucker-bischof-bode-legt-im-dom-schuldbekenntnis- fur-missbrauchsfalle-ab-62010175.html mit den Worten:

„wenn ich das richtig sehe, lieber herr jacob, ist die demutsgeste an gott gerichtet. bode hätte sich glaubwürdiger in einer veranstaltung mit opfern den opfern zu füßen legen sollen, dann hätte wenigstens die symbolhandlung gestimmt. es ist ein jammer, allerdings nur zweiten grades, daß menschen mit liturgischer bildung mit symbolen nicht richtig umgehen können. der größere jammer ist allerdings, was menschen mit biblischer bildung ihren mitmenschen angetan haben.“

Für den unwahrscheinlichen Fall, daß Theologen oder gar Bischöfe, vielleicht sogar Bischof Bode eine Begründung für meine Aussage suchen und das – noch unwahrscheinlicher – in meinem Blog, so sei diese hier nachgereicht:

In der Bergpredigt lesen wir bei Matthäus (5,24): »Darum, wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst und wirst allda eingedenk, daß dein Bruder etwas wider dich habe, so laß allda vor dem Altar deine Gabe und gehe zuvor hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und alsdann komm und opfere deine Gabe.«

Hier wird von der damals üblichen Form des Gottesdienstes ausgegangen, einem Opfer, das man Gott darbringt. Es geht um das Verhältnis des Einzelnen zu Gott. Fällt dem Menschen jedoch ein, daß „sein Bruder“, will sagen „jemand“ etwas gegen ihn hat, das Verhältnis zu einem Mitmenschen also gestört ist, dann hat der Gottesdienst zurückzutreten. Erst soll der Gläubige also das Verhältnis zu seinem Mitmenschen in Ordnung bringen, bevor er vor Gott treten darf.

In der Meldung des Osnabrücker Zeitung heißt es: »Bode trägt einen Chormantel in Violett, der liturgischen Farbe der Buße. Bewusst hat er als Termin für den Bußgottesdienst den ersten Adventssonntag gewählt, den Beginn des neuen Kirchenjahres. „Wir können uns nicht auf dem Weg zum Weihnachtsfest machen, ohne all das mitzunehmen, was uns in den vergangenen Monaten bewusst geworden ist“, sagt der Bischof. Damit meint er das Leid der Opfer von Missbrauch und Gewalt und die Schuld der Täter.« …»„Was hier an Menschen, an jungen und jüngsten Menschen durch Personen der Kirche getan worden ist, muss vor Gott ausgesprochen werden“, sagte Bode und bat die Opfer erneut um Vergebung.«

Ich will und mag Bischof Bode nicht die Ehrlichkeit seiner Bußhandlung absprechen. Die Bitte um Vergebung ist wichtig und kann helfen, die Wunden in der Seele, in der Psyche der Opfer vernarben zu lassen. Doch viele der Opfer leben in miserablen finanziellen Verhältnissen. Wieder „gut“ machen kann man in diesen Fällen nichts, aber den Opfern in dieser Lage finanziell helfen. Schließlich war die Situation in den Kinderheimen eine wesentliche Ursache für die miserable Lage. Erst wenn diese Lage verbessert wird, erhalten Symbolhandlungen ihre Glaubwürdigkeit und können die Wunden vernarben.

»Darum, wenn du mir die Ehre geben willst, vergiß nicht, daß dein Bruder, an dem du dich versündigt hast, in Not lebt. Lindere zunächst die Not deines Bruders, erst dann komm zu mir.«

Beschlagwortet mit:Buße, Entschädigung, Kirche, vergebung  

Dierk Schaefers Blog

Sagt NEIN!!!

Veröffentlicht in heimkinder, Kirche, Politik von dierkschaefer am 7. Dezember 2010

Sagt NEIN!!!

Heute bekomme ich von vielen Seiten den Text „Entwurf für den Abschlussbericht des Runden Tisches Heimerziehung – Zwischen den Zeilen gelesen III“ von Prof. Dr. Manfred Kappeler.

Kritik_Endbericht_RTH_Zwischen-den-Zeilen-III

Es handelt sich um den auch mir vorliegenden 3. Entwurf des Schlußberichts.

Herzlichen Dank, Herr Prof. Kappeler, für die gründliche Arbeit und die nachvollziehbaren Schlußfolgerungen! Sie haben das Unternehmen Runder Tisch nicht nur entlarvt, sondern auch fachlich begründet, warum der Runden Tisch eine Farce ist.

Man muß die Aussage von Frau Dr. Vollmer in die Bewertung mit aufnehmen http://www.youtube.com/watch?v=BuCz22X0Lxk (Herrn Mitchell/Australien vielen Dank für den Hinweis!).

Wenn Frau Vollmer meint, man dürfe nicht sagen, es habe sich nichts verändert, auch für die Betroffenen, und sie dann nicht mehr nennen kann, als daß diese nun über ihre Vergangenheit sprechen können, dann hat sie selbst offenbart, daß sie als Moderatorin des Runden Tisches völlig versagt hat. Denn der Mut der Betroffenen, über ihre Geschichte offen zu reden, hat ja überhaupt erst die Petition und damit den Runden Tisch ingang gebracht. Immerhin spricht sie auch von „vollkommener Rechtlosigkeit“ der Betroffenen, ist aber nicht in der Lage, den Rechtlosen zur auch finanziellen Gerechtigkeit zu verhelfen. Sie kann sich also nicht behelfen mit der klassischen Ausrede, was damals recht gewesen sei, könne heute nicht unrecht sein. Sondern es gilt: Was damals unrecht war, wird auch heute weder sanktioniert noch in seinen Folgen gemildert.

Vollmer im O-Ton: »Ich glaube, man darf nicht sagen, daß sich nichts verändert hat, auch für die Betroffenen – und viele von denen sind doch aus dieser Mauer des Schweigens herausgekommen und reden über ihre Geschichte und das war, glaube ich, das Allerschlimmste, diese Mischung aus vollkommener Rechtlosigkeit und Ohnmacht und vollkommenem gesellschaftlichen Desinteresse, ja, geradezu Zustimmung der Gesellschaft zu dem, was in den Heimen passiert ist. Und das ist vorbei.«

Was tun? Kappeler schreibt: »Der ganze Komplex „II Finanzielle Maßnahmen zu Gunsten einzelner Betroffener“ wird, wenn in der Abschluss-Sitzung nicht noch entscheidende Veränderungen erreicht werden, aus der Sicht der Interessen und Forderungen der Ehemaligen Heimkinder nicht zustimmungsfähig sein. (S.15).«

Also wenn in diesem Punkt nicht noch entscheidende Veränderungen erreicht werden, kann es nur heißen: Sagt NEIN!

Diese Aufforderung er geht an die Heimkindervertreter am Runden Tisch: Sagt NEIN! Gebt nicht auch noch eure Zustimmung dazu, daß ihr über den Tisch gezogen wurdet. Sagt dem Petitionsausschuß öffentlich, wie sein guter Auftrag durch eine inkompetente Moderatorin und durch die finanziellen Interessen von Staat (Ländern) und Kirchen (und ihren Einrichtungen) pervertiert wurde.

Sagt NEIN!

Beschlagwortet mit:bundesländer, dr. antje vollmer, Entschädigung, heimkinder, Kirchen, Runder Tisch, Schlußbericht  

Prof. Dr. Manfred Kappeler
Vom 2. Entwurf zum 3. Entwurf für den Abschlussbericht des Runden Tisches Heimerziehung – Zwischen den Zeilen gelesen III
Auf Seite 6 des Entwurfs heißt es: „Auch der Mitwirkung der Ehemaligen Heimkinder am Runden Tisch kommt eine besondere Bedeutung zu. Sie haben den Forderungen der Betroffenen eine unüberhörbare Stimme gegeben. Ihnen ist es besonders zu verdanken, dass der Runde Tisch das erfahrene Leid und das geschehene Unrecht klar benannt hat und konkrete Vorschläge für die Anerkennung des Schicksals der Betroffenen unterbreitet.
Der Berichterstattung der Ehemaligen Heimkinder und den darin enthaltenen Unrechtserfahrungen wird geglaubt.“
Diese Aussage, mit der die Ehemaligen Heimkinder am RTH als Experten für die Aufklärung der Heimerziehung der vierziger bis siebziger Jahre anerkannt werden, weckt zu Beginn der Lektüre dieses Textes die Hoffnung, dass die „Forderungen der Betroffenen“ sich zuletzt, nach einem zweijährigen konfliktreichen Arbeitsprozess, doch noch in die „Empfehlungen“ an den Bundestag, die Länderparlamente und die Regierungen aufgenommen werden. Leider wird diese Hoffnung beim Weiterlesen von Seite zu Seite immer mehr frustriert und verliert sich am Ende in eine große Enttäuschung. ...
                                                                                                                          
Analyse komplett: hier klicken

Geraubte Kindheit
Misshandelte Heimkinder ringen um Entschädigung
Mitte Dezember 2010 wird der Runde Tisch Heimerziehung zum letzten Mal tagen. Seit 2008 dreht sich dort alles um die Frage, wie die ehemaligen Heimkinder für das Unrecht entschädigt werden können, das ihnen in Heimen der Bundesrepublik in den 1950er und 1960er Jahren angetan wurde. Staat und Kirche sind sich ihrer moralischen Verantwortung bewusst und haben sich entschuldigt. Mit den finanziellen Folgen tun sie sich jedoch schwer.
Geschlagen, missbraucht, eingesperrt - hunderttausende Heimkinder durchlebten in den 1950er und 1960 Jahren der Bundesrepublik ein unvorstellbares Martyrium in staatlichen und kirchlichen Einrichtungen. Durch Züchtigung und harte Arbeit sollten die "verstockten" Kinder und Jugendlichen erzogen werden. Es sind Schicksale, die lange Zeit verdeckt blieben. "Das als Kind zu erleben, das war hart. Zu wissen: Es hilft dir keiner. Es ist nie einer da, der dich auch mal belohnt, dich in die Arme nimmt. Dieses Wechselspiel, das auch zu Hause läuft", sagt Monika Tschapek-Güntner, die Vorsitzende des Vereins ehemaliger Heimkinder. "Es gab immer nur Bedrohung, immer nur Angst. Wenn gesagt wurde: 'Ich schlage dich tot' - und das wurde gesagt -, dann haben wir das geglaubt. Weil dort bewusstlose Kinder lagen, denen man einen Eimer Wasser übergegossen und sie weiter geschlagen hat."

Fixierung und sexueller Missbrauch
Monika Tschapek-Güntner war ein nichteheliches Kind und kam als Säugling in ein katholisches Heim. Was sie dort erlebt hat, ist heute unvorstellbar: Als Kind wurde sie stundenlang im Bett fixiert. Sie wurde sexuell missbraucht und musste ab dem sechsten Lebensjahr schwere körperliche Arbeit verrichten. "Es gab Arbeiten in den Heimen, die die Kinder verrichten mussten, die waren wichtiger als Schularbeiten und Förderung", sagt Tschapek-Güntner. "Die Kinder mussten das ganze Haus reinigen, putzen, waschen, kochen, die kleineren Kinder mitversorgen. Sonst hätte das System Heim gar nicht funktioniert."

Gespräche über Entschädigungen
2008 wurde beim Bundestag der Runde Tisch Heimerziehung eingerichtet. Betroffene und Vertreter der Heimbetreiber - Kirche, Länder und Wohlfahrtsverbände - berieten, wie ehemaligen Heimkindern zu helfen ist. Entschuldigungen wurden ausgesprochen, eine Telefon-Hotline eingerichtet. Doch der für die Betroffenen wichtigste Punkt, eine finanzielle Entschädigung in Form einer monatlichen Rente von 300 Euro oder einer Einmalzahlung von 54.000 Euro, wird von den Heimvertretern abgelehnt. "Außerhalb des Runden Tisches wurden als Entschädigungszahlungen sehr hohe Summen genannt", sagt Mario Junglas vom Caritas-Verband, "und diese hohen Summen sind meines Erachtens nicht realistisch."

Dabei wäre eine realistische Summe für Entschädigungszahlungen sehr leicht festzustellen gewesen. Betriebswirtschaftler hätten ausrechnen können, welche Summe dem Steuerzahler über Jahrzehnte durch die Arbeit der Kinder und Jugendlichen erspart geblieben ist. Sie mussten auf Feldern und in Mooren, in Küchen und Wäschereien schuften, ohne dafür Lohn oder Rentenpunkte zu erhalten. "Der allergrößte Teil des innerbetrieblichen Wirtschaftens in diesen Heimen ist durch Kinderarbeit abgedeckt worden", sagt Erziehungswissenschaftler Manfred Kappeler. "Das bedeutete, dass in großem Umfang Personalkosten eingespart wurden - Wirtschaftskräfte, Reinigungskräfte, alles Mögliche. Die Beträge, wenn man das mal auf 30 Jahre bezieht und die Hunderttausende betrachtet, die in den Heimen gewesen sind, müssen in die Milliarden gehen.

Vergleiche mit NS-Zwangsarbeitern
Diese Rechnung wurde von den Institutionen, die seinerzeit die Heime unterhielten, lieber nicht aufgemacht. Stattdessen wird den ehemaligen Heimzöglingen vorgehalten, dass andere noch viel mehr gelitten und viel weniger bekommen hätten. "Die sehr hohen Summen müssen im Vergleich gesehen werden zu anderen Entschädigungszahlungen, die in Deutschland geleistet wurden, etwa für NS-Zwangsarbeiter", sagt Mario Junglas.

Eine unselige Opfer-Arithmetik. Etwa 2000 Euro haben ehemalige Zwangsarbeiter als Einmalzahlung erhalten. Mit einer ähnlichen Summe sollen sich auch Heimkinder bescheiden.
Viel wichtiger sei doch die gesellschaftliche Debatte, heißt es. "Ich glaube, man darf nicht sagen, dass sich nichts verändert hat", so Antje Vollmer, die Moderatorin des Runden Tisches. "Auch für die Betroffenen. Viele sind aus der Mauer des Schweigens herausgetreten und reden über ihre Geschichte." Das Allerschlimmste sei diese Mischung aus vollkommener Rechtlosigkeit und Ohnmacht gewesen. Und das vollkommene gesellschaftliche Desinteresse, geradezu die Zustimmung der Gesellschaft zu dem, was in den Heimen passiert ist. Das sei vorbei.

"Jetzt stellen sie sich vor die Kameras und machen den Strahlemann, was sie alles Gutes tun", sagt Monika Tschapek-Güntner. "Das ist scheinheilig. Für die Betroffenen ist es so, dass sie weinen und immer wieder Redebedarf haben, weil sie sich von denen nicht ernst genommen fühlen." Die ehemaligen Heimkinder befürchten, dass man sie nur mit billigen Entschuldigungen abspeisen will. Allenfalls individuelle Lösungen sind im Gespräch, bei denen die Betroffenen nachweisen müssten, dass sie hilfebedürftig sind. Die Opfer von damals befürchten eine erneute Demütigung: Nachdem die Gesellschaft ihre Leidensgeschichten zur Kenntnis genommen hat, könnten sie mit Almosen abgespeist und erneut vergessen werden. Wie schon damals - im Heim.
http://
www.3sat.de/page/?source=/kulturzeit/themen/150204/index.html

Dierk Schaefers Blog
Wenn es um Wiedergutmachung geht …
Veröffentlicht in heimkinder, Kirche von dierkschaefer am 10. Dezember 2010

Rechtsanwalt Dr. Christian Sailer hat den Nagel auf den Kopf getroffen, wenn er schreibt:

»Der Fall zeigt in exemplarischer Form, wie verlogen die kirchlichen Entschuldigungen und Beteuerungen sind, für die Opfer der Sexualverbrechen ihrer Priester zu sorgen. Wenn es um Wiedergutmachung geht, entzieht sich die Kirche ihrer Verantwortung und verlegt sich unbarmherzig auf den juristischen Trick der Einrede der Verjährung. Sie überlässt es dem Staat, die größte Not der Opfer kirchlicher Verbrechen zu lindern, dem selben Staat, von dem sie aufgrund uralter Verträge Milliarden kassiert – mit dem Hinweis, der Staat könne sich nicht auf Verjährung berufen.«

Das dürfte nicht nur für die Mißbrauchsopfer gelten, sondern auch für die ehemaligen Heimkinder, wenn sie sich nach dem vermutlich ergebnislosen Ausgang des Runden Tisches auf den mühevollen Klageweg begeben.
Volltext unter:
www.top-medien-berlin.de/content/view/944/1/ Freitag, 10. Dezember 2010
http://
dierkschaefer.wordpress.com/2010/12/10/wenn-es-um-wiedergutmachung-geht-%E2%80%A6/

Dierk Schaefers Blog

Nichts Genaues weiß man nicht, kommt aber wohl noch.

Veröffentlicht in heimkinder von dierkschaefer am 10. Dezember 2010

Nichts Genaues weiß man nicht, kommt aber wohl noch.

Unten die Links für die Nachrichten über die letzte Sitzung des Runden Tisches.

 Es sieht nach Einhelligkeit aus. Doch was genau und wie, wird der Schlußbericht wohl auch nur ankündigen können.

Aber vielleicht beantwortet der Bericht doch folgende Fragen:

  • Wie steht es mit dem Rentenausgleich für Zwangsarbeit? Wer bekommt ihn? Wer zahlt ihn? In voller Höhe?
  • Wie steht es mit den Therapiekosten? Unter welchen Bedingungen werden sie erstattet? Wer zahlt?
  • Und schließlich das Schmerzensgeld: Wie sind die Bedingungen? Einzelnachweis mit Retraumatisierungsrisiko? Pauschalregelung nach Plausibilitätsnachweis? Werden auch die vorenthaltenen Bildungsmöglichkeiten berücksichtigt?
  • Was ist, wenn einer der Partner (Bund, Länder, Kirchen und ihre Einrichtungen) sich doch noch querlegt, wohl nicht generell, aber bei der Durchführung? Wer gibt eine Ausfallgarantie?
  • Welche Gruppen sollen „entschädigt“ werden? Es gab, wie bekannt, nicht nur Erziehungsheime, sondern auch Behindertenheime, Säuglingsheime u.a.? Es gab auch Heimopfer über den am Runden Tisch behandelten Zeitraum hinaus – davor und danach!
  • Werden die Heimopfer aus den DDR-Heimen vergleichbar „entschädigt“?
  • Und last, but not least: Gibt es Absichtserklärungen oder gar Pläne, wie das Retraumatisierungsrisikoder ehemaligen Heimkinder vermindert wird, wenn wieder ein Heimaufenthalt bevorsteht – im Alten- und Pflegeheim?

Wer so lange getagt hat wie der Runde Tisch und dabei von außen so viele Anregungen erhalten hat, welche Probleme wie angegangen werden könnten/sollten, der wird doch auch Antworten auf meine Fragen vorweisen können.

Links unter: http://gewalt-im-jhh.over-blog.de/article-bruchlandung-des-runden-tisches-heimerziehung-aktuell-6 2743726.html 

Die Krümel vom Runden Tisch Heimkinder
Kommentar von Sieglinde Alexander
Nach zwei Jahren hat der RTH nun SEIN Ziel erreicht: Den Opfern eines unmenschlichen Systems erneut ihre Wertlosigkeit vor Augen zu führen.
Von Anfang an ging es lediglich um finanzielle Schadensminderung. Die Betroffenen selbst bekamen keine ausreichende Möglichkeit zur Aufarbeitung des Erlittenen, und rechtliche Wiedergutmachung stand nie auf der Tagesordnung.
Der RTH hat zwar anerkannt, dass Unrecht geschah, nennt aber keine Schuldigen.
Ebenso wenig wurde die juristisch wichtige Aussage gemacht, dass es ein Rechtsstaat war, in dem Unrecht geschah. Immerhin ging es dabei um 700 000 bis 800 000 Kinder und Jugendliche!
Die verantwortlichen Trägerinstitutionen und die Länder wurden geschont und dadurch die Opfer noch einmal erniedrigt und gedemütigt.
Dem RTH wurden wichtige Informationen und Vorschläge vorgelegt, die aber, wenn überhaupt, nur am Rande beachtet wurden. So fehlt zum Beispiel das nötige Wissen um die bis heute noch fortdauernden psychischen und physischen Folgeschäden jener Misshandlungen, unter denen viele Opfer noch heute massiv leiden.
Die Opfer der Heimerziehung werden als „Bedürftige“ angesehen ohne anzuerkennen, dass es systematisches Unrecht und das Versagen der staatlichen Aufsichtspflicht waren, die dazu beitrugen, Kinder und Jugendliche für den Rest ihres Lebens physisch, psychisch und sozial zu zerstören. Der "Armentopf" mit nur 120 Millionen ist keine Wiedergutmachung, sondern der Versuch, die Opfer ruhigzustellen.
Grundgesetze wurden seitens der Institutionen und vom Staat selbst gebrochen. Dies geht aus den Berichten der Opfer der Heimerziehung hervor sowie aus den Forschungsergebnissen von Frau Dr. Wapler (nachzulesen in der Expertise Recht). Es wird im Abschlussbericht nur auf diese Verletzung des Grundgesetzes hingewiesen.
Diese Fakten wurden aber weder ausreichend wahrgenommen noch im Detail berücksichtigt.
Warum wurde – was naheliegend gewesen wäre - kein Menschenrechtsexperte zum RTH geladen? Der Beweis liegt vor, dass das Thema Menschenrechtsverletzung vermieden werden sollte. Wie viel der Artikel 1 des Grundgesetzes - „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ - tatsächlich wert ist, zeigt sich im Abschlussbericht, der einer finanziellen Schadensminderung gleichkommt.
Der Sozialstaat Deutschland hat sich an seinen ehemaligen Heimkindern noch einmal schuldig gemacht.
Um Gerechtigkeit zu finden sind nun neue Schritte nötig.
http://
www.emak.org/news/news_index.htm

Klaus Klüber:
Entschädigungsempfehlung runder Tisch = Mogelpackung für alle ex-Heimkinder

http://www.ex-heimkinder.de/Entschaedigungsloesung.htm

Das vorgestellt Entschädigungsmodell des runden Tisches kann nur als selten plumper Affront gegenüber ehemaligen Heimkindern bezeichnet werden, mit dem sich nach jahrelanger Kungelei hinter verschlossenen Türen, Kirchen und Staat darauf verständigt haben, der Öffentlichkeit ein geläutertes Gewissen von moralischen Anstand zu demonstrieren, den sie in den Anfängen der Heimkinderklagen noch unverhohlen missen ließen. Etwa indem sie die Klagen und Begehren der ehemaligen Heimkinder zunächst entrüstet abzuwimmeln versuchten, um später auf Druck öffentlicher Medien scheibchenweise einen der schauderlichsten Skandale dieser Bundesrepublik einräumen zu müssen.

Niederträchtig auch die Versuche der Kirchen den ehemaligen Heimkindern für ihren konstruktiven Vorschlag einer einmaligen Entschädigungspauschale für alle gelittenen Heimkinder von etwa 50000 Euro, oder einer monatlichen Rente von etwa 300 Euro Habgier zu unterstellen. Etwa durch Kardinal Lehmann, dessen ehrverletztenden Äußerungen auf wundersame Weise nicht mehr im Internet abzurufen sind.

Geradeso als wüssten sie nicht, dass solch ein Betrag für gravierende Menschenrechtsverletzungen, wie sie in den vergangenen Jahren an gewissenlosen Heimbehandlungen bekannt wurden, im internationalen Vergleich sogar noch ausgesprochen günstig ausfällt.

Aber so sind unsere Kirchen nun mal.

Solange sie an Menschen und deren teils mitverursachtem Leid Geld verdienen können, sind sie sofort zur Stelle, aber wehe sie sind einmal gefordert für ihre unchristlichen Verfehlungen gerade zu stehen. Nein, da zeigen sie ihr wahres Gesicht und ziehen alle Register um ihren Opfern in der Gewissheit ihrer gesellschaftlichen Unantastbarkeit die kalte Schulter zu zeigen.

So auch hier gegenüber ihren einstigen Opfern der Heimerziehung.

Bis zur Veröffentlichung des Abschlussberichts des runden Tisches haben die Kirchen rein gar nichts dazu beigetragen, um ihren geschädigten Opfern von selbst eine eigenständige Entschädigungslösung anzubieten.

Und sollen nun gemäß der runden Tisch-Vereinbarung sogar noch am günstigsten aus der Affäre kommen.

Unglaublich!!

weiter:
http://www.ex-heimkinder.de/Entschaedigungsloesung.htm           oder hier klicken

Dierk Schäfer:
Verheizt

Veröffentlicht in heimkinder von dierkschaefer am 17. Dezember 2010

Verheizt wurden am Runden Tisch nicht nur die Interessen der ehemaligen Heimkinder, verheizt wurden auch ihre Vertreter am Runden Tisch, die bald keine Vertreter mehr waren, sondern Einzelpersonen mit Heimhintergrund.

  • Der Runde Tisch bzw. Frau Dr. Vollmer und ihr Büro haben nichts getan, um die von Beginn an bestehenden Zweifel der ehemaligen Heimkinder durch Information und weitgehende Transparenz zu zerstreuen.
  • Der Runde Tisch hat die Vertreter der ehemaligen Heimkinder allein gelassen vor einer Überzahl von Fachleuten, die zumeist Interessenvertreter waren.
  • Der Runde Tisch hat es nicht gewagt, seine Startschwierigkeiten zu benennen, die ihm von der damaligen Familienministerin ins Nest gelegt wurden, angefangen von ihrer Äußerung, ein Entschädigungsfonds werde nicht angestrebt, bis hin zu der Halbierung des Budgets für den Runden Tisch. Frau von der Leyen hat sich als böse Fee der Heimkinder gebärdet und der Runde Tisch hatte nicht die Courage, dies – und sei es mit aller diplomatischen Zurückhaltung – zu benennen. Da war der Pressesprecher des Familienministeriums viel mutiger.
  • Der Runde Tisch hat versäumt darüber aufzuklären, daß seine angestrebten Empfehlungen nur Empfehlungen mit äußerst geringem Verpflichtungsgrad sein können.
  • Der Runde Tisch hätte offensichtlich nicht einmal die Minimallösung zustande gebracht, die Frau Vollmer nun vortragen konnte, wenn nicht die Vertreter der ehemaligen Heimkinder in einer letzten (oder war es die erste?) Widerstandshandlung mit Auszug gedroht hätten.

Durch all diese Versäumnisse standen die ehemaligen Heimkinder am Runden Tisch unter einem Dauerfeuer ihrer Schicksalsgefährten, deren Mißtrauen wuchs und wuchs.

Der Fairneß halber sei hinzugefügt, daß auch der VeH am Verheizen beteiligt war. Er hat dem Runden Tisch Anwälte aufdrängen wollen, die für den Runden Tisch nicht akzeptabel waren, anstatt lediglich ein qualifiziertes Anwaltsbüro zur Beratung der ehemaligen Heimkinder am Runden Tisch zu fordern. Das hätte es wahrscheinlich auch nicht gegeben, aber dann wäre auch für die Öffentlichkeit deutlich geworden, daß der Runde Tisch überhaupt nicht darauf angelegt ist, die ehemaligen Heimkinder in die Lage zu versetzen, ihre Interessen zu vertreten. Durch diese Frontenbildung jedenfalls gerieten die ehemaligen Heimkinder am Runden Tisch in den Ruf „Verräter“ zu sein und bekommen nun die Wut der anderen ab.

Wie gesagt: Sie wurden verheizt.

Aber Dr. Wiegand spricht vom Spatzen in der Hand und meint, erfolgreich gewesen zu sein. Er jedenfalls fühlt sich nicht verheizt.

Wie lange war Herr Wiegand im Heim und was sind seine Folgeschäden, die ihn erst berechtigen, Anspruch auf einen Spatzen anzumelden?

 http://dierkschaefer.wordpress.com/2010/12/17/verheizt/

Zustimmung zum Schlußbericht des RTH unter "Druck" - andere nennen diesen Druck Erpressung
Dazu Prof. Dr. Manfred Kappeer in seiner Analyse des Abschlußberichtes:
"Wie kam es trotz der Ablehnung ihrer zentralen Forderungen zur Zustimmung der ehemaligen Heimkinder am RTH zum Abschlußbericht? (Fünf von Sechs haben zugestimmt.)
Am 7.und.8.12.2010 trafen sich die sechs Frauen und Männer zusammen mit drei UnterstützerInnen zur Vorberteitung auf die letzte Sitzung des Gremiums am 9. und 10.2010. Die Grundlage der Beratungen war der 3. Entwurf der Geschäftsstelle des RTH zum Abschlußbericht, der für die Abschlußverhandlungen am RTH die Ausgangslagelage bilden würde. Sie erarbeiteten eine Stellungnahme, in der sie an den „Lösungsvorschlägen“ in diesem Entwurf scharfe Kritik übten und ihre Forderungen nocheinmal bekräftigten. Da ihre Aufforderungen an die Vetreter des Bundes, der Länder, der Kirchen und ihrer Wohlfahrtsverbände, unmißverständlich und mit Zahlen zu sagen, zu welchen Entschädignungsleistungen sie bereit sind, von allen Gliedern der „Verantwortungskette“ immer zurückgewiesen wurden, sollten sie in der letzten Sitzung durch ein Verfahren wie den „Hammelsprung“ im Bundestag gezwungen werden, sich eindeutig zu erklären. Die sechs ehemaligen Heimkinder am RTH setzten sich zu Beginn der Sitzung also nicht an den Verhandlungstisch sondern blieben im Vorraum stehen. Sie überreichten ihre Stellungnahme und forderten die anderen Mitglieder des RTH auf, durch Herauskommen zu ihnen die Unterstützung ihrer Forderungen zu manifestieren. Nur zwei folgten dieser Aufforderung. Norbert Struck, der ihr gefolgt wäre, konnte, wie oben berichtet,  an der Sitzung nicht teilnehmen, hatte seine Haltung zu den Forderungen der Ehemaligen durch seine schriftliche Stellungnahme aber unmißverständlich geäußert. Nach übereinstimmenden Berichten aller sechs Ehemaligen und eines weiteren Mitglieds des RTH geschah nun folgendes: Die Moderatorin und andere Mitglieder reagierten heftig mit der Drohung, eine Weigerung an der Schlußverhandlung teilzunehmen und dem Abschlußbericht zuzustimmen würde zum Scheitern des RTH führen. Einer der Ehemaligen schreibt am 15.12 in einem Brief:“Als wir sechs Heimkinder am Runden Tisch (alle waren stimmberechtigt) auszogen, um unseren Unmut über den vorliegenden vorläufigen Schlussbericht zu dokumentieren, wurden wir dringend aufgefordert den RT nicht platzen zu lassen. Man machte uns klar, dass ein Scheitern des RT bedeuten würde, dass es überhaupt keine Entschädigung und keine Berichte an den Bundestag und die Bundesländer gäbe“. In dieser Situation wurden zum ersten Mal die 120 Millionen für die Fonds in Aussicht gestellt, die bei einer Verweigerung der Zustimmung zu einem AB verloren gehen würden. Ein Mitglied des RTH  - kein ehemaliges Heimkind – berichtete am Abend des ersten Verhandlungstages, es sei eine „moralisch-autoritäre Drohkulisse“ gegen die ehemaligen Heimkinder hergestellt worden, der sie nicht standhalte konnten. Zwei der Ehemaligen am RTH sagten mir, sie seien mit der Drohung es gäbe weder Rehabilitation noch irgendeine Entschädigung, an den Verhandlingstisch gezwungen worden."
http://
www.gewalt-im-jhh.de/hp2/Abschlussbericht_RTH.doc
S.13ff

Opfer der Opfer und Co-Opfer- Lydia S.: Im Namen der Angehörigen
5.000 Euro? Als Anerkennung für erlittenes Leid? Das will ich nicht gehört oder gelesen haben.
Beim ersten „Eckigen Tisch“ am 29. Mai 2010 zeigten sich die anwesenden Jesuiten erstaunt darüber, dass neben und hinter jedem Betroffenen Eltern, Partner und Partnerinnen und Kinder stehen. Sie hatten uns vergessen. Das war echt. Sie hatten einfach nicht nachgedacht.
Teilweise leben die Eltern nicht mehr oder die Partner / Partnerinnen haben sich getrennt. Die meisten Kinder der Betroffenen sind erwachsen. Es wäre interessant, sie über die Erfahrungen mit ihren missbrauchten Vätern zu befragen.
Hat einer sie angehört? Hat einer sich bei den Eltern und Partnern und Kindern entschuldigt? Ich nehme an, dass die Jesuiten uns alle in ihr Abendgebet einschließen. Aber vielleicht sollte ich sie daran erinnern, das zu tun?
Liebe Jesuiten, habt Ihr einmal durchgerechnet, wie viel ein Schulplatz an Euren Schulen die Eltern gekostet hat? Das Canisius-Kolleg war günstig, aber am Aloisiuskolleg und in St. Blasien haben die Eltern mehrere 10.000 DM bezahlt im Laufe der Schulzeit ihrer Kinder, die dort missbraucht wurden.
Manche der Schüler wurden der Schule verwiesen und zerbrachen daran, leben im Extremfall seit Jahren von Hartz IV. Manche wurden krank, drogenabhängig oder nahmen sich das Leben.
Manche Eltern mussten jahrelang viel Geld in ihre missbrauchten Jungs investieren, damit sie mit Hilfe von Therapien von Drogen loskamen oder weiterleben konnten.
Jede Einzelrechnung übersteigt die Zahl 5000.
Natürlich, diese Summe ist als Anerkennung gedacht.
Wenn ich mein Fahrrad zur Reparatur gebe und es dort geklaut wird oder beschädigt, erhalte ich zumindest den Wert dessen ersetzt, was da als Auftrag vorlag. Und dann könnte man noch über einen Blumenstrauß für den Ärger und den Aufwand nachdenken oder eine Entschuldigung.
Das ist ein einfaches Bild, finde ich.
Nun zu mir. Ich lebe seit vielen Jahren mit einem schwer erkrankten Betroffenen. Ob seine Krankheit eine Folge der Missbrauchserfahrungen ist, werde ich nie wissen. Jedoch ist mein Partner einer dieser mutigen Männer gewesen, die die Welt verändert haben. ...
http://
gewalt-im-jhh.over-blog.de/article-opfer-der-opfer-lydia-s-im-namen-der-angehorigen-67047814.ht ml
http://
www.eckiger-tisch.de/wp-content/uploads/2011/02/Im-Namen-der-Angeh%C3%B6rigen_von-Lydia. pdf
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Dierk Schäfer: Ich sage es kraß: Der Betrug an den ehemaligen Heimkindern findet gegenwärtig seine Fortsetzung.
Sehr geehrter Herr N.N.!
Vielen Dank für Ihr Mail. Sie werfen eine schwierige Frage auf, vor der auch einige Ihrer Schicksalsgenossen stehen. Was wird mit denen, die irgendwie doch die Kurve gekriegt haben und vor der Sozialhilfebedürftigkeit bewahrt blieben? Auch sie haben Recht auf eine wie auch immer gewichtete Anrechnung und Entschädigung für ihre Mißhandlungen und Ausbeutung.
Über einen Heimleiter hörte ich, daß er einem ehemaligen Heimkind vorgeworfen habe, dieser sei wohl doch selber schuld an seinem Schicksal, denn andere, also Leute wie Sie, wären doch damit fertig geworden und hätten es zu was gebracht.
Wenn ich es richtig sehe, werden Sie nichts kriegen, obwohl Sie Recht haben. Ich könnte nun hinzufügen, daß Leute wie Sie am ehesten den langen Atem haben, sich ihr Recht zu holen, doch ich weiß selber, daß Recht haben und Recht bekommen zweierlei sind. Es wäre eine faule Ausrede, Sie auf das Jüngste Gericht zu vertrösten.
Rein formal: Sie können sich mit Ihren Ansprüchen an das noch existierende Büro des Runden Tisches wenden. Ich habe von dort bisher noch keine Antwort bekommen. Sie können auch den Fortgang der Einrichtung von Anlaufstellen verfolgen, um dort „vorstellig“ zu werden. Doch Sie merken schon, daß ich mir dort für Sie nichts erwarte, und für die sozial bedürftigen ehemaligen Heimkinder nur erbärmlich wenig.
Ich sage es kraß: Der Betrug an den ehemaligen Heimkindern findet gegenwärtig seine Fortsetzung.
Es tut mir leid, Ihnen nichts anderes sagen zu können.
Mit freundlichem Gruß
dierk schäfer
http://
dierkschaefer.wordpress.com/2011/02/17/sehr-geehrter-herr-n-n/

Basisumfrage auf dem Blog Dierk Schäfer – Das Abstimmungsergebnis

Veröffentlicht in heimkinder von dierkschaefer am 1. März 2011

Für heute nur kurz die Zahlen:

Knapp 92 % der ehemaligen Heimkinder akzeptieren das Ergebnis des Runden Tisches (Schlußbericht) nicht.

Im einzelnen:

Fragestellung:

Am Runden Tisch Heimkinder wurden viele Probleme behandelt, die für mich wichtig sind.

Das Ergebnis im Einzelnen ist unterschiedlich zu bewerten. Wenn ich auf das blicke, was für mich persönlich besonders wichtig ist, komme ich zu folgender Stellungnahme [bitte ankreuzen]:

o Ja, ich akzeptiere das Ergebnis des Runden Tisches.

o Nein, ich akzeptiere das Ergebnis des Runden Tisches nicht.

o Ich kann mich nicht entscheiden und enthalte mich der Stimme.

endgültiges Abstimmungsergebnis (Dienstag, 1. März 2011)

Zahl der abgegebenen Stimmzettel           52

davon ungültig                                                 4

 

Zahl der gültigen Stimmen                        48

davon

Ja-Stimmen                                               3    =   6,25 %

Nein-Stimmen                                         44    =   91,67 %

Enthaltungen                                             1    =   2,08 %

 http://dierkschaefer.wordpress.com/2011/03/01/basisumfrage-das-abstimmungsergebnis/

 

Fragen dazu von Helmut Jacob

Herr Schäfer, die Abstimmung auf Ihrem Blog ist beendet. Wie lautet das Ergebnis?

Es gingen 52 Stimmzettel ein, davon waren 48 gültig. Darunter waren 3 Ja-Stimmen für die Akzeptanz der Ergebnisse des Runden Tisches, 44 Nein-Stimmen und eine Enthaltung. Es gab auch zwei Doppelabstimmungen, die ich dann als jeweils eine Stimme gewertet habe.

Dann haben nur50 Personen an der Abstimmung teilgenommen. Macht Sie das zufrieden oder nachdenklich?

Wenn man Erfahrung mit Umfragen hat, in diesem Fall aber keine repräsentative Stichprobe ziehen konnte, dann ist man nur zufrieden, wenn sehr viele Stimmen eingehen. Ich hatte mit rund 500 gerechnet und frage mich, warum es nicht mehr waren. Das stimmt mich schon sehr nachdenklich.

Wie bewerten Sie die Stimmverteilung?

Schwierige Frage. Das Ergebnis ist zwar sehr eindeutig, allerdings angesichts der geringen Beteiligung wird, wer es will, dieses Ergebnis ohne Probleme ignorieren oder gar schlußfolgern, daß die meisten Heimkinder kein Interesse mehr haben. Wenn man denkt, daß in der Öffentlichkeit Schätzungen von 800.000 ehemaligen Heimkindern genannt wurden, darf man sich über solche Interpretationen nicht wundern.

Nein, ich akzeptiere das Ergebnis des Runden Tisches [Heimerziehung] nicht. So haben die meisten Teilnehmer abgestimmt. Welche Signalwirkung hat dieses Ergebnis für die ehemaligen Teilnehmer des Runden Tisches?

Ich glaube nicht, daß die dieses Signal nötig hatten. Wer in dieser Weise ein Problem versucht auszusitzen und die äußerst geschickte Taktiererei der Moderatorin erlebt hat, ich denke besonders an die ganz spezielle Einbindung eines Heimkindervertreters und an den Psychodruck in der letzten Sitzung, so jemand wird sich keinen Illusionen hingegeben haben, daß der Schlußbericht von der Basis akzeptiert werden könnte. Doch die Basis hat sich bei mir nicht gemeldet.

Welche Wirkung müßte das Ergebnis auf die bevorstehende Debatte zur Einrichtung des vorgeschlagenen Fonds im Deutschen Bundestag haben?

Ich befürchte, daß dieses Ergebnis trotz seiner Eindeutigkeit eher dazu angetan ist, dem Bundestag zu signalisieren, daß das Mengenpotential der unzufriedenen ehemaligen Heimkinder so groß doch nicht ist, und daß man fortfahren kann, die ohnehin schlechten Lösungsvorschläge vom Runden Tisch für die einzelnen Betroffenen weiter zu verschlechtern; der Gang der Gesetzgebung und die Verwaltung der Ansprüche bieten dafür viele Möglichkeiten.

Kann man die geringe Teilnehmerzahl auch in Bezug zur geringen Zahl der bekannt gewordenen Opfer setzen?

Prof. Kappeler nennt zweieinhalbtausend, die sich an die verschiednen Anlaufstellen gewendet haben. Ich denke, das ist die einzig relevante Bezugsgröße, auch wenn ich annehme, daß es immer noch viele gibt, die sich lieber verstecken; dafür dürften andererseits sich auch manche bei mehr als einer Anlaufstelle gemeldet haben. Da diese Personen jedenfalls etwas wollen, egal ob Entschädigung, Rehabilitierung oder Entschuldigung, sollte man annehmen, daß sie sich an einer zu nichts verpflichtenden Umfrage beteiligen. Doch auch, wenn ich von den zweieinhalbtausend ausgehe, ist die Beteiligung von nur 50 Personen nicht geeignet für eine plausible Darstellung der ablehnenden Haltung der ehemaligen Heimkinder.

Was soll mit dem Ergebnis Ihrer Abstimmung passieren? Wo geht sie hin?

Ich habe die Ergebnisse, so wie ich es zugesagt habe, bereits verbreitet, also an den Bundestagspräsidenten, die Familienministerin, die Fraktionsvorsitzenden, den Petitionsausschuß, den Familienausschuß und den Rechtsausschuß. Dazu habe ich einige Pressedienste mit einer Presseinformation bedient. In allen Fällen war es mir wichtig, nicht nur Prozentangaben zu machen, sondern auch die absoluten Zahlen zu nennen. Ich möchte mir keine unseriöse Arbeitsweise vorwerfen lassen. Doch insgesamt kam ich mir komisch vor. Wenn ich selber eine solche Umfrage bekäme, würde ich sie kaum beachten.

Inwiefern bestimmt das Abstimmungsergebnis Ihr weiteres Handeln?

Ich frage mich natürlich, was ich nach diesem Ergebnis noch für die ehemaligen Heimkinder tun kann; das fragt mich mein Umfeld auch.


Zu einem anderen Thema, Ihrem Bußaufruf. Vor über einem Jahr riefen Sie die Kirchen zur Buße auf. Jetzt kommt einiges in Bewegung. Bischof Bode hat sich im Osnabrücker Dom büßend zum Altar gelegt. Wie bewerten Sie diese Geste?

Ja, da gab es auch noch die Fußwaschung. Es sind durchaus bewegende Gesten, die im kirchlichen Rahmen angemessen sind. Doch solange es nur Gesten bleiben, handelt es sich um bloße Inszenierungen, mit anderen Worten: Alles Theater.

Konservative Kritiker bedauern diese Geste. Was meinen Sie dazu?
(
http://www.noz.de/deutschland-und-welt/politik/niedersachsen/49571028/konservative-kritiker-bedauern -bischoefliche-bue-nach-missbrauchsfaellen)

Wenn jemand ernsthaft sagt: „Bischof Bode noch immer im Missbrauchs-Wahn.“, dann soll er das im Jüngsten Gericht verantworten, an das er doch hoffentlich glaubt.

Kardinal Meißner trug seine Bußworte gesanglich vor. Hat er damit überzeugt?
(
http://www.youtube.com/watch?v=iWfdApi8trI)

Ich habe mir das soeben erst angehört und – Entschuldigung – ich mußte lachen. Man könnte noch mehr dazu sagen, doch das lohnt nicht. Eins aber doch: ehemaligen Heimkindern dürfte nicht zum Lachen zumute sein. Wenn ich Betroffener wäre, käme eine unsägliche Wut in mir hoch über die unglaublich umsichtige Empathiebezeugung dieses hochrangigen kirchlichen Würdenträgers.

Die Bischofskonferenz will im Rahmen ihrer nächsten Vollversammlung im März in Paderborn in einem Bußakt „die Opfer und Gott um Vergebung“ bitten. Kommt dieser Akt nach Ihrer Meinung im Rückblick auf das bisherige Verhalten der katholischen Kirche bei den Opfern an?
(
http://www.welt.de/print/die_welt/hamburg/article12668028/Kirche-sendet-Signal.html)

Das kann ich mir nicht vorstellen – es sei denn, es werden großzügige Entschädigungen angekündigt. Doch es scheint ohnehin nur um Mißbrauchsfälle zu gehen, diese Fixierung auf Sex ist schon interessant. Die ehemaligen Heimkinder bleiben wieder einmal als Schmuddelkinder außen vor.

Wie sieht Ihre weitere Arbeit in Sachen ehemalige Heimkinder aus?
Im jetzigen Stadium kann ich das noch nicht absehen.

Dirk Schäfer zu den Regularien der Katholischen Kirche in Sachen Opferentschädigung:
”... allein die Schriftform dürfte für viele eine Zumutung sein.“

(in einem privaten Beitrag des Webmasters für diverse Internetzeitungen schrieb der Verfasser: “Wer die Opferberichte im Internet studiert hat, weiß, wieviel Kraft und Überwindung es Einzelne gekostet hat, ihr Schweigen zu brechen. Noch schwerer fiel es ihnen, über Details der Taten zu berichten.” Er bat Dierk Schäfer, Diplompsychologe, um um seine Meinung zu den Schwierigkeiten der Missbrauchsopfer, ihr Schweigen zu brechen.)

 „Dieser Interessenkonflikt war absehbar. Einerseits will die Kirche nicht an „Trittbrettfahrer“ zahlen, dann nur an Menschen, die immer noch beeinträchtigt sind durch die Folgen sexueller Mißhandlungen in Kindheit und Jugend erlitten durch Kirchenpersonal, und dies nur dann, wenn noch keine Zahlungen von dritter Seite für denselben Schadensverhalt geleistet wurden, und schließlich sollen vorrangig die Krankenkassen der Betroffenen in Anspruch genommen werden. Zudem werden die Zahlungen als freiwillige deklariert. Hierzu ließe sich manches sagen, doch da ich als Psychologe gefragt bin, will ich nur auf die andere Seite, auf den Aspekt der Belastung der Betroffenen eingehen.

Die grundlegende Frage lautet nach meiner Information: „Fühlen Sie sich durch die Folgen des sexuellen Missbrauchs, den Sie minderjährig erfahren mussten, in Ihrem Privatleben oder in Ihrer Berufsausübung beeinträchtigt?“

Wäre es „nur“ eine „Beeinträchtigung“, dann wäre die Mühe ihrer Beantwortung einschließlich der Schilderung der Mißhandlung zumutbar, auch wenn die Betroffenen schon mehrfach ihren „Fall“ anderswo geschildert haben, worauf man ja auch bei gutem Willen zurückgreifen könnte. Doch allein die Schriftform dürfte für viele eine Zumutung sein.

 Schwererwiegend wird es jedoch, wenn die „Beeinträchtigung“ über Auswirkungen in der Berufsausübung hinausgeht. Gefragt wird ausdrücklich nach Folgen im Privatleben. Wir kennen aus vielen Berichten solche Folgen: Aggressivität, Schwierigkeiten, Vertrauen zu entwickeln, Vertrauen zu anderen und zu sich selbst, Kontakt- und Bindungsschwierigkeiten, die dazu führten, daß Partnerschaften nicht aufgebaut werden konnten oder bald wieder zerbrachen, Probleme in der eigenen sexuellen Orientierung. Es handelt sich übrigens um Bereiche, die der Kirche in Verkündigung und Bildung wichtig sind, am stärksten sichtbar in der Bedeutung von Familie, die hier gerade durch die Kirche und ihr Personal schwerwiegend gestört wurden. Doch das nur nebenbei.

 Wichtiger ist, daß mit der Kirche eine Organisation selber die Befragung (= Inquisition) führt, die doch Quelle des Unheils war. Die meisten Menschen differenzieren nicht zwischen dem Personal und der Organisation, egal, ob sie gute oder schlechte Erfahrungen gemacht haben. Wer massiv schlechte gemacht hat, wird der Aussage der Kirchenleitung nicht glauben, sie nicht akzeptieren können, hier hätte nur das Personal versagt. Für sie ist „die Kirche“ schuld. Es handelt sich dabei nicht um eine Uneinsichtigkeit der Betroffenen oder um eine Marotte, auch um keinen Trick. Wir wissen, daß Traumatisierungen nachhaltig wirken und auch Gehirnstrukturen verändern. Der Begriff der Traumatisierung wird mittlerweile zwar inflationär gebraucht und nicht alle Mißhandlungen haben posttraumatische Konsequenzen. Doch auch für die Fälle ohne posttraumatische Belastungsstörungen gilt als in erster Linie, daß diese Kirche als Urheberin des Unheils nicht die Verhandlungen führen kann, bei denen schmerzhafte Fragen gestellt werden müssen. Viele ehemalige Heimkinder, unter denen auch eine Reihe von sexuell mißhandelten ist, lehnen solche Fragen rundweg ab. Um dies zu verstehen, muß man nicht Psychologe sein, Empathie reicht aus.

 Doch diese Position ist nicht haltbar. Schließlich kann nicht nur für den bloßen Verdacht oder allgemein gehaltene Beschuldigungen gezahlt werden. Aber für die Befragung brauchen die Betroffenen, um sich darauf einlassen zu können, ein Setting, dem sie vertrauen können. Und das kann die Kirche nicht bieten, auch wenn ihr Personal dafür fachlich geeignet ist.

Wenn die Kirche wirklich helfen will, geht das im Regelfall nur über Personen und Einrichtungen, die von den Betroffenen in Abstimmung mit der Kirche benannt werden, die also kirchenunabhängig sind. Die individuelle mündliche (!) Befragung wird zumeist immer noch schmerzhaft sein, in manchen Fällen bis hin zur Retraumatisierung. Sie könnte aber neben dem Entschädigungsantrag zugleich die Chance bieten, mit der bitteren Vergangenheit abzuschließen, eine Chance, die auch eine für die Kirche sein könnte.

 Doch wenn es so läuft, wie zur Zeit anscheinend geplant, stellt sich bei vielen Betroffenen die bittere Erkenntnis ein: Die wollen doch nur billig davonkommen. Ein unguter Ausgang für beide Seiten.“ 

http://www.readers-edition.de/2011/03/07/huerdenspringen-bis-zur-opferentschaedigung-durc h-die-katholische-kirche/

In der Klabause

Veröffentlicht in heimkinder von dierkschaefer am 11. März 2011

Heute erschien ein Interview mit Richard Oetker. Vor 30 Jahren wurde er entführt, in eine zu kleine Holzkiste gesteckt, Stromstöße führten zu Knochenbrüchen.

Nachzulesen unter: http://www.faz.net/s/RubD16E1F55D21144C4AE3F9DDF52B6E1D9/Doc~ED0A6C0267CBF43CC BD4E6FEF77CD7F51~ATpl~Ecommon~Scontent.html [Freitag, 11. März 2011]

Als ich das Interview las, standen mir sofort Heimkinderberichte vor Augen.

Manches ist vergleichbar, wenn es auch in den Kabäuschen oder wie die Strafzellen sonst noch hießen, nicht so eng war und anstelle der Stromstöße manchmal „nur“ Schläge standen.

Was ist nicht vergleichbar? Oetker war ein Erwachsener und er wußte die ganze Zeit, daß ihn ein Verbrecher in der Hand hatte. Er wußte auch, daß jedermann eine solche Tat für ein Verbrechen hält. Ich will damit nicht zum Ausdruck bringen, es sei also nicht ganz so schlimm gewesen, im Gegenteil, es muß fürchterlich gewesen sein.

Doch ein Vergleich mit eingesperrten mißhandelten Heimkindern sei gestattet. Ihre Weltsicht war noch nicht gefestigt, denn sie waren Kinder. Man hatte ihnen vielfach eingebleut, daß sie nichts taugen und niemand sie haben will. Sie mußten sich in vielen Fällen mit ihrem Unrechtsbewußtsein allein gefühlt haben, mutterseelenallein. Und das in einer Lebensphase, die nachhaltige Wirkungen hat, im Guten wie im Bösen.

Oetker konnte schließlich die Genugtuung haben, daß der Täter gefaßt und verurteilt wurde. Darauf warten die ehemaligen Heimkinder vergeblich. Oetker hat zwar keine Entschädigung bekommen, sondern draufgezahlt. Das hat jedoch seine finanzielle Lage hergegeben. Noch einmal: Hier ist nichts zu verharmlosen. Doch an seinem Schicksal wird ein spezieller Aspekt der Heimkinderschicksale deutlich, – und die Unterschiede, nicht die im Erleiden, aber die, der weiteren Lebenswege.

http://dierkschaefer.wordpress.com/2011/03/11/in-der-klabause/ 

Dierk Schäfer: Die ehemaligen Heimkinder sollten nicht aufhören zu betonen, daß unter dem Deckmantel der Verjährung ihre Entrechtung fortgesetzt wird.

Psychopathologisch oder „nur“ geschädigt?

Veröffentlicht in heimkinder von dierkschaefer am 26. März 2011

Weil diese Frage immer wieder aufkommt:

Viele (nicht alle) ehemalige Heimkinder haben in ihrer Heimzeit unterschiedliche Belastungen und Schädigungen erlitten – sie sind bekannt und ich muß sie hier nicht aufzählen. Man kann aber drei Gruppen bilden:

1. Einige haben die Belastungen „weggesteckt“ im Sinne von: Sie fühlen sich nicht beeinträchtigt, weil sie es, wie man so sagt, zu etwas gebracht haben. Sie sind auch nicht der Meinung, daß ihr Privatleben nachhaltig von den Heimerlebnissen beeinträchtigt wurde. Bei einigen wurden Heim-Nachteile durch sogar Vorteile ausgeglichen, weil sie im Elternhaus weniger Förderung erhalten hätten oder von ihren Eltern mißhandelt wurden.

2. Von denen, die sich zu Wort melden, ist dies wohl die größte Gruppe: Sie wurden ausgebeutet, gedemütigt, mißhandelt, viele auch sexuell. Ihnen wurde Bildung vorenthalten.

Hier sind nun zwei Gruppen zu unterscheiden: Die einen sind dennoch beruflich erfolgreich geworden, aber privat nachhaltig belastet, nämlich unfähig, Partnerschaften aufrecht zu erhalten, haben Probleme in ihrer sexuellen Orientierung oder mit ihrem hohen Aggressivitätspotential.

Bei der anderen Untergruppe kommt hinzu, daß sie beruflich nicht das erreicht haben, was sie bei normaler Förderung hätten erreichen können, was in vielen Fällen klar erkennbar ist durch das intellektuell hohe Niveau ihrer Äußerungen. Dies gilt auch für einen Teil derjenigen, deren Heimkarriere in eine kriminelle überging.

Beiden Untergruppen ist gemeinsam, daß die erlittenen Schädigungen keine dauerhaften posttraumatischen Belastungsstörungen erzeugt haben. Es handelt sich jedoch um Schädigungen, die plausibel darstellbar sind, egal, ob es sich um einfacher zu taxierende wirtschaftliche Nachteile handelt oder aber um seelische Belastungen, die sich deutlich zum Nachteil in der privaten Lebensführung ausgewirkt haben.

3. In der dritten Gruppe finden wir die ehemaligen Heimkinder mit heute noch anhaltenden posttraumatischen Belastungsstörungen. Sie sind retraumatisierungsgefährdet, können sich nur unter großen Ängsten mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen und neigen dazu, alles, was daran erinnert, auszugrenzen. Sie sind anfällig für Trigger, für Reize, die sie unwillkürlich und unkontrolliert in die damalige Situation zurückversetzen, mit all den fürchterlichen Empfindungen von damals.

Ich möchte nicht mißverstanden werden: Die Differenzierung in verschiedene Gruppen bedeutet kein Werturteil, etwa in der Art eines heutigen Leiters einer Diakonie-Einrichtung: Andere sind doch auch damit klar gekommen. Warum Sie nicht. Das muß also wohl an Ihnen liegen. Eine solche Beurteilung ist unzulässig, offenbart jedoch, daß in manchen Köpfen, die heute für solche Einrichtung Verantwortung tragen, immer noch keine Einsicht herrscht.

Andere wollen nur Beeinträchtigungen anerkennen, die heute noch nachwirken. Das läuft darauf hinaus, daß es für Sozialhilfebedürftige die in Aussicht gestellte Einmalzahlung geben mag, die nur ein Almosen ist. Wer nicht almosenbedürftig ist, geht ganz leer aus. Es wird also jeder Anschein vermieden, daß es einen Rechtsanspruch für erlittene Unbill gibt, es gibt nur Gnade, die nicht einmal für das Gnadenbrot reicht. Das ist, wie wenn ein Verkehrsunfall-geschädigter nur den Ersatz seiner Reparaturkosten für Auto und Körper erhält, aber kein Schmerzensgeld, weil er sozial nicht bedürftig ist. Für Prinzessin Caroline von Monaco galt das übrigens nicht.

Und wer psychotherapiebedürftig ist? Der kriegt halt die Therapie gezahlt. Alles bingo?

Die ehemaligen Heimkinder sollten nicht aufhören zu betonen, daß unter dem Deckmantel der Verjährung ihre Entrechtung fortgesetzt wird. Sie sollten weder sozial- noch therapiebedürftig sein, um die Verletzung ihrer grundlegenden Menschenrechte anerkannt und entschädigt zu bekommen.

http://dierkschaefer.wordpress.com/2011/03/26/psychopathologisch-oder-%E2%80%9Enur%E2 %80%9C-geschadigt/

»Die Heimerziehung der 40er- bis 70er-Jahre im Spiegel der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe - AGJ« – MANFRED KAPPELER, Berlin 2011.

  Dazu Anmerkungen und Auszüge aus der Studie von Martin Mitchell, Australien:

121-seitige Studie von Prof. Dr. Manfred Kappeler in Berlin: »Die Heimerziehung der 40er- bis 70er-Jahre im Spiegel der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe - AGJ --- Diskussionen - Stellungnahmen - Ausblendungen« – »Eine Studie im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe - AGJ«, herausgegeben am 25. März 2011 ( mit einem »Vorwort« von »Norbert Struck, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe - AGJ« ).

 Eine Auswertung des gesamten zur Verfügung stehenden Archivmaterials der AGJ, vormalig AGJJ, über den angegebenen Zeitraum, bezüglich der »Bedeutung der Heimerziehung in der Arbeit der AGJ von ihrer Gründung bis 1979« ( ausschließlich von der „bundesrepublikanischen Heimerziehung“ ist hier die Rede )

 »Um den Leserinnen und Lesern einen Einblick in die verschlungenen Wege des Diskurses über die Heimerziehung innerhalb der Arbeitsgemeinschaft [ d.h. der AGJ, vormalig AGJJ] zu ermöglichen,“ hat Professor Kappeler „den Text streng chronologisch gegliedert und auf die Bildung von Schwerpunkten (z.B. Säuglings- und Kleinkinderheime/ FE und FEH/ rechtliche Grundlagen etc.) verzichtet. Es gibt also keine inhaltlichen Zwischenüberschriften. Die Kapitel sind durch die Jahreszahlen des Zeitraums von 1949 bis 1979 gekennzeichnet.«

 Das weitgehendeVersagen der »Heimerziehung« in der»Bundesrepublik Deutschland« »von 1949 bis 1979« von Professor Kappeler detailiert aufgeführt und dem Leser vor Augen geführt: »Die Ausblendung der Nationalsozialistischen Zeit aus der Geschichte der Jugendhilfe zugunsten des Commonsense hat meines Erachtens« [ meint Professor Kappeler ] »dazu beigetragen, dass die AGJJ ihr „Wächteramt“ bezogen auf die Heim- und Fürsorgeerziehung im Ganzen nicht wahrgenommen hat. Dass die Praxis der Heimerziehung in krassem Widerspruch zu allen Formen demokratischen Zusammenlebens stand, wird den in der AGJJ versammelten Verantwortlichen der Jugendhilfe in der Bundesrepublik nicht unbekannt geblieben sein.« [ so die Meinung von Professor Kappeler in Bezug auf den Stand der Dinge bis zum Herbst 1959 ( Seite 54 der Studie ) ]

 Auf Seite 114 dieser seiner Studie, in Zusamenhang mit den Veröffentlichungen in Vorbereitung für den „6. Deutschen Jugendhilfetag“ ( 9. - 11. November 1978, in Köln ) zitiert Professor Kappeler aus dem Band „Jugendpolitik in der Krise“, wo es dazu heißt:

»„Die Hintergründe dieser Skandale zeigen, dass es in allen Fällen immer um zentrale Grundrechtseingriffe und Menschenrechtsverletzungen gegenüber den betroffenen Jugendlichen geht. Die Verantwortlichen für diese von Menschenverachtung und Ignoranz gezeichneten Unterdrückungspraktiken finden wir sowohl in den Spitzenverbänden der ‚freien’ und privaten Wohlfahrtspflege (vor allem Caritasverband / Diakonisches Werk) als auch den aufsichtsführenden Landesjugendbehörden. Die konfliktlose Zusammenarbeit zwischen den Landesjugendämtern und den großen Heimträgern ist ein System für das gemeinsame Interesse von Staat und Kirche an der Aufrechterhaltung eines Erziehungszustandes in Fürsorge-Erziehungsheimen, der die Kinder und Jugendlichen zur Unterordnung unter Hausordnungen, Anweisungen, Befehle, Verbote und Strafe zwingen will“. (Damm / Fiege 1978, Seite 153).«

 Prof. Dr. Manfred Kappeler schließt diese seine Studie ( auf den Seiten 120 und 121 ) mit folgenden Worten:

 »Von heute aus gesehen war der Jugendhilfetag 1978 für die Entwicklung in der Heimerziehung ein ganz entscheidendes Datum. In viel größerem Maße, als es in den ersten Wochen und Monaten nach dieser Veranstaltung von allen Beteiligten erkannt werden konnte, hat die Kritik der Heimerziehung auf dem Jugendhilfetag und die Bereitschaft der AGJ, dieser Kritik einen jugendpolitisch so wirksamen öffentlichen Raum zu geben, zu einer breiten Aufbruchstimmung vor allem bei jüngeren SozialpädagogInnen geführt, die in den 80er-Jahren engagiert und nachhaltig an weitreichenden Veränderungen der Praxis und der Theorie der Heimerziehung arbeiteten. Insofern ist die Feststellung berechtigt, dass die AGJ mit dem im Nachhinein viel bescholtenen Wagnis dieses großen offenen Jugendhilfetages Impulse freigesetzt hat, ohne die das dann folgende Jahrzehnt der Reformen kaum so weitreichende und tiefgreifende Veränderungen der Kinder- und Jugendhilfe und mit ihr der Heimerziehung gebracht hätte, wie sie im Vergleich mit dem Ausgangspunkt der Arbeit der AGJ im Jahre 1949 mit der gegen Ende des 20. Jahrhunderts erreichten Verfassung der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland deutlich werden.

 Die Recherche wird beendet mit einer Stellungnahme der AGJ im „Forum“ 4/1981, die über den zeitlichen Rahmen dieser Studie hinausweist. Die AGJ forderte die Abschaffung des „Erziehungsregisters“ mit der Begründung:

„Die Verwertung der Erziehungsregistereintragungen im Jugendstrafverfahren und die dadurch bedingte Nähe zum Jugendstrafrecht haben in den Augen der Jugendhilfe eine negative Verwertungsfunktion mit sich gebracht sowie Begründungszusammenhänge geschaffen, die die an sich pädagogisch intendierten angeordneten Erziehungshilfen in ihrem Wirkungsgrad abgenutzt haben. Besonders auffallend hierfür ist, dass eintragungsfähige Erziehungshilfen wie z.B. die Fürsorgeerziehung zugunsten anderer, neuerer und nicht eintragungsfähiger Hilfen stark zurückgegangen sind. Hierbei dürfte nicht allein die häufig festzustellende Erfolglosigkeit der angeordneten Fürsorgeerziehung eine Rolle gespielt haben, sondern auch die Tatsache, dass die Anordnung selbst einen Jugendlichen bis in das Erwachsenenalter hinein aufgrund der Registrierung begleitet. Die bis zum 24. Lebensjahr dauernde Speicherung und Verwertbarkeit der Eintragungen schaffen dagegen eine neue Stigmatisierung, die sich wegen ihrer Dauer über alle sehr viel kürzeren Entwicklungsabläufe bei Kindern und Jugendlichen hinwegsetzt. Eine langjährige Verwertbarkeit vielfältiger Daten über die Erziehungssituation eine junges Menschen ist aber alles andere als eine Hilfe zur Erziehung. Die Jugendhilfepraxis benötigt eine solche Registratur nicht“.

 Zuletzt sei mir noch eine persönliche Bemerkung gestattet. Ich bin 1959 mit einem „Vorpraktikum“ für die Ausbildung zum „Wohlfahrtspfleger“ in die Soziale Arbeit gegangen und habe in den 50 Jahren bis heute in der Praxis und Theorie der Jugendhilfe gearbeitet. Diese Studie zu den so widersprüchlichen Positionierungen der AGJ zur Heimerziehung während der hier untersuchten 30 Jahre ihrer Geschichte hat mir in konzentrierter Form noch einmal die Verhältnisse in der Jugendhilfe verdeutlicht, in denen ich um 1960 als junger Sozialpädagoge in der Heimerziehung meine Berufsbiographie begonnen habe und wie sehr die Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland am Ende dieses Weges ihr Gesicht verändert hat. Auch wenn mir klar ist, dass das Erreichte weiter verbesserungswürdig ist, und vor allem, dass es nicht auf Dauer gesichert ist und gegen innere und äußere Bedrohungen verteidigt werden muss, ist mein Lebensgefühl heute von der Gewissheit bestimmt, dass die in dieser Studie nachgezeichneten Auseinandersetzungen, die in ihrem aktuellen Verlauf für die Beteiligten oft mit harter gegenseitiger Kritik, mit Kränkungen und Schmerzen verbunden waren, sich im Ergebnis gelohnt haben.

 Dass ich diese Studie auch als Zeitzeuge geschrieben habe, wird den Leserinnen und Lesern dieses Textes nicht verborgen geblieben sein.

 Ich wünsche mir, dass es eine interessante Lektüre zur Geschichte eines wichtigen Bereichs der Kinder- und Jugendhilfe war und würde mich freuen, wenn die AGJ sich entschließen könnte, diesen Text in der einen oder anderen Form zu veröffentlichen.«

 ... und so wurde es auch tatsächlich veröffentlicht von der »Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe - AGJ«.

Studie: hier klicken 

Dierk Schaefer: Therapiekosten

Veröffentlicht in heimkinder, Politik von dierkschaefer am 30. April 2011

Die Diskussion um die Therapiekosten macht deutlich, wie schlampig am Runden Tisch gearbeitet wurde. Nichts Genaues weiß keiner so recht.

Wie denn auch? Die Zahl der Anspruchsberechtigten ist unbekannt wie auch die einzelnen Bedarfe. Sollten tatsächlich 100 Mio speziell für Therapiekosten, und für nichts anderes geplant sein? Abgesehen von der grundsätzlichen Frage, ob die Summe überhaupt zusammenkommen wird, sind ein paar Fragen angebracht.

  1. Soweit ich weiß, sollen vorrangig die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Aber wieso soll die Versichertengemeinschaft über die Krankenkassen für Therapiebedarf zahlen, der durch Fremdverschulden entstand? Wenn ich mir selber das Bein breche, zahlt meine Kasse, bricht mir ein anderer das Bein, zahlt der.
  2. Wie hoch ist die Zahl der ehemaligen Heimkinder, die zwar an ihrem Leben geschädigt wurden, aber dennoch nicht therapiebedürftig sind? Ich habe den Eindruck, daß einerseits manche nie therapiebedürftig waren, was keine Verharmlosung der Heimverhältnisse sein soll. Aber nicht jede Mißhandlung traumatisiert, oder gar bis ins hohe Alter. Andererseits dürften manche ehemaligen Heimkinder durch die aktive Teilnahme an der Heimkinder-Diskussion so etwas wie eine Selbst-Therapie betrieben haben. Jedenfalls hätte diese Gruppe tatsächlich weniger Interesse an Therapie als an Entschädigung – zu Recht!

Therapiekosten gehören separat abgehandelt, wie ich es bereits in meinen Verfahrensvorschlägen gefordert habe. Sie sind keine Entschädigung, sondern eine Selbstverständlichkeit. Zahlen sollen die Verursacher! Erst wenn die Zahlungspflicht erfolgreich bestritten wird, müssen die Krankenkassen zahlen.

Die ehemaligen Heimkinder sollten sich die Sparten der Kosten nicht von außen diktieren lassen. Es gibt wie gesagt Therapiekosten und es muß Rentenausfallsgelder geben, für die auch die Verursacher zu zahlen haben. Eine völlig andere Sparte sind die Entschädigungen für erlittenes Leid und vorenthaltene Bildungs- und Berufschancen, also für all das, das durch die „pädagogischen Fachkräfte“ in den Heimen verbrochen und versaubeutelt wurde.

Doch ich fürchte, durch das abgestufte Verfahren vom Runden Tisch über das Parlament einschließlich Bundesrat zu den Bundesländern bis  schließlich zu den Meldestellen mit monströsen Antragsverfahren wird nicht nur viel Zeit verfließen, sondern das Rinnsal der veranschlagten Gesamtsumme auch noch zerfließen.

Die ehemaligen Heimkinder sollten sich überlegen, ob sie mit gewisser Regelmäßigkeit vor den Landesparlamenten, denn dort wird die Musik gemacht werden, Schweigedemonstrationen mit Transparenten und Informationsmaterial veranstalten analog den Montagsdemonstrationen. Sonst sind sie weg aus der öffentlichen Aufmerksamkeit. 

Dierk Schaefer: Mehr als scheinheilig

Veröffentlicht in heimkinder, Politik von dierkschaefer am 1. Mai 2011

Der Runde Tisch als Berufsungsausrede hat zwei Jahre lang funktioniert, um Forderungen abzuwehren, weil niemand den Ergebnissen vorgreifen wollte. Das war schon scheinheilig genug. Nun funktioniert er weiterhin für die Ausrede, man müsse erst auf die Umsetzung der Ergebnisse durch die Politik warten. Geradezu teuflisch genial!

Wenn nun aber die Jesuiten meinen, sich erst als Gerechtigkeitsapostel in der Öffentlichkeit gerieren zu müssen und den Leuten damit den Mund wässerig machen, dann aber mit Grüßen für ein frohes Osterfest nicht nur auf dieses, sondern auch auf die in Aussicht gestellte Leistung vertrösten, dann kann ich das nur eine Spitzenleistung in Scheinheiligkeit nennen.

 „Aus Gerechtigkeitsgründen“ wolle man abwarten, bis die Politik die Heimkinder entschädige. „Der Runde Tisch Heimkinder hat in seiner abschließenden Sitzung im Dezember ein Modell vorgeschlagen, wie Gewaltopfern in Kinderheimen durch Zahlungen geholfen werden soll. … Dieses Modell ist leider von der Politik noch nicht umgesetzt worden“, heißt es in dem Brief weiter. Aber sobald dies der Fall ist, würden die Ordensgemeinschaften „ein ähnliches Modell vorlegen“.

http://www.tagesspiegel.de/politik/neue-kritik-an-den-jesuiten/4118264.html [Sonntag, 1. Mai 2011] 

Dierk Schaefers Blog

»bitten im Namen des Landes um Verzeihung und gewähren als „Geste des Bedauerns“ 20.000 Euro«

Veröffentlicht in heimkinder, Politik von dierkschaefer am 11. Mai 2011

»Für Opfer ist Geste des Landes „eine Beleidigung“«.

Wer sich mit dem Lebenslauf des hier betroffenen ehemaligen Heimkindes beschäftigt hat, weiß, daß diese Einschätzung richtig ist.

http://www.nachrichten.at/oberoesterreich/steyr/art68,619357 [Mittwoch, 11. Mai 2011]

Wenn ich im Vergleich dazu jedoch sehe, wie bei uns das noch weniger akzeptable Ergebnis des Runden Tisches zur Abwehr fälliger Ansprüche genommen wird, dann weiß ich die Nachhaltigkeit der Machenschaften dieses Runden Tisches und seiner Interessenvertreter von Staat und Kirchen richtig einzuschätzen. Ein Blick über die Landesgrenzen in die USA, nach Irland oder immerhin nach Österreich hätte unsere Justizministerin davon überzeugen können, daß etwas faul ist im Staate Deutschland. Offenbar ohne die massive und gut begründete Kritik an den Ergebnissen des Runden Tisches wahrgenommen zu haben, läßt sie in ihrem Namen unverhohlen schreiben:

Der Abschlussbericht macht deutlich, dass die Heimerziehung ein System mit viel Unrecht, aber kein Unrechtssystem war und leitet daraus Empfehlungen und Vorschläge ab, die dem Anliegen des Runden Tisches gerecht werden und die den Weg für einen angemessenen Umgang mit dem Leid der ehemaligen Heimkinder aufweisen.

http://www.readers-edition.de/2011/05/11/leuthaeuser-schnarrenberger-heimzoeglinge-kei n-unrechtssystem/ [Stand: Mittwoch, 11. Mai 2011]

Hätte sie doch, wie der ehemalige Minister  zu Guttenberg, wenigstens in viele Quellen geschaut, dann wären ihr die exzellenten Analysen von Prof. Kappeler nicht verborgen geblieben. Sie hätte ihn getrost plagiieren sollen. So aber begnügt sie sich damit, die Definitionsmacht einer interessengelenkten lockeren Gesprächsrunde namens Runder Tisch unbesehen zu akzeptieren. Das ist ja noch erbärmlicher als eine zusammengeklaute Doktorarbeit. 

Dierk Schaefers Blog

Jetzt wissen wir, wer schuld ist: allein der böse Staat

Veröffentlicht in heimkinder, Kirche von dierkschaefer am 10. Mai 2011

»Spätestens seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts stand die Erziehungsarbeit in christlichen Einrichtungen unter dem Einfluss des Staates. Die Teilverstaatlichung hatte „einen schleichenden Wandel des Erziehungskonzepts und der Erziehungspraxis zur Folge“« schreiben die Buch-Autoren. Auch in Freistatt wird das Grunddilemma der evangelischen Erziehungsarbeit zwischen „freiem christlichen Liebeswerk und staatlicher Zwangserziehung“ deutlich.«

Der böse Staat pervertierte ein »freies christlichen Liebeswerk«. Ohne den übernommenen Dienst der staatlichen Zwangserziehung wären Bethel und Freistatt  eine friedliche Stätte christlicher Nächstenliebe und frei von Gewalt geblieben. Auf staatlichen Einfluß hin kam es zu »einem System…, das häufig von Gewalt, Einschüchterung und Angst geprägt war.«

Nachdem aber nun feststeht, wer der Beelzebub ist, wird Bethel ganz sicher den Staat verklagen. Einmal, weil er unschuldige Erzieherseelen zum Bösen verführt hat, zum andern wird Bethel hohe Entschädigungssummen einklagen, die an die ehemaligen Moorsoldaten und andere Bethelopfer mit dem demütigen Ausdruck  tiefster Zerknischung (contritio) weitergereicht werden.

Der Bethel-Service schreibt: „Zum ehrlichen Umgang mit unserer Geschichte gehört auch der selbstkritische Blick auf schwierige Zeiten und Schuldverstrickung“.

Dieses Ausmaß an Selbstkritik stützt sich auf eine Untersuchung, die »von Prof. Dr. Matthias Benad von der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel sowie den Betheler Historikern Dr. Hans-Walter Schmuhl und Kerstin Stockhecke herausgegeben [wurde]. Es erscheint in Kooperation des Bethel-Verlags und des Verlags für Regionalgeschichte.«

Wo soviel Bethel draufsteht, steckt auch sehr viel Bethel drin.

Martin Mitchell/Australien hat auf die verschiedenen Rezensionen dieser Auftragsforschung hingewiesen. Die aus Bethel ist geradezu vorbildlich für die Reinwaschung einer Erziehungshölle.

http://www.bethel.de/service/bethel-verlag/wie-lebendig-begraben.html [Stand: Dienstag, 10. Mai 2011]

Mitchell nennt auch noch weitere Rezensionen, so.http://www.socialnet.de/rezensionen/8766.php

Die anderen Rezensionen muß man gar nicht erst lesen. Sie stammen vom Blog von Helmut Jacob. Und der ist im Gegensatz zum Bethel-Service ja so was von befangen.

Wer sich aber nicht scheut, sein Bild vom christlichen Liebeswerk Bethel erschüttern zu lassen, der mag halt nachschauen unter:

http://helmutjacob.over-blog.de/pages/Buchempfehlung_Endstation_Freistatt-1328320.html

http://www.gewalt-im-jhh.de/hp2/Freistatt_Kappeler.pdf

_______________________________________________________

@ pr.information@bethel.de

Sehr geehrte Damen und Herren,                     Dienstag, 10. Mai 2011

Ihrer Aufmerksamkeit sei mein neuester Artikel im Blog empfohlen:

http://dierkschaefer.wordpress.com/2011/05/10/jetzt-wissen-wir-wer-schuld-ist-allein-der-bose-staat/

Mit freundlichem Gruß

Dierk Schäfer

7 Kommentare 

Dierk Schaefers Blog
»Was kostet ein verpfuschtes Leben?«
Veröffentlicht in heimkinder, Kirche von dierkschaefer am 17. Mai 2011

»Ich nehme die Entschuldigung nicht an«, schreibt Helmut Jacob an Kuratorium, Aufsichtsrat und Vorstand der Evangelischen Stiftung Volmarstein. Er zählt – vermutlich auf Durchzug gestellten Ohren – noch einmal die Verbrechen und Vergehen auf, die Volmarstein damals zu einem „Herzen der Finsternis“ gemacht haben, wie es die Autoren des vorzüglich fundierten Berichts über die Heimverhältnisse genannt haben.

Im Unterschied zu Bethel hatte Volmarstein einen wirklich unabhängigen Bericht ermöglicht. Das ist dieser Stiftung hoch anzurechnen.

Doch wer so die Lippen spitzt, muß auch pfeifen, also bei den Entschädigungsbemühungen vorne dran sein. Das heißt nicht, daß die Stiftung hätte Konkurs anmelden sollen. Aber sie hätte neben erheblichen Eigenmitteln und Organisationstalent auch den Mut und die Durchsetzungskraft aufwenden müssen, um das Diakonische Werk (das eigene, wie das der EKD) zu Entschädigungen zu drängen, die Leid und Schuld erkennbar ernstnehmen. Die Freie Arbeitsgruppe der Betroffenen hatte nachvollziehbare Vorschläge unterbreitet, wie angesichts der speziellen Lage und Zukunft der behinderten ehemaligen Heimbewohner geholfen werden könne.

Aber Volmarstein wollte oder konnte nicht pfeifen – und nun hat Helmut Jacob der Stiftung eins gepfiffen.

Hier sein Brief:
Stellungnahme Jacob zur Opferrentenabsage
http://
dierkschaefer.wordpress.com/2011/05/17/%C2%BBwas-kostet-ein-verpfuschtes-leb en%C2%AB/
 

Dierk Schaefers Blog

An eine hochgestellte Persönlichkeit im kirchlichen Amt

Veröffentlicht in heimkinder, Kirche, Theologie von dierkschaefer am 19. Mai 2011

Sehr geehrter Herr …

… Sie erwähnen die Mißbrauchsfälle und gehen mit einigen Sätzen auf die Reformpädagogik ein, während Sie über die Vorfälle „bei uns … in einigen Pfarreien“ „schuldbewußt schweigen“.

Ihre unterschiedliche Behandlung der „Schuldigen“ hat mich befremdet, ebenso wie mich der Umgang von Kirche und Diakonie mit den ehemaligen Heimkindern bestürzt. Ich will dabei gar nicht auf das Thema des beschämenden Hickhacks um die Entschädigungen eingehen.

Was mich eher sprachlos macht, ist das grundsätzliche Schweigen von Theologie und Kirche. Wer sich als Christ versteht und ein Kind mißbraucht, kann dies nur mit schlechtem oder mit gespaltenem Gewissen tun, jedenfalls nicht im Namen Christi. Dieses Verbrechen hat keine theologische Bedeutung, sondern gehört in die Kategorie der Sünde.

Doch was vielen ehemaligen Heimkindern in kirchlich geführten Heimen im Namen  des Herrn  widerfuhr, geschah (zumeist) guten Gewissens.

Ich habe vor einiger Zeit im Deutschen Pfarrerblatt darüber berichtet. Die Resonanz: ein Anruf, ein Mail, aber keine theologische Diskussion, weder im Pfarrerblatt, noch – soweit ich weiß – anderswo. Dafür diskutiert man engagiert und reflektiert theologisch, ob z.B. Homosexuelle Pfarrer sein dürfen – und andere packende Themen mehr.

Die Pädagogik hat längst ihre Hausaufgaben gemacht, aber die Pädagogik in kirchlichen Heimen hatte ein surplus, dessen Bearbeitung noch aussteht. Ich würde mich freuen, wenn Sie dazu nicht schweigen.

Mit freundlichem Gruß

Dierk Schäfer

[PS: Ich wollte keine öffentliche Auseinandersetzung mit Ihnen persönlich. Damit die Debatte über Theologie-Kirche-Heimerziehung jedoch öffentlich geführt werden kann, werde ich diesen Brief anonymisiert in meinem Blog veröffentlichen.] 

»Frühere Heimkinder haben schon viel zu lange auf eine konkrete Lösung gewartet«,

Veröffentlicht in heimkinder, Kirche von dierkschaefer am 25. Mai 2011

… sagte der Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz, Johannes Stücker-Brüning.

Schnell!!!, bevor es teurer wird!!!!

http://www.rundschau-online.de/html/artikel/1305884908368.shtml

Ich rate dringend davon ab, Erklärungen über den Verzicht auf weitere Forderungen zu unterschreiben. Seid nüchtern und wacht; denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge. 1. Petrusbrief, 5;8.

„… ein anders Mal von einem Schüler.“

Veröffentlicht in Uncategorized von dierkschaefer am 25. Mai 2011

„Zu diesem Zeitpunkt wurde ich bereits zweimal sexuell missbraucht, das erste Mal von dem halbwüchsigen Sohn eines Heim-Mitarbeiters, ein anders Mal von einem Schüler.“

http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2772946

Mir liegt die Aussage über einen Bericht aus einem heutigem Heim vor (nicht der Bericht selbst!), in dem die Meinung vertreten werde, sexuelle Übergriffe unter Heiminsassen seien normal und man könne/müsse nicht eingreifen.

»Keiner konnte sich vorstellen, dass eine Klosterfrau so sein kann«.

Veröffentlicht in heimkinder, Kirche von dierkschaefer am 25. Mai 2011

»Ich, Schwester Johanna, möchte mich bei den Kindern entschuldigen, die ich psychisch und physisch gequält habe. Es tut mir, alten Frau, lei«d

»Die Brüder wollen keine finanzielle Entschädigung von der Kirche. „Das kann das Leid nicht ungeschehen machen.“ Viele Kinder im Heim hätten so wie sie im Leben keine Chance gehabt. An die Öffentlichkeit gehen sie nun, weil es für sie „eine Art Therapie ist. Auch für andere – wir wissen, dass viele unser Schicksal teilen, sich aber nicht getrauen, offen darüber zu sprechen.“«

Das Interview mit der „Schwester“ klingt anders.

http://www.kleinezeitung.at/kaernten/villachland/treffen/2750557/missbrauch-skandal-um-orde nsschwester.story

Wem geht es um was?

Veröffentlicht in heimkinder, Politik von dierkschaefer am 26. Mai 2011

»In den telefonischen Gesprächen mit Betroffenen ist auch gesagt worden, dass das Erlebte finanziell nicht wieder gut zu machen ist.  Es geht den Betroffenen vor allem darum, dass das Unrecht, das ihnen angetan wurde, endlich wahrgenommen wird«.

http://www.ms.niedersachsen.de/live/live.php?navigation_id=5048&article_id=14021&_psmand=17 [Stand: Donnerstag, 26. Mai 2011]

1. Es ist unbestreitbar, „dass das Unrecht endlich wahrgenommen“ werden muß.

Doch: Dieses Ziel ist erreicht. Das Unrecht ist weiträumig wahrgenommen und weithin sogar zugegeben worden, wenn man sich auch erfolgreich dagegen gewehrt hat, Begriffe wie „Zwangsarbeit“ oder „systematisches Unrecht“ zu verwenden. Ich merke jedoch bei vielen Gesprächspartnern, daß sie allenfalls Schlagzeilen zur Kenntnis genommen haben, oft nicht einmal diese. Wer allerdings bis heute taub ist für das Unrecht, wird es wohl auch in Zukunft nicht mehr wahrnehmen (wollen).

2. Es ist unbestreitbar, „dass das Erlebte finanziell nicht wieder gut zu machen ist.“

Doch: Wer daraus den Schluß zieht, eine finanzielle Entschädigung sei weit nachrangig, muß auch sagen, ob er auf eigene Ansprüche verzichtet bzw. wer auf eigene Ansprüche verzichten will. Hier wird offensichtlich die Mehrheit der ehemaligen Heimkinder für die Nachrangigkeit finanzieller Entschädigungen in Anspruch genommen, ohne dies zahlenmäßig zu belegen. Wahrscheinlich hat man weder sauber recherchiert, noch wenigsten dilettantisch bei den Telefongesprächen nachgefragt und eine Strichliste angelegt.

Die Legende von den Vertretern der Heimkinder am Runden Tisch

Veröffentlicht in heimkinder, Politik von dierkschaefer am 26. Mai 2011

Auch die Dokumentation der Landeshauptstadt Hannover geht unkritisch davon aus, daß dem Runden Tisch „VertreterInnen von Betroffenen“ angehört haben; er nennt sie an erster Stelle.

Doch es waren keine Vertreter, sondern Einzelpersonen mit Heimschicksal, also bestenfalls „Prototypen“ für erlittenes Unrecht in den Heimen. Der Befund des Zwischenberichts wird dargestellt, nicht aber die fachlich fundierte Kritik an diesem Bericht von Prof. Kappeler erwähnt. Er wird in anderem Zusammenhang einmal zitiert.

Auch in dieser Dokumentation zeigt sich die unheilvolle Rolle des Runden Tisches: Er hat die Deutungshoheit über die teils verbrecherischen Vorkommnisse in den Heimen und über seine vorgeschlagene Minimallösung wird niemand hinausgehen (eher drunter bleiben), weil die Deutungshoheit  nicht problematisiert wird.

Die Legende von den Vertretern der Heimkinder am Runden Tisch, die dem Abschlußbericht stellvertretend für die (meisten) anderen Heimkinder zugestimmt haben,  ist eine Bequemlichkeit der Unwissenden und eine Lüge der Wissenden.

http://dyn2.hannover.de/data/download/lhh/ges_soz/doku_heimerziehung.pdf

Dierk Schaefer: Die Diakonie hat reagiert
Veröffentlicht in heimkinder, Kirche von dierkschaefer am 28. Mai 2011

Der Sprecher der Diakoniestiftung Salem, Diakon Ulrich Strothmann, hat auf den Brief eines ehemaligen Heimkindes geantwortet. In Anlehnung der in Irland und  Österreich in ähnlich gelagerten Fälle waren 27.000 Euro als Entschädigung gefordert worden, nicht ohne ausdrücklich die Gelegenheit zu geben, sich zu den Anschuldigungen zu äußern. Allerdings hätte sich der Schreiber besser an der Höhe des Schmerzensgeldes für die kleine Prinzessin von Monaco orientieren sollen, wenn auch das Kind wohl kaum durch ein veröffentlichtes Photo langwirkend geschädigt wurde.
Die Forderung war also nicht zu hoch gegriffen.

Und die Antwort?
»… teilen wir Ihnen mit, dass wir für diese Anfragen nicht zuständig sind. Wir haben als Träger das Budget des Runden Tisches mitfinanziert, von daher sind die von Ihnen erhobenen Ansprüche nur an diese [!] Stelle geltend zu machen. Bitte wenden Sie sich an … «
… und dann folgt die Adresse.

Grüßen tut er aber auch noch freundlich, der Herr Strothmann.

Da kann man nur zynisch sagen, daß dieser Brief auf einen Menschen trifft, der schon abgehärtet sein muß. Denn solch schnöde Behandlung kennen die ehemaligen Heimkinder genau aus der Einrichtung, dessen Budget die Diakoniestiftung Salem angeblich mitfinanziert hat und meint, sich damit freigekauft zu haben.

Sicher, er hätte auch noch etwas Freundliches labern können, Betroffenheitsgestammel hat Helmut Jacob so etwas genannt.

Wie lautet das Motto dieser Einrichtung? Diakoniestiftung Salem verbindet Menschen. In diesem Fall wurde ein Mensch durch Adressenweitergabe mit dem Runden Tisch verbunden. Hat jemand Zweifel daran, daß dort Menschen sitzen – oder gesessen haben?

Diakon bedeutet: Diener, Helfer. Na ja,Minister hat ursprünglich ja auch nichts anderes bedeutet: Diener. Erhalten hat sich diese Bedeutung nur noch beim Ministranten. Und wozu manche dienen mußten, wissen wir ja inzwischen auch.

http://dierkschaefer.wordpress.com/2011/05/28/die-diakonie-hat-reagiert/ 

Dierk Schaefer: »Als es um die Hilfe und die Anerkennungsleistung ging, war die Reaktion kühl«.
Veröffentlicht in Kirche von dierkschaefer am 27. Mai 2011

» Wie blicken Sie heute auf den Orden?
Die Jesuiten galten ja immer als eine Elite unter den Kirchenleuten. Das sehe ich nun komplett anders. Die Jesuiten agieren nicht anders als eine andere Organisation, die in einer Krise versucht, für sich selbst das Beste draus zu machen − und möglichst sogar noch mit einem Imagegewinn aus der Krise hervorzugehen «.

http://www.fr-online.de/politik/spezials/missbrauch/-arrogant-und-kaltschnaeuzig-/-/1477336/713056 6/-/index.html Freitag, 27. Mai 2011

Dierk Schaefers Blog
Die Bordellisierung mißbrauchter Kinder
Veröffentlicht in heimkinder, Politik von dierkschaefer am 27. Mai 2011

Helmut Jacob hat den Link mit Dank an Peter Henselder weitergegeben: http://www.youtube.com/user/akradio1#p/a/u/0/crUKrQ9a2LU

Da war der zweite Runde Tisch angetreten,  um die Mißbrauchsfälle aufzuarbeiten. Nun liegt sein Bericht vor – und dazu der kurze Mitschnitt von der Präsentation der Entschädigungssummen. Gefragt wurde nach den vor Gericht zu erzielenden Schmerzensgeldern.

Diese liegen teilweise nun zwar deutlich über den jesuitischen Vorschlägen, – wenn man oft genug penetriert worden ist. Mich hat es gegraust, als ich den Mitschnitt sah:

Eine sichtlich fahrige und eher unbeteiligte (ehemalige) Ministerin (Bergmann) muß sich die Ergebnisse zurufen lassen, während sie suchend in den Papieren kramt. „Haben Sie die Schmerzensgeldtabelle dabei? Da gibt’s ein breites Spektrum. Das beginnt, was weiß ich …, haben Sie’s im Kopf?, bei dreitausend Euro und bis fünfzigtausend“ – weiter, nach Information aus dem Off – „bei fünfzehnhundert bei den einfachen Fällen …  und geht bis, ich geh jetzt mal an die höchsten, fünfzigtausend Euro, sechsmalige Vergewaltigung an einem neunjährigen Jungen“.

Da gibt es offensichtlich eine regelrechte Preisliste, geordnet nach Art und Häufigkeit der erzwungenen sexuellen Dienstleistungen. So stelle ich mir ein ordentliches Bordell vor. Da wird nicht lange gekobert, sondern alles hat seinen regulären Fixpreis. Was dort o.k. sein mag, gerät hier zur Farce: zum Mißbrauch mit dem Mißbrauch. Das Leid der Opfer wird bemessen nach Strichliste. Das ist so einfach wie unsensibel und macht die Opfer nachträglich zu Strichjungen.

Wenn der Runde Tisch das Ziel gehabt haben sollte, neben der Aufklärungsfunktion die Würde der Opfer zu achten, dann sind die Bemühungen um dieses Ziel im wahrsten Sinn des Wortes verpufft.

Eine Pauschalierung in der Höhe zwischen beschämender Geringfügigkeit und verschämter finanzieller Überwältigung wäre angemessen gewesen.

Das zumindest haben die Jesuiten im Prinzip besser verstanden. Hätten sie neben dem Schmerzensgeld fallweise zusätzlich den Faktor Entschädigung  eingebaut und als Hinweis für den angerichteten Schaden den Therapiebedarf und die soziale Bedürftigkeit genommen, dann hätte man von einer tragfähigen Lösung in einer unerträglichen Sache sprechen können.

Eine solche Lösung wäre auch für die ehemaligen Heimkinder denkbar gewesen, die nun aber, soweit auch mißbraucht, immerhin zweimal bedacht werden – zumindest theoretisch.

 

Dierk Schäfer - Perverser geht’s nicht
Veröffentlicht in heimkinder, Kirche von dierkschaefer am 28. Mai 2011

Hier versteckt sich ein Heim hinter seinen Opfern:
»… fachlich sei es problematisch, ehemalige Heimkinder unaufgefordert mit ihrer Vergangenheit und damit mit möglichen Traumatisierungen zu konfrontieren. Sehr viele verschwiegen ihren Ehepartnern und Kindern ihre Zeit im Heim. Sie sollten selbst entscheiden, ob sie Kontakt zu anderen Heimkindern oder direkt zur Bergischen Diakonie aufnehmen wollten.«

Dem Heim sind also leider die Hände gebunden. Diese Rücksichtnahme rührt so richtig zu Tränen.
Doch bei den bekannten Opfern sind es Tränen der Wut.

Für diese gilt zudem:
»Zur Entschädigungsfrage sagte Sabine Kall, dass die Diakonie keinen Alleingang machen wolle: „Wir zahlen in den bundesdeutschen Fonds ein. Wie die anderen auch.“«
http://www.rundschau-online.de/html/artikel/1296684509351.shtml Samstag, 28. Mai 2011

Doch die Diakonie Aprath verhält sich  ja nicht zum ersten Mal so, wie man es sich als Christenmensch nicht vorstellen mag. 

Dierk Schöfer

»Ich bitte Sie um Verständnis für unsere Situation«

Veröffentlicht in heimkinder, Kirche von dierkschaefer am 8. Juni 2011

»Ich bitte Sie um Verständnis für unsere Situation«

schreibt nach dieser Zeitungsmeldung das erzbischöfliche Ordinariat Freiburg.

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2011-06/kirche-missbrauchsopfer-datenschutz/komp lettansicht Mittwoch, 8. Juni 2011

Verstehen kann ich die prekäre Situation durchaus, doch das Verständnis dafür geht mir ab. Es wäre eher höchste Zeit, daß endlich Verständnis für die Opfer aufkommt, ein Verständnis, das auch Entschädigungen und Schmerzensgelder einschließt.

Im vorliegenden Fall hatte das erzbischöfliche Ordinariat offensichtlich nur für sich selbst Verständnis, indem es die Kostenrechnung mit Adresse an den Täter weiterreichte. Denn diese Organisation ist grundsätzlich unschuldig, und sollte jemand, der ihr zugerechnet wird (von ihr geweiht, beschäftigt und bezahlt wurde) schuldig geworden sein, dann ist er es. Die Organisation wäscht ihre Hände in Unschuld und beweist ihre Unschuld dadurch, daß sie die Zahlung sozusagen nur stellvertretend übernimmt. Dieser Beweis erfolgte nicht freiwillig, sondern im Hintergrund, bis der Täter die Angelegenheit aufdeckte, sei es durch Unsensibilität, sei er von schlechtem Gewissen getrieben oder nur durch Zahlungsunfähigkeit.

Das Ehrenvollste wäre noch das schlechte Gewissen, das seiner Organisation wohl abgeht, obwohl in ihrer Lehre das Jüngste Gericht eine bedeutende Rolle spielt. – Nur: sie glaubt selber nicht daran. Ihre unbußfertige Haltung gegenüber mißhandelten Kindern (Heimkinder) belegt das ebenso wie Vertuschung von Mißbrauch und ihr Umgang mit den Opfern. So hat sie sich selber das Urteil gesprochen.

Die Datenschutzverletzung kann eigentlich nur begrüßt werden, denn sie ist eine „Offenbarung“. 

Dierk Schaefers Blog

Statisten gesucht? fragt Helmut Jacob in seinem Blog.

Veröffentlicht in heimkinder, Kirche von dierkschaefer am 21. August 2011

http://helmutjacob.over-blog.de/ [Sonntag, 21. August 2011]

 Es geht um die Einladung der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) durch den Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider und den Diakoniepräsidenten Johannes Stockmeier. Sie haben das »Anliegen, gegenüber den ehemaligen Heimkindern um Verzeihung zu bitten«. Das soll am 11. September um 15 Uhr in der Friedrichstadtkirche, Gendarmenmarkt, in Berlin geschehen.

Nachdem den ehemaligen Heimkindern bereits am Runden Tisch weitgehend die Rolle von Statisten zugewiesen wurde, wäre es schade, wenn sie diese Rolle weiterspielen.

Es gibt zwei Alternativen:

1. Nicht hingehen und

2. qualifiziert teilnehmen. Die Prügelnonne mitzunehmen, wäre aus zweierlei Gründen falsch. Die ist zum einen katholisch und zum andern symbolisiert sie, was alle ohnehin wissen. Hier geht es nicht um das vergangene, sondern um das aktuelle Unrecht der Entschädigungskarikatur.

Wer die Entschuldigung qualifiziert ablehnen will, kann ganz zivilisiert mit Flugblättern und Transparenten deutlich machen, wie die ehemaligen Heimkinder durch den Runden Tisch und die Rolle der staatlichen und kirchlichen Vertreter zum zweiten Mal in ihren Lebensmöglichkeiten schändlich beeinträchtigt wurden. Wer das tut, muß damit rechnen, wegen Störung einer kirchlichen Veranstaltung nach draußen verwiesen zu werden. Besser ist es, man bleibt gleich vor der Kirche stehen.

Das macht nichts, denn es müssen sich ja nicht alle vorzeitig outen. Einige müssen sich gedulden und an der Veranstaltung teilnehmen. Da die einladenden Herren wissen, daß sie sich nicht selber ent-schuldigen können, brauchen sie ein JA! Mein Votum: Geht hin und sagt unüberhörbar NEIN!

 

Dierk Schaefers Blog

Mich erreichte ein Mail…

Veröffentlicht in heimkinder, Politik von dierkschaefer am 24. August 2011

… in dem Dr. Obst vom BMFSFJ angeboten wird, eine erste bundesweite Arbeitstagung der ehemaligen Heimkinder am 9. – 11.9.2011 in Berlin für ca. 15 – 20 Personen zu organisieren, an der möglichst alle an der aktiven Mitarbeit interessierte ehemalige Heimkinder – soweit vom Organisator vorgeschlagen eingeladen werden (neben den Vertretern vom ehemaligen RTH, den anderen Vertretern vom Göttinger Kreis z.B. auch Vertreter der ehemaligen Heimkinder mit Behinderungen sowie aus Heimen der ehemaligen DDR). Zentrales Thema dieser Arbeitstagung soll die Beteiligung ehemaliger Heimkinder am Umsetzungsprozess der Fonds sowie insbesondere die Mandatierung der Interessenvertreter der ehemaligen Heimkinder sein.
Erwartet wird ein verbindlicher Vorschlag und eine Entscheidung als Grundlage für die Mandatierung von wahrscheinlich 3 – 5 ehemaligen Heimkindern.

Das Vorstehende ist weitgehend Zitat.

Was zu tun ist, wenn man vorgeschlagen wird, müssen die Vorgeschlagenen selber entscheiden.

Bedenken sollten sie, daß sie sich wieder in eine schiefe Machtkonstellation hineinbegeben werden.

Das heißt, sie sollten vorab Bedingungen stellen. So zum Beispiel, daß ihnen ein Beratungsbudget vorab zur Verfügung gestellt wird und sie die Möglichkeit eingeräumt bekommen, sich einen Tag vor der Sitzung miteinander abstimmen und einen Rechtsbeistand eigener Wahl für ihre Beratung hinzuziehen können, daß sie die Sitzung für eigene Absprachen unterbrechen können und daß keine Entscheidungen und kein Papier direkt auf der Sitzung verabschiedet werden.

Zu bedenken ist auch, daß die (geringen) Leistungen an die ehemaligen Heimkinder aus dem Etat des BMFSFJ finanziert werden müssen. Dort hat man sicherlich schon längst andere Projekte in der Pipeline. Man wird also nicht sonderlich erfreut sein über zusätzliche Belastungen, für die man sich keinen politischen Gewinn verspricht.

Wäre ich ein eingeladenes ehemaliges Heimkind würde ich teilnehmen, gerade weil ich der bisherigen Besetzung des Runden Tisches gründlich mißtraue. Wer nicht hingeht, muß auch hinterher den Mund halten.

 

Dierk Schaefers Blog

Die Ruhr-Universität legte einen »ersten Gesamtüberblick« einer »Pionierarbeit« vor:

 Veröffentlicht in heimkinder, Kirche, Pädagogik, Politik, Theologie von dierkschaefer am 22. Oktober 2011

»Konfessionelle Heimerziehung erforscht«

Jetzt wissen wir zwar nicht alles, denn »weitere Aufarbeitung tut Not«. Doch es lohnt sich, einen kritischen Blick auf die Zusammenfassung der Studie zu werfen.

Der Begriff Pionierarbeit ist dem Marketing-Konzept der Universität geschuldet. Pionierarbeiten sind die bereits vorliegenden Berichte über einzelne Heime, denen diese Forschungsarbeit – soweit bisher erkennbar – nichts Neues hinzufügt. Selbst der Runde Tisch hat Vergleichbares erarbeitet.

Was ist interessant am Bericht?

Er widmet den weltanschaulichen, religiösen und konfessionellen Aspekten besondere Aufmerksamkeit und erklärt ansatzweise, wie die pädagogischen Vorstellungen der Organisationen und einzelner Erzieher durch diesen Hintergrund geprägt waren. Aber eine ernsthafte auch theologisch reflektierte Auseinandersetzung ist der Langfassung der Zusammenfassung der Studie nicht zu entnehmen. Es war halt so, daß »katholischerseits die klösterliche Prägung des Ordenspersonals eine wichtige Rolle« spielte und es »bei seinen Erziehungsbemühungen sowohl das eigene als auch das Seelenheil der ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen im Blick haben sollte« und nicht wenige »Erzieher … das vermeintlich „Böse“ der Minderjährigen hervorhoben und zu „bekämpfen“ versuchten«. Und daß »in der evangelischen Heimerziehung in den 1950er Jahren das „Spannungsfeld von Strenge und Vergebung“ als kennzeichnend galt«. »Nicht selten wurde eine Drohkulisse durch einen alles sehenden und strafenden Gott aufgebaut, erhielten Aspekte wie Sünde, Schuld und Sühne wichtige Bedeutung – so galten uneheliche Kinder in den Augen mancher Erzieher als „Kinder der Sünde“«.

Doch die Studie belegt auch die»Verbindung zwischen den zuständigen staatlichen Stellen und den konfessionellen Trägern und ihren Fachverbänden …. Beide Seiten profitierten von diesem Arrangement, indem einerseits Einrichtungen mit der notwendigen Platzzahl und vergleichsweise kostengünstigen Heimplätzen vorhanden waren, andererseits die kirchlichen Einrichtungen relativ unabhängig agieren konnten«. Das auch anderswo konstatierte Streben der kirchlichen Einrichtungen nach Unabhängigkeit hätte sicher eine genauere Betrachtung und Bewertung verdient. Denn, wer unabhängig agieren will, ist für sein Tun auch ganz unabhängig und allein verantwortlich!

Soweit wollten die Verfasser offensichtlich nicht gehen. Jedenfalls: Trotz der Nennung der Mißstände relativieren sie in sattsam bekannter Weise: Der Personalmangel, die mangelhafte Qualifizierung des Personals, der Finanzmangel und die Konkurrenzverhältnisse unter den Heimen, die beengten Verhältnisse, »die überlieferten Gehorsamsvorstellungen und zu vermittelnden Tugenden wie Ordnung, Sauberkeit, Reinheit und sexuelle Enthaltsamkeit«.

Immerhin: »Insgesamt zeigt sich, dass äußere Bedingungen, die herrschenden Erziehungsstile sowie immer wieder auch das persönliche Verhalten von einzelnen Mitarbeitenden zu traumatisierenden ErfahrungenvielerHeimkinder beigetragen haben, an denen sie bis heute leiden. Auf der anderen Seite blickeneinzelneHeimkinder dankbar auf die Unterstützung in verschiedenen Einrichtungen und speziell aufeinzelnehoch engagierte Mitarbeitende zurück, durch deren Hilfen ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung überhaupt erst eröffnet worden ist«. [Alle Hervorhebungen: Dierk Schäfer]. Doch diese versteckte Quantifizierung wird sofort wieder umgekehrt, wenn es heißt: »Es hat in kirchlichen Heimen ein überdurchschnittliches Maß an Engagement der Mitarbeitenden wieauch Fälleeklatanten Versagens und großer individueller Schuld gegeben«.

Fast mutig scheint der Satz: »Unabhängig davon besteht eine kirchliche Gesamtverantwortung für ihre diakonischen und caritativen Einrichtungen: Die Leitungen der jeweiligen Heime wie auch die kirchlichen Aufsichtsorgane haben die oft problematischen Zustände gekannt oder hätten sie zumindest genau kennen können. Sie drängten zu wenig auf allgemeine Verbesserungen der Heimerziehung, agierten zugleich gegenüber den staatlichen Aufsichtsgremien vielfach abweisend oder zumindest sehr zurückhaltend. Diese Praxis lässt sich zwar nicht unbedingt als aktives Fehlverhalten kennzeichnen, dürfte aber doch durch passives Zulassen problematischer Umstände oftmals traumatisierende Erlebnisse vieler Heimkinder zumindest mit bedingt haben«.

Doch weiter heißt es:»Allerdings wäre es ein Fehlschluss, die Gesamtverantwortung für viele Missstände in der Heimerziehung ausschließlich bei den kirchlichen Leitungsebenen zu sehen. Die Komplexität der damaligen Verhältnisse beruhte eben auch auf dem Umstand, dass niemals nur kirchliche Träger oder nur staatliche Instanzen allein für das Wohl der Kinder und Jugendlichen verantwortlich waren, sondern immer beide – was sich aber paradoxer Weise oft nicht zu deren Vorteil auswirkte*. Auch kirchliche Träger haben durchweg nur das damals geltende Jugendrecht, richterliche Entscheidungen und Entscheidungen der Jugendbehörden umgesetzt und in ihrem Bereich versucht, auf dieser Rechtsgrundlage eine Erziehung und Entwicklung der Kinder und Jugendlichen zu ermöglichen«.

Der Eiertanz wird fortgesetzt: »Dabei haben sie jedoch vielfach äußerst problematische Bedingungen akzeptiert und auch in ihren Einrichtungen in der Regel zu wenig für eine angemessene Förderung der anvertrauten Schutzbefohlenen unternommen«.

Richtig! Aber: »Die politische Letztverantwortung für die Missstände der Heimerziehung lag allerdings immer bei den politischen Entscheidungsträgern jener Zeit in den jeweiligen Bundesländern. Dafür spricht auch, dass auf Grund der Ergebnisse der Forschungsarbeiten – mit Ausnahme der religiösen Erziehung – keine signifikanten Unterschiede zwischen kirchlichen Heimen, Heimen in der Trägerschaft anderer Wohlfahrtsverbände oder öffentlichen Heimen aufgewiesen werden konnten. Insofern spiegeln die kirchlichen Heime weithin das Maß der seinerzeit geltenden Normalität wider …«, (nächster Schritt im Eiertanz):» … was allerdings den kirchlichen Selbstanspruch deutlich unterschreitet«.

Die Verfasser hatten entweder zwei Seelen in ihrer Brust – oder aber einen geheimen Mitautor.

Zentral ist für mich ein Befund der Autoren: »Wie in den Interviews zum Ausdruck kam, spielte für das eigene Erleben des Heimalltags außerdem die Fähigkeit der Mädchen und Jungen eine große Rolle, sich den gegebenen Verhältnissen anpassen zu können«. Genau das haben die kirchlichen Heimträger gekonnt. Sie haben sich den gegebenen Verhältnissen angepaßt und für sich das Beste daraus gemacht, das Beste zu ihrem Seelenheil und auch nicht zuletzt dem finanziellen. Sie setzten damit fort, was die Kirchen weitestgehend auch im Dritten Reich praktizierten: Kein Widerstand, sondern sich anpassen. Ihr seid das Salz der Erde! Pustekuchen:Wir wären gut, anstatt so roh, doch die Verhältnisse, die sind nicht so. Widerstand im Einsatz für Bedrängte und Schutzbefohlene kam fast nur von Einzelnen, die dann als Märtyrer ihres Glaubens so hoch gehoben werden, daß man bequem drunter durchschlüpfen kann.

Die Pionierarbeit? Nichts wirklich Neues – und immer noch nichts, was die Kirchen wirklich zur tieferen Erkenntnis ihres Versagens nötigen könnte.

* »Die Komplexität der damaligen Verhältnisse beruhte eben auch auf dem Umstand, dass niemals nur kirchliche Träger oder nur staatliche Instanzen allein für das Wohl der Kinder und Jugendlichen verantwortlich waren, sondern immer beide –was sich aber paradoxer Weise oft nicht zu deren Vorteil auswirkte«.

Dieser Satz verdient einen zusätzlichen Kommentar: Das ist alles andere als paradox. Wir wissen doch: Viele Köche verderben den Brei. (Außerdem naschen sie alle, bis fast nichts mehr für die Gäste übrig bleibt.) In Kinder- und Jugendlichen-Angelegenheiten ist es leider noch heute so. Ich kenne keinen anderen Politikbereich, in dem die Zuständigkeiten und administrativen Regelungen dermaßen verteilt und unterschiedlich sind, daß die Verantwortlichkeit von Ämtern und Einzelpersonen gerichtsfest wäre, – von spektakulären Einzelfällen einmal abgesehen.

 

Dierk Schaefers Blog

Der Stellvertreter und sein Einzug in Freiburg – Jesu Einzug in Jerusalem war nichts dagegen

Veröffentlicht in Kirche von dierkschaefer am 28. September 2011

 http://www.youtube.com/watch?v=5W9jo0rz8Ko&feature=related Mittwoch, 28. September 2011

Lukas – Kapitel 19, 36-38

Jesu Einzug in Jerusalem

Da er nun hinzog, breiteten sie ihre Kleider auf den Weg. Und da er nahe hinzukam und zog den Ölberg herab, fing an der ganze Haufe seiner Jünger, fröhlich Gott zu loben mit lauter Stimme über alle Taten, die sie gesehen hatten,  und sprachen: Gelobt sei, der da kommt, ein König, in dem Namen des HERRN! Friede sei im Himmel und Ehre in der Höhe!

Dierk Schaefers Blog

Nachlese zum Papstbesuch

Veröffentlicht in Kirche, Politik von dierkschaefer am 27. September 2011

Alle Zitate aus der heutigen Ausgabe der FAZ (Dienstag, 27. September 2011)

Zuerst mal wieder das Lustige:

1. » Dass der Papst sich in seiner Ansprache im Freiburger Konzerthaus für die Abschaffung der Kirchensteuer ausgesprochen habe, glaubt Zollitsch nicht.«

2. » Der Hamburger Erzbischofs Thissen ließ sich mit den Worten vernehmen, der Papstbesuch gebe dem Dialog der beiden Kirchen neuen Schwung. «

Lustig ist es zwar nicht, aber belustigt habe ich trotzdem wahrgenommen, wie distanziert und kritisch drei Journalisten der FAZ ihre Nachlese gestalten. Zwei von ihnen habe ich bisher als eher unkritische Berichterstatter in katholischen Dingen erlebt, was ihre Enttäuschung über diesen Papst verdeutlicht.

Jörg Bremer schreibt: »Unbemerkt blieb dabei, dass der Papst in Erfurt auch mit seiner deutschen Kirche ins Gericht ging. Er verbat sich Kritik am Zölibat: „Die Ernsthaftigkeit des Glaubens zeigt sich vor allem dadurch, dass er Menschen inspiriert, sich ganz für Gott und von Gott her für die anderen zur Verfügung zu stellen.“ In einigen Monaten könnte sich zeigen, dass die Ökumene durch den Papstbesuch weniger angeschlagen ist als die katholische Kirche,   … Bald wird man sehen, ob die Ökumene gelitten hat oder tiefer wird, ob der Papst die deutschen Katholiken neu gewonnen oder – wie offenbar in Teilen Österreichs – verloren hat.«

Daniel Deckers schreibt: »Vielmehr war seinen Worten zu entnehmen, dass der Papst das Maß der gemeinsamen Überzeugungen zwischen evangelischer und katholischer Seite eher im Schwinden als im Wachsen begriffen sieht.

Dass viele Kirchen der Orthodoxie, allen voran die russische, ungleich stärker staatlich reglementiert, wenn nicht korrumpiert sind, trübt Benedikts Sicht auf die Kirchen in Ost- und Südosteuropa nicht. Nicht bekannt ist auch, dass sich der Papst jemals an der Praxis der Orthodoxie gestört hat, eine zweite Eheschließung unter bestimmten Umständen kirchlich anzuerkennen. Deutschen Bischöfen, die vor Jahren ebensolches erwogen, hielt Benedikt in seiner Zeit als Kardinal Ratzinger und damaliger Präfekt der vatikanischen Kongregation für die Glaubenslehre hingegen vor, sie stünden mit Überlegungen wie diesen außerhalb der Lehre der Kirche.«

Mit Recht bekommen die Vertreter der Evangelischen Kirche ihr Fett ab. »Aber die EKD-Führung nutzte in Erfurt nicht die Chance, theologische Pflöcke einzuschlagen. Die EKD schien dem theologischen Denken Ratzingers nicht gewachsen. Die Reden an den „lieben Bruder in Christus“ waren einfach. Die EKD genoss den historischen Moment, den Papst in jenen Mauern zu wissen, wo einst der Reformator wirkte, der bis heute aus der Kirche ausgeschlossen ist. Sie sprach für das Fernsehen, das diese Begegnung, den Brudergruß zwischen Papst und dem EKD-Vorsitzenden Nikolaus Schneider festhielt. Deswegen reagierten die EKD-Vertreter bei der anschließenden Pressekonferenz zunächst begeistert. Ihr würden für immer die Worte „zusammen“ und „gemeinsam“ in Erinnerung bleiben, sagt Frau Präses Katrin Göring-Eckardt zunächst, wo der Papst doch gerade viel bisher Gemeinsames aufkündigen wollte«.

Ist der „liebe Bruder in Christus“ einfach nur herzig, so äußert sich Frau Katrin Göring-Eckardt so naiv-begeistert, daß ihr jeder Geist zu fehlen schien.

Interessant ist, daß der Papst es mit der Kirchensteuer vielleicht doch ernst zu nehmen scheint. Mit Erstaunen habe ich gelesen, daß die Kurie »seit 2008 von den deutschen Bischöfen verlangt, auf die Kirchensteuer zu verzichten, und sie bekommt keine Antwort«. »Hat der Papst sich also mit seiner „Freiburger Rede“ zum Sprachrohr ausgerechnet jener Politiker gemacht, die ihm nicht einmal im Bundestag zuhören wollten, und damit der katholischen Kirche in Deutschland einen Schlag versetzt, der die evangelische Kirche gleichermaßen beträfe?«

Was die Kirchensteuer betrifft wird übrigens in der Diskussion regelmäßig unterschlagen, daß der Staat für den Einzug dieser Steuer recht gut bezahlt wird. Ich verstehe ohnehin die Diskussion nicht: Wer sie nicht zahlen will, braucht nur auszutreten.

Doch wieder zum Papst und den Privilegien: »Viele Passagen der Rede wie auch der Predigt am Sonntagvormittag hat er fast wörtlich seinem Buch „Das neue Volk Gottes“ entnommen, einer Sammlung von Vorträgen und Aufsätzen aus dem Jahr 1969. Damals schrieb der Professor: „Es wird der Kirche auf Dauer nicht erspart bleiben, Stück für Stück von dem Schein ihrer Deckung mit der Welt abbauen zu müssen und wieder das zu werden, was sie ist: Gemeinschaft der Glaubenden. Tatsächlich wird ihre missionarische Kraft durch solch äußere Verluste nur wachsen können.“ Der Papst variierte am Sonntag diese These mit den Worten: „Die geschichtlichen Beispiele zeigen: Das missionarische Zeugnis der entweltlichten Kirche tritt klarer zutage.“ Unter „Entweltlichung“ verstand Ratzinger schon damals die Trennung von politischer und kirchlicher Sphäre, etwa durch die Enteignung von Kirchengütern. … In der fast wörtlichen Übereinstimmung von Texten aus dem Jahr 1969 und dem Jahr 2011 ist Papst Benedikt XVI. dem Professor Joseph Ratzinger daher treu geblieben. Doch lohnt es sich, seine Aufsätze und Vorträge aus den sechziger Jahren als Ganzes zu lesen. So sagte er im Rundfunk auch voraus, die Kirche werde im Jahr 2000 „auch gewiss neue Formen des Amtes kennen und bewährte Christen, die im Beruf stehen, zu Priestern weihen“. Diese Passage hat der Papst nach der Relecture seiner früheren Werke ignoriert, desgleichen die Warnung des Professors vor einer „in verkehrter Weise forcierten“ Zurücknahme äußerer Positionen. Manche Vorteile seien durchaus „wertvoll“, urteilte Ratzinger im Jahr 1969. Für den Papst erweist sich etwa der Wert des Privilegs Kirchensteuer unter anderem darin, dass die Deutsche Bischofskonferenz dem Vatikan 8,5 Millionen Euro im Jahr schenkt. Ob die Entweltlichung der Kirche gemäß den Worten von Papst Benedikt wohl diesmal an ihrer Spitze in Rom beginnt?«

Was man schon vorher wissen, wenigstens ahnen/ konnte –  doch hinterher sind wenigstens manche klüger:

»Vertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hingegen zeigten sich abermals enttäuscht von dem Verlauf der ökumenischen Begegnung mit Papst Benedikt in Erfurt. Der frühere EKD-Ratsvorsitzende Kock sprach gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ von einer „Demonstration des römischen Zentralismus“. Die von Benedikt repräsentierte Kirche „entzieht sich in einer bedrückenden dogmatischen Verengung sogar Diskussionen über Fragen, die gar keine ewigen Glaubenswahrheiten sind“. Die Begegnung des Papstes mit Vertretern der evangelischen Kirche im Erfurter Augustinerkloster bezeichnete Kock als entlarvend. Es habe sich gezeigt, wie wenig der Papst zu Fortschritten in der Ökumene bereit sei. Auch der Vorsitzende der Nordelbischen Kirchenleitung, Bischof Gerhard Ulrich, machte kein Hehl aus seiner Enttäuschung. Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Kretschmann (Grüne), ließ sich in der Zeitung „Die Welt“ mit den Worten zitieren: „Ich glaube, dass die ganze Organisation des Vatikans einfach nicht ins 21. Jahrhundert passt.“«

Da zeigt sich, daß der Katholik Kretschmer wenig Ahnung von seiner Kirche hat. Doch nicht nur er wird wohl der Meinung sein: »Vor allem habe er sich stärkere Signale zur Ökumene gewünscht. „Irgendein Zeichen wäre wichtig und notwendig gewesen.“«

Dierk Schaefers Blog

»Missbrauchsopfer erlebten Papst bei Treffen „sehr bestürzt“«

Veröffentlicht in Kirche von dierkschaefer am 28. September 2011

Ja, was soll er auch anders sein? Das ist die normale erste Reaktion eines Menschen auf die Leidensschilderung eines Opfers. Doch was tut der zum Ohrenzeugen gewordene dann?

  Das Treffen also wirklich stattgefunden.

»Nach der Schilderung seines Schicksals habe der Papst zu ihm gesagt: „Ich bin sehr bestürzt. Das ist wirklich schlimm, was man Ihnen angetan hat.“ Außerdem habe sich Benedikt XVI. für die Aufklärung der Vorfälle eingesetzt«.

 Aber aufgeklärt ist schon viel, wenn auch nicht die Auswirkungen der katholischen Erziehungs- und Moralvorstellungen, auch nicht die Bedeutung des Keuschheitsgebotes für Kleriker, einschließlich Nonnen.

Was ebenso fehlt, ist die Bereitschaft, auch finanziell mit angemessenen Beträgen für Entschädigung und Schadensminderung zu sorgen.

Die Kirchen sind beide, Gott sei’s geklagt, in erster Linie um die Schadensminderung an ihrem Image bemüht.

http://www.ad-hoc-news.de/missbrauchsopfer-erlebten-papst-bei-treffen-sehr-bestuerzt–/de/News/224696 75 [Mittwoch, 28. September 2011]  

Dierk Schaefers Blog

OBSZÖN

Veröffentlicht in heimkinder, Kirche, Politik von dierkschaefer am 1. November 2011

Wie wir lesen, erhält Frau  Dr. Antje Vollmer den „Hans-Ehrenberg-Preis 2011“.

Sie habe als Vorsitzende des Runden Tisches Heimkinder entscheidend zum Konsens beigetragen, heißt es in der Begründung. Der Preis »soll Persönlichkeiten und Organisationen auszeichnen, die in besonderer Weise protestantisches Profil in die gesellschaftliche Auseinandersetzung einbringen«, heißt es an anderer Stelle.

»Der Preis erinnert an den Theologen und Philosophen Hans Ehrenberg (1883-1958), der als Pfarrer in Bochum wirkte und zu den herausragenden Persönlichkeiten des kirchlichen Widerstandes gegen den Nationalsozialismus gehörte«.

Diese Preisverleihung ist aus Sicht wohl fast aller ehemaligen Heimkinder nur als obzön zu betrachten. Frau Vollmer hat am Runden Tisch ganz sicherlich und maßgeblich zu einem – kurzfristigen – Konsens beigetragen, doch dieser war herbeigenötigt. Zeugenaussagen über die Nötigung liegen vor. Am Runden Tisch waren drei ehemalige Heimkinder vertreten, dazu drei Stellvertreter. Von diesen sechs Personen hat eine sofort dem Abschlußpapier widersprochen und wurde von Frau Vollmer ausgebootet, von den anderen haben sich die meisten vom „Konsens“ anschließend distanziert. Zwei Umfragen unter rund 100 ehemaligen Heimkindern belegen eindeutig, daß sie den Konsens nicht mittragen.

Frau Vollmer ist damit als Urheberin eines schmählichen „Sieg-Friedens“ anzusehen, der angesichts laufender juristischer Bemühungen auch noch nicht gewonnen ist.

Es ist nur eine Interpretation, allerdings gut mit Indizien belegbar, daß der Runde Tisch schon als Betrugsveranstaltung unter der Moderation von Frau Vollmer gestartet ist. Belege dafür wird man in den Akten wohl ebensowenig finden, wie die pädagogische Maxime, daß Heimkindern ihr Erbrochenes wieder reingestopft wurde, bis es drin blieb.

Belegbare Tatsache ist jedoch, daß Frau Vollmer einen Runden Tisch moderierte, der klar erkennbar eine asymmetrische Machtverteilung aufwies und sie die beteiligten ehemaligen Heimkinder nicht angemessen unterstützt hat. Dieses und anderes »nicht angesprochen und kompensiert zu haben, ist professionelles Versagen der Moderatorin Vollmer. Zugleich ist es eine Frage der Berufsethik, die sie als Pfarrerin zu berücksichtigen hat, auch wenn sie nicht explizit als solche tätig wird«. (Näheres unter http://dierkschaefer.wordpress.com/2011/01/31/der-runde-tisch-heimkinder-und-der-erfolg-der-p olitikerin-dr-antje-vollmer/)

Diese Preisverleihung an eine „smarte“ Politikerin/Theologin, noch dazu unter Hinweis auf einen in der Nazi-Zeit nicht gefügigen Namensgeber, macht die Sache obszön und setzt tatsächlich der degoutanten Tätigkeit von Frau Vollmer die Krone auf. 

Dierk Schaefers Blog

Die Bundesländer wollen Anlaufstellen einrichten und sich dafür aus dem Heimkinder-Fonds bedienen.

Veröffentlicht in Christuskirche/Bochum,Hans-Ehrenberg-Gesellschaft,heimkinder, Kirche, Politik, Theologie von dierkschaefer am 29. November 2011

Die Nachricht ist nicht neu. Herr Wiegand meint dazu, „das mühsam aufgebaute Vertrauen drohe wieder verloren zu gehen“.

Von welchem Vertrauen redet er? Wer von den ehemaligen Heimkindern hatte Vertrauen aufbauen können? Nicht einmal die ehemaligen Heimkinder am Runden Tisch, mit Ausnahme von Herrn Wiegand vielleicht, scheinen Vertrauen gefaßt zu haben.

Der geplante Griff der Länder in die Fonds ist nach der Preisvergabe an Frau Vollmer eine weitere Krönung des Betrugs an den Heimkindern. Die dritte Krönung steht noch aus. Das werden die rigiden Vergabebedingungensein und die Feststellung, daß wohl die meisten eher Bargeld wollen, denn eine Therapiefinanzierung und sich deshalb den unsicheren Parcours vor den Anlaufstellen sparen. Drei Kronen bilden eine Tiara.

Wenn nun die Kirche beklagen, daß der Fonds geschmälert wird, ist es ihnen nicht verwehrt, die Kosten für die Anlaufstellen zu übernehmen. Oder ist das Wehklagen nur geheuchelt?

http://www.domradio.de/aktuell/78157/das-fehlende-gespuer-fuer-unrecht.html

Manfred Kappeler

Statt Aufklärung, Rehabilitation und Entschädigung – Verharmlosung und Schadensbegrenzung. – Ein kritischer Rückblick auf den „Runden Tisch Heimerziehung“.

[Der Jahresrückblick] “zeigt zweierlei: 1. was Menschen erreichen können,, denen es gelingt, eine breite Öffentlichkeit für das zu interessieren, was ihnen in einem staatlich zu verantwortenden System an Unrecht und Leid zugefügt worden ist und 2. mit welchen Strategien und Methoden es den in der Kritik stehenden und mit Entschädigungsforderungen der Opfer konfrontierten Institutionen (Bund, Länder, kommunale Spitzenverbände, Kirchen und ihren Wohlfahrtsverbänden und Ordensgemeinschaften) gelingt, ihre Vergangenheitsschuld zu bagatellisieren, die Kritik abzuwehren und die wesentlichen Forderungen der Geschädigten abzulehnen.”

Wer erfahren will, wie Opfer von psychischer, physischer und sexueller Gewalt durch die Arbeit am Runden Tisch ein zweites Mal zu Opfern wurden, wird in diesem Rückblick von Prof. Manfred Kappeler vollständig aufgeklärt. Schonungslos zeigt er die Rolle der Tischvorsitzenden Antje Vollmer, die Manipulationen der Bundesministerin von der Leyen, die Tricksereien am Runden Tisch und die Hilflosigkeit der Opfervertreter auf. Es musste so kommen, wie es kam, weil die Strategie schon zu Beginn des Runden Tisches feststand: verharmlosen, vertuschen, verleugnen, die Billiglösung anstreben, der Öffentlichkeit Sand in die Augen streuen.

Link: hier klicken

Dierk Schaefers Blog

»Fremdschämen«

Veröffentlicht in heimkinder, Kinderrechte,Kirche, Politik, Theologie von dierkschaefer am 13. Januar 2012

DasFremdschämen könnte zum (Un-)Wort des Jahres werden, wenn man am Ende des Jahres noch daran denkt; immerhin haben wir erst Januar. Doch ich hoffe, daß wir uns Ende 2012 nicht mehr wegen dieses unsäglichen Bundespräsidenten fremdschämen müssen.

Nachhaltiger oder auch anhaltender ist das Fremdschämen in der Sache der ehemaligen Heimkinder.
Ich schäme mich fremd wegen meines Staates und seiner trickreichen Politiker, die durch Parlamentsbeschluß den Betrug an den ehemaligen Heimkinder am Runden Tisch realisiert haben, und ich schäme mich fremd wegen meiner Kirche, die im Verbund mit den staatlichen Vertretern und denen der Einrichtungen beider Kirchen diesen Betrug am Runden Tisch auf den Weg gebracht haben. Besonders schäme ich mich fremd, wegen der Schambekundungen der kirchlichen Vertreter, die trotz ihres „Entschuldigungsgestammels“ nur almosenhafte Gutscheine zuließen, aber groß rumposaunen, daß sie sich am Fonds finanziell beteiligen, es aber totschweigen, daß anderswo namhafte Schmerzensgelder für Mißhandlungen und Mißbrauch gezahlt werden.

 

netzwerkB – Positionspapier - Stand: 24. Januar 2012
Mythos der Vergebung

Immer wieder taucht im Zusammenhang mit der Aufarbeitung und Heilung von traumatischen Kindheitserlebnissen das Stichwort „dem Täter vergeben“ auf.
Es ist Zeit, mit verschiedenen Mythen aufzuräumen, die sich darum ranken.

Mythos 1
Vergebung/Verzeihung/Versöhnung gegenüber dem/der Täter_in bewirke eine Heilung bei erwachsenen Betroffenen von Gewalt in der Kindheit.
Viele Psychotherapierichtungen und leider auch einige Traumatherapierichtungen sehen es als krönenden Abschluss einer gelungenen Therapie an, wenn der/die Betroffene dem/der Täter_in vergibt. Oft wird auch von „Frieden schließen“ gesprochen. Doch was bedeutet diese Vergebung für die Betroffenen?
Aus Sicht des misshandelten Kindes im Erwachsenen bedeutet es, dass das Kind, das gerade zu reden begonnen hat wieder schweigen soll. Das ist besonders bei innerfamiliärer Gewalt verheerend, da nach Vergebung oft wieder, bzw. weiterhin Täterkontakt stattfindet, der erneut traumatisiert.
Aus Sicht der erwachsenen Betroffenen kann eine Vergebung zunächst eine gewisse Erleichterung verschaffen. Weil er/sie sich gegenüber dem/der Täter_in und leider auch gegenüber der Mehrheit der Gesellschaft nicht mehr schuldig dafür fühlen muss, dass er/sie nicht verzeihen “kann“. Die „Fähigkeit“ des Verzeihens wird als Tugend dargestellt. Und vielleicht ist es genau das Gegenteil: mangelnder Mut bzw. Fähigkeit, dem Druck des/der Täter_in und des Umfelds zu widerstehen. Einer tiefgreifenden Heilung aber steht die Vergebung im Wege, denn sie bedeutet eine Wiederholung des Traumas, weil durch die Vergebung genau die Machtverhältnisse wiederhergestellt werden, die während der Tat gegeben waren: ein/e Täter_in, der/die nicht belangt wird und kein schlechtes Gewissen haben muss und ein ohnmächtiges, schweigendes Opfer.
Diese Retraumatisierung wird dann noch verstärkt, wenn der/die Täter_in uneinsichtig ist und keine Reue zeigt. Das Opfer, das einem/r solchen Täter_in vergibt, erleidet enormen Schaden. Es muss alle Schuld auf sich nehmen. Und da die meisten Kindesmisshandler_innen uneinsichtig sind und schon gar keine Reue zeigen, ist es unverantwortlich, das „Heilmittel“ der Vergebung Opfern von Gewalt in der Kindheit zu empfehlen.

Mythos 2
Vergebung/Verzeihung/Versöhnung mache unsere Welt besser.
Hintergrund des Vergebungsmythos sind religiöse Traditionen (nicht nur des Christentums), die Masochismus idealisieren. Haltungen wie „die Welt ist ein Jammertal“, „Schlägt dir jemand auf die eine Wange, so halte ihm auch die andere hin“ oder die Verehrung von masochistischen Märtyrern haben sich trotz der Aufklärung in unsere Zeit hinübergerettet.
Der Mythos der Vergebung findet sich auch in allen spirituell/esoterischen Weltanschauungen, ist sogar ein wesentlicher Bestandteil derselben, weil durch Vergeben – vor allem den gewalttätigen Eltern - die alte Weltordnung und die bestehenden Machtverhältnisse wiederhergestellt, bzw. aufrecht erhalten werden. So bleiben die Gläubigen und Jünger bei der Stange.
Derartige religiöse/spirituelle/esoterische Weltanschauungen sind zu einer Zeit entstanden, als das Individuum noch nicht die Chance hatte, ein eigenständiges, selbstgestaltetes und  unabhängiges Leben zu führen.
Das hat sich zwar grundlegend geändert, doch es gibt natürlich auch in der heutigen Zeit noch Menschen, die ein Interesse daran haben, dass andere Menschen durch Vergebung Opfer bleiben. Es ist nützlich für machtgierige Politiker_innen, wenn Menschen ihr Leben lang Opfer bleiben. Opfer lassen sich ausbeuten und begehren nicht auf. So nützt die Religion der Politik und umgekehrt.
Mit anderen Worten:
Vergebung unterstützt unterdrückende, ausbeuterische Machtverhältnisse
Vergebung nützt nur den Kindesmisshandler_innen und schadet den Opfern
Das ist keine Verbesserung für die Welt. Im Gegenteil.

Mythos 3
Vergebung vermindere Wut, Hass und Rache.
Das kindliche Gewaltopfer, das zur Vergebung und damit zum Schweigen gezwungen wird, kann die zur Misshandlung gehörigen Gefühle wie Wut, Hass und Rache nicht verarbeiten, es spaltet sie ab. Vergebung ist hier also gleichbedeutend mit Verdrängung.
Das Opfer speichert sie so lange in sich, bis er/sie dann als Erwachsene/r die Möglichkeit hat, Kindern Gewalt zuzufügen und sich somit an ihnen für die Gewalt seiner/ihrer Täter_innen zu rächen.
Folglich werden Wut, Hass und Rache durch Vergebung nicht vermindert, sondern nur auf die nächste Generation verschoben. So wird durch Vergebung die Gewalt und die Traumatisierungen in jeder Generation neu produziert.
Bestes Beispiel hierfür sind die pädokriminellen Priester, die schon aufgrund ihres Berufs allen vergeben mussten, die ihnen jemals Leid zugefügt haben. Sie haben ihren Täter_innen vergeben und rächen sich dafür an ihnen anvertrauten Kindern.
Natürlich findet die Weitergabe der Gewalt von Generation zu Generation vor allen Dingen in der Familie statt. Dort wird sie durch ein dichtes Netz von Vertuschung, hierarchischen Strukturen, Empathielosigkeit gegenüber Kindern und natürlich mit Hilfe religiöser Mythen wie dem der Vergebung ermöglicht.

Vergebung vermehrt also Wut, Hass und Rache.
Auch das ist keine Verbesserung der Welt. Genauso wenig wie die Neuproduktion von Traumaopfern in jeder Generation.

http://
netzwerkb.org/2012/01/24/mythos-der-vergebung/

Dierk Schaefers Blog

Frühjahrs-Vollversammlung der katholischen deutschen Bischöfe ab Montag in Regensburg

»Gesprächsstoff bietet auch ein Zwischenbericht zur „Heimerziehung in der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1949 bis 1975“«.

Erstaunlich ist die Aktualität des Gesprächsstoffs: Der Zwischenbericht – also weder der Abschlußbericht, noch gar die Kommentare von Prof. Kappeler.

»Viele Heimkinder in der Bundesrepublik und der DDR waren bis in die 70er- oder 80er-Jahre hinein Prügel, Demütigungen und sexuellem Missbrauch ausgesetzt. Die Heime wurden von unterschiedlichen Institutionen getragen, nicht nur von der Kirche. Experten gehen von schätzungsweise 800 000 Heimkindern in Westdeutschland (1945 bis 1975) und 120 000 Heimkindern in der DDR (1945 bis 1989) aus«.

Nein, die Heime wurden nicht nur von der Kirche getragen, allerdings in der Mehrzahl. Und die anderen von staatlichen Einrichtungen – und der Staat hatte, wie die Kirchen – lebhaftestes Interesse an einer billigen Lösung. Doch das steht wohl ebensowenig auf der Tagesordnung wie die Themen Zölibat und Sexuallehre. Es ist schon peinlich zu sehen, wie solche Themen ganz offensichtlich als Bedrohung der Fundamente der Kirche angesehen werden.

„Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen“. (Math. 16; 18). Die Pforten der Hölle wohl nicht, aber das hiesige Personal schon. Aber Angst vor Mühlsteinen um den Hals haben die längst nicht mehr.

http://www.mittelbayerische.de/nachrichten/oberpfalz-bayern/artikel/bischoefe_tagen_ab_montag_ in_r/759917/bischoefe_tagen_ab_montag_in_r.html Donnerstag, 23. Februar 2012

 

Diözese an Missbrauchsopfer: Wir bedauern, aber Sie lügen!

 „Perfides Nachtreten.“ So nennt die Therapeutin eines Opfers von sexueller Gewalt ein Schreiben der Diözese Regensburg. In wohlgesetzten Worten wird der heute 63jährige Mann darin zum Lügner abgestempelt. Wenn er die Gründe wissen wolle, könne er sich ja an den Anwalt des Bistums wenden, schreibt ihm Generalvikar Michael Fuchs. Wir veröffentlichen den Brief im Original.

 http://www.regensburg-digital.de/diozese-an-missbrauchsopfer-wir-bedauern-aber-sie-lugen/150 22012/ 

Dierk Schaefers Blog

KuK – Kirche und Kastration

Posted in heimkinderKircheTheologiePsychologieKinderrechteGeschichte Menschenrecht e by dierkschaefer on 13. April 2012

Spät berichtet heute die FAZ über die Zwangskastrationen an holländischen Jungen in katholischen Krankenhäusern, dafür aber recht umfassend.

Es geht um Zwangskastrationen von männlichen Jugendlichen, um (mindestens) ein Erziehungsheim, das als Bordell für Jungen diente, um (mindestens) ein Opfer, das kastriert wurde, weil er „als perverser Homosexueller die Patres verführt“ habe. Es geht auch um mysteriöse Todesfälle und ungewöhnliche Schwerhörigkeit der Justiz samt ungewöhnlicher Nachlaßvernichtung durch die niederländische Polizei. Das alles in der heutigen Print-Ausgabe der FAZ auf Seite 31 unter der Überschrift „Dass sie mich wieder zu packen kriegen“.

Wer die Heimkinderdebatte in Deutschland verfolgt hat, ist abgebrüht und wundert sich über solche Berichte nicht mehr. In den abgeschotteten Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe hatte das Personal alle Freiheiten – und die Kinder keinerlei Rechte; und sie können bis heute keine Rechte einklagen, weil sie am Runden Tisch nach allen Regeln der Kunst betrogen wurden – und die Medien diesen Skandal nicht aufgreifen.

Was die FAZ, kirchennah wie sie ist, nicht aufgreift, ist ein grundlegendes Problem der Kirchen, heute noch speziell der katholischen Kirche: Die Sexuallehre.

Bis heute ist sie nicht in der Lage, ein menschengerechtes Konzept vorzulegen, das den Menschen als Lebewesen mit sexuellen Motiven akzeptiert und ihm Raum läßt für verantwortliches Verhalten auch auf diesem Gebiet. Ehe und Enthaltsamkeit werden dabei nicht mehr als solitäre Positionen haltbar sein, sondern es geht darum, den Raum zwischen diesen beiden Polen zu beschreiben. Dies nicht, weil der böse Zeitgeist, katholisch gesprochen „die Moderne“, dazu zwingt, sondern weil mittlerweile nicht mehr zu leugnen ist, welche Perversitäten die übermäßige Zähmung der Sexualität hervorgebracht hat. Einem Weihbischof wurde in einer unserer Seminarveranstaltungen von einem Studenten (in anderem Zusammenhang) vorgehalten, seine Äußerungen paßten aber nicht zur Realität. Seine Antwort: Um so schlimmer für die Realität! Was zuweilen sogar stimmt.

Von der Gottesebenbildlichkeit des Menschen ist oft die Rede, auch von der Fleischwerdung Gottes in der Person Jesu. Es war aber wohl ein Irrtum, den Vorgang seiner Zeugung auf Maria und den Heiligen Geist zu beschränken.

Man sieht an diesem Beispiel, was für fatale Auswirkungen schöne Geschichten haben können, wenn sie die Realität schamhaft verleugnen. 

Bischof Stefan Ackermann beharrt auf Verjährung - aber vertraulich

Unmoralisch, unanständig, unglaubwürdig - Würdenträger der Katholischen Kirche

 Bischof Stefan Ackermann ist Missbrauchsbeauftragter der Katholischen Kirche. Als solcher hat er einen großen Themenkomplex zu beackern. Da wurden Kinder und Ministranten anal vergewaltigt. Ein ehemaliger Ministrant berichtet, dass er dem Pfarrer in der Sakristei noch vor der Messe sein Hinterteil zur Bedienung bereit halten musste. Unter seinem Messdienergewand durfte er keine Hosen tragen. Andere Kinder und Jugendliche wurden gezwungen, Priester oder sonstige kirchliche Mitarbeiter oral zu befriedigen. Wieder andere wurden von ihnen unter der Bettdecke befummelt und teils mastubiert. Die Liste der Abscheulichkeiten lässt keine Perversionen im Umgang katholischer Mitarbeiter mit solchen Kindern und Jugendlichen aus, die sie eigentlich beschützen sollten. Die Zeitspanne reicht wenigstens vom Kriegsende bis in die heutigen Tage hinein. Die Zeit davor wurde nicht aufgearbeitet, weil es kaum Überlebende mehr gibt. Die meisten Verbrechen sind juristisch verjährt.

Am 20. Februar des Jahres bekam Ackermann Post von Rechtsanwalt Christian Sailer. Er ist als mutiger Kämpfer für die Rechte der Vergewaltigten und sonst Geschundener durch Priester der Katholischen Kirche bekannt.

Sailer: "In der Öffentlichkeit besteht der Eindruck, der auch von kirchlicher Seite immer wieder bestärkt wird, dass Verjährungsfristen unüberwindliche Hindernisse darstellen, die nur der Gesetzgeber beseitigen könnte, und auch dies nur für die Zukunft. In diesem Sinne forderten auch Sie vor kurzem eine Verlängerung oder Aufhebung der Verjährungsfristen im Zivilrecht.

In Wirklichkeit handelt es sich hierbei um einen großen Irrtum und vielleicht auch eine bewusste Irreführung der Öffentlichkeit, denn Verjährungsfristen greifen nur, wenn und solange sich die Kirche darauf beruft. Würde sie dies nicht tun, könnten einschränkungslos alle Missbrauchsfälle, gleich wie lange sie zurückliegen, in Zivilprozessen aufgearbeitet werden und den Opfern durch angemessene Entschädigung ihr schweres Schicksal wenigstens teilweise erleichtert werden."

Sailer weiter: "Als einer der Vertreter dieser Opfer fordere ich Sie als den Beauftragten der Deutschen Bischofskonferenz auf, auf Ihre Amtsbrüder und alle Verantwortlichen in kirchlichen Einrichtungen einzuwirken, ab sofort auf die Flucht in die Verjährungseinrede zu verzichten und endlich den Weg für eine angemessene Entschädigung der furchtbaren Qualen der Missbrauchsopfer freizugeben. Da es sich um eine Angelegenheit von überragender öffentlicher Bedeutung handelt, schreibe ich diesen Brief als offenen Brief an Sie und erwarte auch eine öffentliche Antwort. Der jüngste Hinweis Ihres Sprechers, dass Sie auf offene Briefe nicht antworten würden, kann im vorliegenden Fall nicht gelten."

http://www.kanzlei-sailer.de/kirche_soll_auf_verjaehrung_verzichten-200212.pdf

Am 15. März erhielt Sailer Antwort von der Deutschen Bischofskonferenz, Büro für Fragen des sexuellen Missbrauchs im kirchlichen Bereich mit dem Vermerk „persönlich/vertraulich“ und der Bitte, „von einer Veröffentlichung meines Schreibens abzusehen.“ Sailer hatte jedoch nicht privat gefragt, sondern öffentlich. Es gehe nicht an, so Sailer, dass die Antwort in der Schublade verschwindet, weil sie der Bischofskonferenz peinlich ist.

Einige Tricksereien sind doch bekannt geworden. Ackermann: „Wenn man die Opfer auf den Gerichtsweg verweise, seien sie doch voll beweispflichtig und es bestehe die große Gefahr, 'dass sie mit ihren Ansprüchen vor Gericht scheitern'. Sailer: 'Welch scheinheilige Fürsorge! Die meisten Opfer scheitern nicht, weil es keine Beweise gibt, sondern weil die Kirche den Opfern sagt, ‚ihr kommt zu spät, eure Ansprüche sind längst verjährt’. Und dies müsste sie nicht sagen, denn die Einrede der Verjährung steht in ihrem freien Ermessen!'“

Wie ernst es die Katholische Kirche mit ihren Aufklärungsbemühungen tatsächlich meint, zeigt der Spiegel in seinem Artikel vom 29.03.2012 "Aufklärung auf katholisch".

29.03.2012 Missbrauch im Bistum Trier
Aufklärung auf katholisch
Bischof Ackermann: Fürsorgepflicht für die Opfer vergessen?
Vertuschung statt Aufdeckung: Schont ausgerechnet der Missbrauchsbeauftragte und Trierer Bischof Stephan Ackermann Kinderschänder? In seinem Bistum scheinen die Aufklärer zum Schweigen verdammt zu sein.
Bitte googlen: Aufklärung auf katholisch

Dierk Schaefers Blog

»Pflegewüste Deutschland: Pflegeheime auf dem Prüfstand«

Posted in heimkinder, Politik, Menschenrechte by dierkschaefer on 24. April 2012

»Vor der Veröffentlichung neuer Erkenntnisse über die Zustände in den deutschen Pflegeheimen haben Patientenvertreter die Krankenkassen zur Offenlegung aller Missstände aufgefordert. An diesem Dienstag (11.30 Uhr) stellt der Medizinische Dienst der Krankenkassen seien neuen Pflege-Qualitätsbericht vor.«

»„42 Prozent der Menschen in Pflegeheimen leben unter freiheitsentziehenden Maßnahmen“«

»„Wir kritisieren seit Jahren, dass das Fälschen und Frisieren von Pflege-Dokumentationen, die der Medizinische Dienst einsieht, nicht bestraft wird“, sagte Brysch weiter. Rund 30 Prozent der Dokumentationen in den Pflegeheimen stimmten nicht. Brysch forderte die Politik auf, auf mehr angestellte Ärzte in Heimen hinzuwirken. Auf diese Weise könnten 40 Prozent der Krankenhauseinweisungen aus Heimen heraus vermieden werden«.

Quellen:

http://www.n-tv.de/politik/Pflegeheime-unter-der-Lupe-article6097381.html

http://www.focus.de/gesundheit/arzt-klinik/reha-pflege/pflegewueste-deutschland-pflegeheime- auf-dem-pruefstand_aid_741964.html

http://www.chiemgau24.de/nachrichten/politik/pflegeheime-freiheitsentzug-2290015.html

alle: Dienstag, 24. April 2012

Kein Wunder, daß ehemalige Heimkinder einen Horror vor einer möglichen Alten- oder Pflegeheim-Einweisung haben. Sie sind vorgeschädigt und sehen nun ihre Befürchtungen auch noch aktuell berechtigt.

Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang an den Fall der Berliner Altenpflegerin Brigitte Heinisch.

Brigitte Heinisch ist die Berliner Altenpflegerin, die nicht vor ihrem Arbeitgeber kuschte, dem „Vivantes – Netzwerk für Gesundheit“. In dessen Pflegeheim mußten die inkontinenten Alten zuweilen bis in den Mittag hinein in ihren verdreckten Windeln liegen – an Windeln sollte gespart werden und an Personal wurde gespart.

Mehr dazu in diesem Blog:

http://dierkschaefer.wordpress.com/2011/07/24/nur-ein-fall-von-meinungsfreiheit/

http://dierkschaefer.wordpress.com/2011/07/31/wurdiges-sterben/

http://dierkschaefer.wordpress.com/2011/12/31/2243/

http://dierkschaefer.wordpress.com/2011/08/27/das-strasburger-bugeleisen-und-die-feinen-ko nturen-des-deutschen-rechts/

 übernommen von:

http://dierkschaefer.wordpress.com/2012/04/24/pflegewuste-deutschland-pflegeheime-auf-de m-prufstand/ 

Dierk Schaefers Blog

Remember, remember …

Posted in GeschichteheimkinderKirchePolitikTheologie by dierkschaefer on 21. Mai 2012

… the fifth of November“ beginnt ein populäres Gedicht in Erinnerung an die Schießpulververschwörung vom 5. November 1605. Der protestantische König von England, Jakob I., seine Familie, die Regierung und alle Parlamentarier sollten getötet werden. Jedes Jahr erinnert man daran und stellt die Aufdeckung des Anschlags nach. Eine folkloristisch-populäre Form von Erinnerung. Diese Form von Erinnerung macht Spaß.

Von der Geschichte der IRA in Irland wissen wir, daß Erinnerung auch provokativ sein und gewaltsame Auseinandersetzungen wiederbeleben kann.

Wer sich mit Erinnerung und Erinnerungskultur beschäftigt, findet heute ein interessantes Spektrum von Erkenntnissen vor und muß feststellen, daß noch viel zu tun ist. Ein Sammelband über „Erinnerung und Gesellschaft“, herausgegeben von W. R. Assmann und A. Graf von Kalnein über die „Formen der Aufarbeitung von Diktaturen in Europa“ überrascht mit der Erkenntnis, daß „von 27 Mitgliedsstaaten der EU 17 Erfahrungen mit Diktaturen haben, zwei Drittel der europäischen Gesellschaften also in ihrer Geschichte von Staatsterror geprägt sind.“ Dies aber sei kein Thema, für das sich die europäischen Institutionen interessieren.

Um diesen europäisch-internationalen Aspekt soll es hier aber nicht gehen, auch wenn ich der Meinung bin, daß dieser Aspekt unbedingt aufgegriffen werden muß.

Ich berufe mich auf die Rezension von Vera Lengsfeld: Last oder Chance? Die Aufarbeitung von Diktaturen in Europa und die Probleme gemeinsamen Erinnerns (FAZ Montag, 21. Mai 2012).

Dort werden vier Modelle der Erinnerung referiert, die Aleida Assmann im erwähnten Buch nennt. Inwiefern sind sie wohl auch auf die interne nationale Erinnerung an gesellschaftliche Problemlagen anwendbar?

Die innerstaatliche und innergesellschaftliche Anwendung der Modelle ist so abwegig nicht. Werden im Buch die terroristischen Greuel von Staaten als Erinnerungsaufgabe genannt, so haben wir im Heimkinderbereich den praktizierten Terror des Personals und die große Gelassenheit beim Wahrnehmen von Rechtsverletzungen an den Schutzbefohlenen, Rechtsverletzungen durch Mißachtung der Verfahren und durch die der Blindheit der Aufsichtsorgane für die Verbrechen an den ehemaligen Heimkindern. Als schließlich die Erinnerungen ans Tageslicht drängten, kamen zur Mißachtung der Verfahren Übertölpelung und Betrug hinzu.

Zunächst die vier Modelle von Aleida Assmann:

1. Das dialogische Vergessen meint die Fälle, in denen Gegner und Vertragspartner übereingekommen sind, einen Schlußstrich zu ziehen und nach vorn zu schauen. „Einvernehmlich: Schwamm drüber“, möchte ich es nennen. Assmann erwähnt als Beispiel den Friedensschluß nach dem 30jährigen Krieg.

2. Erinnern, um niemals zu vergessen. Hier wird die Erinnerung kultiviert und „für Opfer und Täter zu einem unverzichtbaren Teil ihres Selbstbildes. Der Holocaust nimmt dabei den Charakter einer »normativen Vergangenheit« an.“

3. Erinnern um zu überwinden „ist das »öffentliche zur Kenntnis nehmen«“, ist „auf Versöhnung und Integration ausgerichtet.“ Beispiel dafür ist der Versuch, Diktaturen in demokratische Gesellschaften umzuwandeln. „Anerkennung und Erinnerung an das Leid der Opfer gelten als wichtiger Teil einer sozialen Umwandlung, der dem Systemwechsel folgen muß.” „Wahrheitskommissionen“ sind eine Methode dafür.

4. Beim dialogischen Erinnern geht es um die Erinnerungspolitik mehrerer Staaten, „die durch eine Gewaltgeschichte miteinander verbunden sind. … Dialogisches Erinnern nimmt das Leid des Nachbarn ins eigene Gedächtnis mit auf.“

Versuchen wir einmal die vier Modelle auf den Umgang unserer Gesellschaft und ihrer kirchlichen und staatlichen Institutionen mit Kindern und Jugendlichen zu übertragen, die nicht (durchgängig) in einer Familie aufgewachsen sind, sondern in einem wie auch immer gearteten Heim waren. Als Zeitraum sei die Heimeinweisung heute noch lebender ehemaliger Heimkinder bis heute genommen. Die Problemlage kann ich hier als bekannt voraussetzen.

1. Von einem dialogischen Vergessen wird man nicht sprechen können. Auf beiden Seiten gab es die Verdrängung der Erinnerung an den Heimalltag. Die ehemaligen Heimkinder brauchten eine „Quarantäne“ von ca. 40 Lebensjahren und brauchten Anlässe und Auslöser für die schmerzhaften Erinnerungen. Die andere Seite wollte dann zunächst einfach nicht wahrhaben, was die Opfer berichteten und versuchte vielfach, sie mundtot zu machen. Als sich Mißhandlungen und Zwangsarbeit nicht mehr leugnen ließen, kam es nicht zum Vergessen, sondern es gab eine „Wahrheitskommission“, genannt Runder Tisch. Dazu unter 3.

2. Erinnern, um niemals zu vergessen. Dies hätte ein wichtiger Aspekt der Erinnerungskultur werden können. Doch nach dem Stand der Dinge ist diese Chance bisher verpaßt und wird wohl auch nicht mehr ergriffen werden. Helmut Jacob hat sehr rührig in seinem Blog das „Entschuldigungsgestammel“ untersucht (http://helmutjacob.over-blog.de/) und belegt, wie die betroffenen Institutionen einseitig das Modell „Schwamm drüber“ praktizieren. Wenn sie diesen Teil ihrer Geschichte überhaupt innerhalb ihrer Selbstdarstellung erwähnen, dann allenfalls an verschämt versteckter Stelle. Bis heute hat keine dieser Institutionen gesagt, daß dieser Teil ihrer Geschichte als Irrweg und Dauergefährdung einen wichtigen, prophylaktischen Platz einnehmen muß und in die Fortbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehört. Erinnern, um niemals zu vergessen ist nur das Schicksal der Opfer: Sie können nicht vergessen.

3. Erinnern um zu überwinden – wenn ich entgegen meiner gewachsenen Meinung unterstelle, daß die Moderatorin des Runden Tisches eine ehrliche Person ist, dann wäre die Idee einer Wahrheitskommission ein brauchbares Leitbild für ihre Aufgabe gewesen. Sie hat jedenfalls den Begriff benutzt, die Aufgabe jedoch von Beginn an verfehlt (oder verraten?). Wenn „Anerkennung und Erinnerung an das Leid der Opfer wichtiger Teil einer sozialen Umwandlung sind, der dem Systemwechsel folgen muß“, dann hätte es hier einen Ansatzpunkt gegeben. Doch es hätte ein Verfahren „auf Augenhöhe“ sein müssen, nicht mit dieser Fehlkonstruktion von asymmetrischer Machtverteilung. Was nützt lebenden Opfern die Wahrheit, wenn sie nur als preiswertes Barbiturat für ihre Seelenlage dienen soll? Was tatsächlich am Runden Tisch überwunden werden sollte, waren die Ansprüche der ehemaligen Heimkinder. Die Wunden der Erinnerung wurden nur aufgerissen, um sie geöffnet liegen zu lassen. Zum ehrlichen Überwindungsversuch hätten Entschädigungen gehört – für die Machtseite bis heute ein Tabu. Doch auf den „Systemwechsel“ weist man stolz hin: Heute sind die Heime ja ganz anders. Wozu also die lästige Erinnerung!

4. Dialogisches Erinnern soll das Leid des anderen ins eigene Gedächtnis mit aufnehmen. Dazu ist unter dialogischem Vergessen schon alles gesagt. Es gab keinen Dialog, sondern nur die Vortäuschung eines solchen.

Was bleibt, ist einerseits die Machtlosigkeit der ehemaligen Heimkinder, die als krönender Abschluß noch von der EKD-Leitung in einem Versöhnungsgottesdienst nach allen Regeln der Kunst vorgeführt wurden. [http://dierkschaefer.wordpress.com/2011/09/13/das-war-spitze-herr-ratsvorsitzender/] Es bleibt die ungewisse Hoffnung, per Gericht die Erinnerungen materialisieren zu können.

Auf der anderen Seite bleibt der schändliche Sieg über ehemals Schutzbedürftige, die weiterhin wehrlos gehalten wurden, und es bleibt die Macht des Aussitzenkönnens eines medial verbrauchten Problems.

Angesichts der Austrittszahlen beider Kirchen könnte man auch von einem Pyrrhussieg sprechen. 

Helmut Jacob

Evangelische Einrichtungen im Umgang mit ihrer Nachkriegsvergangenheit

Eingelullt und abgehakt: Wie Tätervertreter ihre Heimopfer abservieren wollen

 

Seichte Formulierungen oder eiskaltes Kalkül?

Teil 1: Verbrechen in der diakonischen Waschmaschine: bagatellisiert und weichgespült

http://www.readers-edition.de/2012/05/15/eingelullt-und-abgehakt-wie-tatervertreter-ihre-heimopfe r-abservieren-wollen/

oder

http://helmutjacob.over-blog.de/article-eingelullt-und-abgehakt-wie-tatervertreter-ihre-heimopfer-ab servieren-wollen-105235545.html

 

Teil 2: Entschuldigungsgestammel – Der Eiertanz um die Wahrheit

http://www.readers-edition.de/2012/05/18/eingelullt-und-abgehakt-wie-tatervertreter-ihre-heimopfe r-abservieren-wollen-2/

oder

http://helmutjacob.over-blog.de/article-eingelullt-und-abgehakt-wie-tatervertreter-ihre-heimopfer-ab servieren-wollen-105332420.html

 

OPFERHILFE ODER EISKALTES ABWIMMELN

Teil 3: Abgewimmelt: Der Verweis auf den Runden Tisch Heimerziehung

http://www.readers-edition.de/2012/05/23/eingelullt-und-abgehakt-wie-tatervertreter-ihre-heimopfe r-abservieren-wollen-3/

oder

http://helmutjacob.over-blog.de/article-eingelullt-und-abgehakt-wie-tatervertreter-ihre-heimopfer-ab servieren-wollen-105639592.html 

Dierk Schaefers Blog
Rituale der Vergangenheitsbeschwichtigung

Wiederholungen können einlullen.

Es begann mit dem Ritual des Runden Tisches, der eine Wahrheitskommission sein sollte.

Parallel lief das Ritual der Vertröstung, man könne den Ergebnissen des Runden Tisches nicht vorgreifen – also: Abwarten!

Dann folgte das Ritual des Verweises auf die Ergebnisse, die wolle man nun schnell umsetzen.

Die Medien griffen das Ritual auf und schrieben – eins wie’s andere – von Entschädigungen, obwohl es erklärtermaßen keine Entschädigungen gibt.

Die Landesregierungen (einige) führten den Reigen weiter und setzten „Meldestellen“ ein; in anderen Bundesländern taten das einige Landkreise und Städte.

Dort nun sollen ritualhaft die ehemaligen Heimkinder aus ihrem Leben berichten, nicht, um Ansprüche zu stellen.

Denn ritualhaft wird wiederholt, daß Leistungen aus dem Fonds freiwillig seien und kein Rechtsanspruch bestehe.

Wie ein Ritual wird immer auch wieder vorgebetet, daß die Leistungen nicht auf andere Sozialleistungen angerechnet werden sollen, doch das sei schließlich ins Ermessen der lokalen Sozialbehörden gestellt, die ritualhaft gebeten werden, man möge doch …

Die Liste ist sicherlich nicht vollständig.

Doch ein anderer Ritualstrang sei erwähnt. Es geht um die folgenlose Distanzierung von den Ergebnissen des Runden Tisches.

Da war gleich am Ende des Runden Tisches zu lesen, daß Herr Struck vom Paritätischen anderer Ansicht war. Er hatte jedoch nicht mit abgestimmt und wohl auch nicht darauf gedrungen, daß seine Stimme per „Briefwahl“ gewertet werden solle.

Kurz darauf hielt Prof. Dr. Schruth einen Vortrag vor Fachkollegen, der nur als Absage an die Ergebnisse zu interpretieren ist. Er hatte zwar zugestimmt, doch sich durch das Ritual des Fachvortrags wissenschaftlich salviert.

Und nun komme ich zu einem Ritual, das zu erwähnen mich schmerzt. Es trifft den aufrechten Prof. Kappeler. Von Beginn an hat er geradezu gebetsmühlenartig auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Heim-Forschung hingewiesen, hat den Zwischenbericht des Runden Tisches kritisch kommentiert, so auch den Schlußbericht. Er ist – wie auch ich – zu einem einsamen Rufer in der Wüste geworden. Nun soll/will er den Einführungsvortrag bei der Münchner Anhörung halten, auf der ritualhaft die ehemaligen Heimkinder wieder ihre Traumatisierung auffrischen dürfen, allerdings im Verborgenen, denn Öffentlichkeit soll nicht gewährt werden, auch nicht für die, die sie wollen. In diesem Rahmen wird der öffentliche Vortrag von Prof. Kappeler zum Feigenblatt-Beleg dafür, daß man sogar kritischen Stimmen einen prominenten Platz einräumt – jetzt, nachdem alles gelaufen ist.

Damit wird Prof. Kappeler Bestandteil des Rituals der Vergangenheitsbeschwichtigung, selbst wenn er sie geißelt.

PS: Meine „Ente“ wurde von rund 600 Lesern wahrgenommen. Drei Leser griffen die Idee auf, d.h., sie hießen es gut, daß Kappeler „abgesagt hat“. Ich weiß nicht, ob sie gemerkt hatten, daß es eine gezielte Falschmeldung war. Zwei Leser haben sich über mich und die Meldung geärgert. Über die anderen weiß ich nichts.

Der Zweck gezielter Falschmeldungen ist Desinformation, im besten Fall ein gelungener Aprilscherz. Gezielte Falschmeldungen, die in der Meldung selber erkennbar zurückgenommen werden, sind Satire, die auf ihre Art Aufmerksamkeit erregen und zum Nachdenken anregen will.

Das mit der Aufmerksamkeit hat ausweislich meiner Blogstatistik geklappt – jedenfalls für den begrenzten Interessentenkreis. Es wäre gut, wenn möglichst viele der Leser meine Gedanken bedacht haben, egal, ob sie ihnen zustimmen.

Für die, die mögen, füge ich alle meine Entchen bei: Die ursprüngliche in ihren Fehlfarben und drei Bearbeitungen, die mir zugeschickt wurden. Eine in den FDP-Farben, eine als CSU-Version und die dritte als Vatikan-Modell.

alle meine entchen

Für alle, denen das Mondkalb Kopfzerbrechen bereitet hat, schließlich noch das Original von Morgenstern.
Mondkalb

Wer die Dateien anklickt, tut damit kund, daß er es aus eigenem freiem Entschluß tut und beschwert sich nicht.

http://dierkschaefer.wordpress.com/2012/06/03/rituale-der-vergangenheitsbeschwichtigung/

Dierk Schaefers Blog

Ein ganzer Theatertag

Posted in GeschichteheimkinderPolitikPsychologie by dierkschaefer on 16. Juni 2012

Von einem, der auszog, das Gruseln zu lernen, heißt ein Märchen der Brüder Grimm. Die Anhörung im Bayrischen Landtag ist in doppelter Hinsicht geeignet, das Gruseln zu lernen. »Zu Beginn der Veranstaltung«, heißt es in der Mitteilung auf der „Heim“-Seite des Bayrischen Landtags, »wurde eine gemeinsame Erklärung aller Fraktionen im Bayerischen Landtag verteilt. Darin bedauern die Mitglieder des Ausschusses die Geschehnisse in den Kinderheimen und die damit verbundenen, teilweise lebenslangen Folgen für die Betroffenen zutiefst. Die Anhörung solle ein weiterer Beitrag zur Aufklärung, Aufarbeitung und der Beginn eines Dialogs zwischen Landtag und Betroffenen sein«.

Man kann den bayrischen Parlamentariern (und …innen) also keine Unwissenheit vorwerfen. Es war wie im Theater mit der Dreigroschenoper. Man weiß was kommt und kommt trotzdem. Man glotzt auch nicht mehr so romantisch. Das hat man ja bei Brecht gelernt und sich drauf eingestellt. Soweit die Seite der Zuschauer.

Und die Personen auf der Bühne?

»80 ehemalige Heimkinder [hatten] den Wunsch [geäußert], über ihre schrecklichen Erlebnisse, über erlittenes Leid und Unrecht einmal an verantwortlicher Stelle reden zu können«. Eine tolle Chance! Wann kann man schon einmal vor einem verantwortlichen Publikum auftreten. Aber: verantwortlich wofür? Doch nehmen wir’s ganz einfach: Es war wohl ein Publikum, dem man zutraute, Antworten zu geben.

»56 weitere Betroffene wollten einfach dabei sein, erfahren, dass sie mit ihrem Leid und den lebenslangen Folgen nicht alleine sind«. Die 56 haben bestimmt auch auf Antworten gehofft.

Eingeleitet wurde die Oper mit einem wissenschaftlichen Blick auf das Stück, das zur Aufführung kommen sollte. Für diesen Teil war auch die Presse zugelassen, die anschließend in die große Pause geschickt wurde. Professor Kappeler stimmte mit seinem bereits bekannten Wissen über die Verhältnisse in den Heimen das Publikum auf das ein, was in den Pausengesprächen unter Ausschluß der Presse dem geladenen Publikum ans Herz gelegt werden sollte. Er versäumte auch nicht, an die Verantwortung zu appellieren und »formulierte eine Reihe von Forderungen, bei denen die Anerkennung der Kinder- und Jugendarbeit in den Heimen als Zwangsarbeit an vorderster Stelle steht«.

Wann im Verlauf der Oper der Ochsenziemer präsentiert wurde – vielleicht kam er sogar zum Einsatz? – geht aus der Heim-Seite des Landtags nicht hervor. »Der 79-jährige Richard Sucker hatte zu der Veranstaltung im Senatssaal des Maximilianeums einen „Ochsenziemer“ mitgebracht. Damit wurde er als Kind in einem Heim in Oberfranken misshandelt. Schläge auf die nackte Haut gab es wegen Nichtigkeiten – bis die Kinder bluteten, berichtete Richard Sucker«.

http://www.flickr.com/photos/dierkschaefer/6864465944/in/set-72157629263453740/

Wie hat nun das Publikum geantwortet?

Landtagspräsidentin Barbara Stamm sprach wohl für alle: Sie »wertete die Anhörung als Zeichen der Wertschätzung an die Betroffenen: „Sie sind Menschen, die das oft nicht erfahren haben. Diese Wertschätzung wollten wir Ihnen heute geben.“

Da werden sich wohl alle Darsteller herzlich bedankt und die Wertschätzung heimgetragen haben.

Fürwahr, ein Gruselstück.

Aber es war gut, daß dies alles mal wieder aufgeführt wurde. Von wegen Brecht – die Romantik hat manch schönes Schauerstück geliefert. Doch eins bleibt aus seiner Dreigroschenoper: »Wir wären gut, anstatt so roh, doch die Verhältnisse, die sind nicht so!«

http://www.bayern.landtag.de/cps/rde/xchg/landtag/x/-/www1/2261_9164.htm Samstag, 16. Juni 2012 

Dierk Schaefers Blog

Petition an den Bundespräsidenten

http://www.avaaz.org/de/petition/Eine_gerechte_Entschadigung_fur_ehemalige_Heimkinder/

 

Dierk Schaefers Blog

Nachtrag zum vorstehenden Artikel

Sehr geehrter Herr Bundespräsident,

heute früh unterschrieb ich die Petition der ehemaligen Heimkinder, möchte aber doch noch ein persönliches Wort hinzufügen.

Wie Sie bin auch ich evangelischer Pfarrer im Ruhestand.

In der Heimkindersache geht es um zweierlei Rechtverletzungen. Da sind zum einen die vielfältig belegten Verbrechen während der Heimzeit. Ein beschämendes Stück Geschichte, sowohl für den Rechtsstaat als auch für Einrichtungen mit christlichem Anspruch. Hier gilt es, unter weitgehendem Verzicht auf Verjährungseinsprachen Verantwortung für die Opfer zu übernehmen, die auch angemessene Entschädigungsleistungen beinhaltet.
Damit bin ich bei der zweiten Rechtsverletzung: Das Prozedere am Runden Tisch, seine abschließenden Empfehlungen und deren Umsetzung. Dies kann nicht anders als großer Betrug an den Opfern gewertet werden und ich erbiete mich, die Belege dafür zu liefern. Der Runde Tisch, noch dazu unter Führung einer Kollegin, ist die zweite große Beschämung, die ich als Pfarrer in dieser Sache erlebe.

Mir ist bewußt, daß Sie, sehr geehrter Herr Bundespräsident, in der DDR staatliches Unrecht massiv erlebt haben. Ich stehe auch nicht an, die Bundesrepublik einen Unrechtsstaat zu nennen. Doch es gibt Gruppen, die diesen Staat nicht als Rechtsstaat erleben konnten. Sie wurden in einem rechtsfreien Raum weitestgehend von Bildung ausgeschlossen, wurden gedemütigt, mißhandelt, mißbraucht und mußten Zwangsarbeit leisten. Die ehemaligen Heimkinder erleben nun in ihrer Lebenszeit zum zweiten Mal das Versagen des Rechtsstaates. Vom Verhalten unserer Kirchen ganz zu schweigen.

Sie, sehr geehrter Herr Bundespräsident, sind eine der letzten Instanzen, an die sich die ehemaligen Heimkinder gegen alle Erfahrungen voll Hoffnung wenden.

Meine Bitte als Staatsbürger und Pfarrer: Enttäuschen Sie diese Hoffnung nicht.

Mit freundlichem Gruß

Dierk Schäfer

1. http://dierkschaefer.wordpress.com/2012/07/06/petition-an-den-bundesprasidenten/

2. http://dierkschaefer.wordpress.com/2012/07/06/nachtrag-zum-vorstehenden-artikel/

Dierk Schaefers Blog

Klar, Gedenkstätten sind keine Entschädigung.

 »Die Gedenkstätten, die an die Gräuel des Nationalsozialismus erinnern, stehen aktuell vor ähnlichen Problemen. Die Zeitzeugen, die durch ihr eigenes Schicksal Schülern diese Zeit näherbringen können, verschwinden nach und nach. Manche Einrichtungen arbeiten deshalb jetzt mit gefilmten Interviews. „Wir wollen aber nicht, dass die Zeitzeugen auf kurze Videoclips reduziert werden“, betonte Shaun Hermel aus dem Vorbereitungsteam der Gedenkstätte.«

http://www.haz.de/Hannover/Aus-den-Stadtteilen/West/Experten-debattieren-ueber-Konzept-der-Gedenkstaette

 Klar, Gedenkstätten sind keine Entschädigung. Aber sie sind wichtig. Nicht nur, um irgendeine Erinnerung wachzuhalten, sondern aus diesem Erinnern Schlußfolgerungen für aktuelles und zukünftiges Verhalten zu ziehen.

 Klar ist auch, daß die Musealisierung vergangener Greuel um so problemloser vonstatten gehen kann, wie die Verantwortlichen für die Greuel – wie auch die Opfer – selber „museal“ geworden sind.

 Das ist mit den Greueln in den staatlichen und kirchlichen pädagogischen Einrichtungen jedweder Art jedoch anders.

·                      Noch leben die Opfer – und einige Täter.

·                      Noch existieren einige Firmen, die Nutznießer von Kinderzwangsarbeit waren.

·                      Noch gibt es Einrichtungen in direkter Nachfolge der damaligen Mißhandlungsstätten.

Da fällt es schwer einzugestehen und lebendig zu halten, was damals geschah, noch schwerer, wenn die Gründerväter mancher Anstalten diskreditiert sind, aber dennoch in Ehren gehalten werden sollen.

 Gewiß ist einiges an Erinnerungsarbeit geleistet worden, sogar am unsäglichen Runden Tisch. Ein Bischof hat sich lang vor den Altar gelegt und um Verzeihung gebeten, ein anderer hat einen Versöhnungsgottesdienst gehalten mit den ehemaligen Heimkindern, die sich dafür hergegeben haben.

 Die Crux ist nur, daß diese Erinnerungsarbeit stattfand, anstelle von …

Anstelle von angemessenen Entschädigungen für…

·                      … von Kindern- und Jugendlichen geleistete Zwangsarbeit , ohne angemessene Bezahlung und ohne Sozialversicherung.

·                      … nicht gebotene Bildung und Ausbildung.

·                      … systematisch herbeigeführte Schädigungen an Leibern und Seelen dieser Kinder durch Demütigungen und Mißhandlungen, auch sexueller Art.

·                      … systematische Unterlassung der Aufsicht in den Heimen.

·                      … Ignorierung und Bagatellisierung der Verbrechen.

·                      … viele durch den Heimaufenthalt verpfuschte Lebensverläufe.

·                      … den „Verlust“ Gottes, in dessen Namen man handelte

 Solange Entschädigungsleistungen verweigert werden, ist Erinnerungsarbeit Heuchelei.

Zumal …

·                      … diese Erinnerungen in einer Vielzahl der Homepages der Nachfolgeeinrichtungen ausgespart oder schamhaft in den Hintergrund geschoben werden.

·                      … keine interne Erinnerungsarbeit geleistet wird. Wo bleibt die theologisch-pädagogische Bearbeitung von Kindeswohl-Verletzungen, die in Übereinstimmung mit den theologisch-pädagogischen Prinzipien der Einrichtungen standen? Hier geht es um die Doppelmoral von Sonntagspredigt und Alltagshandeln, um Demütigung, Schmalspurbeschulung, „Arbeitstherapie“ und Mißhandlungen, also um die Systematik kirchlicher pädagogischer Arbeit. Lediglich die Sexualverbrechen gehören hier nicht her, denn die waren auch in diesem System „Sünde“, die allerdings gnädig zugedeckt wurde.

·                      … meines Wissens die Heimverbrechen noch nicht Eingang gefunden haben in die sozialpädagogische Ausbildung.

 Wenn es also nach dem Willen von Rundem Tisch, Parlament, Staat und Kirchen schon keine Entschädigungen geben soll: Wo bleibt die Aufarbeitung der Verbrechen, die der Wiederholung vorbeugt?

 Hier könnte die Gedenkstättenarbeit Vorbild sein. Für begleitende peinliche Aufwallungen sind nicht die Opfer verantwortlich. Die Peinlichkeit der einen ist die Pein der anderen. Nur mit schonungsloser Offenheit und Lernbereitschaft kann man in den erforderlichen Dialog eintreten. Vielleicht würde man dann auch erkennen, daß man für die Vergangenheit auch zahlen muß.

 http://dierkschaefer.wordpress.com/2012/08/02/klar-gedenkstatten-sind-keine-entschadigung/

Dierk Schaefers Blog

Gottesdienst zum Gedenken an die Gewaltopfer

Vorbemerkung

Wenn man, selber Pfarrer, für ein nicht theologisch vorgebildetes Publikum die Predigt eines Kollegen kommentiert[1], ist es nötig, ein paar Worte über Predigten im allgemeinen vorwegzuschicken. Viele Zeitgenossen haben zudem kaum noch Erfahrung mit dieser Form des Vortrags, manchen ist sie nicht nur fremd, sondern auch suspekt.

Aufgabe einer Predigt ist es, einen Bibeltext mit der Situation der Predigthörer ins Gespräch zu bringen. Diese Situation kann ganz speziell sein, besonders bei einer anlaßbezogenen Predigt, kann aber auch allgemein grundlegende oder aktuelle Fragen aufgreifen. ...

Ich habe zusammen mit dem Prediger auf den Text gehört – und viele Fragen sind offen. Er hat nicht mit mir als „Hörer“ rechnen können, doch von den Opfern hatte er dank der Arbeit der Wissenschaftler Kenntnis[5]. Aber die Opfer wurden nicht ernst genommen.

Eigentlich schade, wenn eine handwerklich gut gemachte Predigt den eigentlichen, den  schwierigsten Punkt, den erforderlichen Skopus mißachtet.

http://dierkschaefer.wordpress.com/2012/10/18/gottesdienst-zum-gedenken-an-die-gewaltopfer/

Dierk Schaefers Blog

Da ist wohl was dumm gelaufen …

Posted in heimkinderKirche by dierkschaefer on 22. Januar 2013

… für die Volmarsteiner Anstalten. Dem Vernehmen nach haben sie für die Diakonie in den Heimkinder-Fonds eingezahlt. Doch das war wohl falsch. Denn aus dem Fonds werden keine ehemaligen Heimkinder aus Behindertenheimen bedient.

http://helmutjacob.over-blog.de/article-auch-2013-menschen-zweiter-klasse-behi nderte-heimopfer-114630736.html

Wie kam’s? Entweder hat das Diakonische Werk (EKD) Volmarstein getäuscht oder Volmarstein hat sich geirrt.

Jedenfalls: Die Ausrede, wir haben schon gezahlt, zieht nicht mehr. Volmarstein, wo bleibt dein Beitrag für deine Opfer? Fremdzahlen gilt nicht.

Da gab es doch mal eine Bank in Deutschland, die in eine amerikanische Konkursbank noch nach Bekanntwerden des Konkurses eingezahlt hat. Das war dumm gelaufen.

 

Die Spuren der Verwüstung in der Heim-"Erziehung” und ihre Nachwirkungen - "Nie wieder"
Leserbrief im Blog des ev. Theologen Dierk Schäfer:

“Nie wieder!”
Was wird aus Kindern die verbogen, belogen, missbraucht, geprügelt werden, denen man Bildung vorenthält und die durch Zwangsarbeit oder den Zwang zur Arbeit ausgebeutet werden? Was wird aus Kindern die ohne Urteile und Prüfung eingesperrt und Drill ausgesetzt werden? Was wird aus Kindern die das ertragen mussten ohne die Möglichkeit, sich zu wehren oder Schutz zu finden? Ich kann das sicher nicht allgemein beurteilen, aber aus mir ist ein Mann von 58 Jahren geworden.
Seit mehr als 40 Jahren vermeide ich viele Alltäglichkeiten, ohne dass es jemand sehen kann. Ich übe mich in Unauffälligkeit. Ich vermeide geschlossene Räume von denen ich die Türen nicht sehen kann. Ich könnte eingesperrt werden! Ich fahre nicht einmal mit der Bahn, weil es ist ein abgeschlossener Raum, den ich nicht freiwillig verlassen kann. Das geht nur wenn der Zug hält. Ich könnte ein Konzert besuchen, kann ich aber nicht, mir jagen viele Menschen, die gemeinsam an Veranstaltungen teilnehmen, Angst und Panik ein. Ich kann nicht entkommen wenn ich möchte. Ich könnte mit Freunden gemeinsam essen gehen, das normalste von der Welt, kann ich aber nicht, es ist eine Tortur für mich, warten zu müssen bis alle Ihr Essen haben, es könnte mir gestohlen werden. Ich werde zappelig und unsicher, also vermeide ich es. Ich bin misstrauisch und argwöhnisch und beleuchte alles und Jeden der sich mir nähert. Ja, ich zerstöre unbewusst vielleicht konstruktive Synergien. Das sind ein paar wenige der Auffälligkeiten, die mir selbst auffallen. Sicher gibt es aber noch so einige Dinge, die ich gar nicht weiß und selbst bemerke, wissenschaftlich betrachtet.
Es ist für mich zur Gewohnheit geworden so zu sein, so zu handeln und so zu leben. Aber wie viel Leben ist das eigentlich? Wenig genug und sehr, sehr anstrengend. Das weiß ich von mir. Was hat die Gesellschaft versäumt und was hätte ich ohne diese Einschränkungen, die ich selbst indessen als Behinderung empfinde, erreichen können?
Eine Million behinderte Menschen, die ähnliche oder gleiche Einschränkungen haben und wir reden über Inklusion? Wir reden über Menschenwürde und Menschenrechte und über die Bereicherung von Gesellschaften durch kritische Bürger, die Ihre Rechte auf der Straße einfordern. Wir belehren andere, Demonstrationen als Bürgerbeteiligung wahr zu nehmen und nicht als Bedrohung zu empfinden. Natürlich tun wir das, oder mindestens unsere Vertreter auf Zeit. Richtig und gut, aber sollten wir nicht zuerst dafür Sorge tragen, dass wir den heute Betroffenen von Heimerziehung – in welcher Form auch immer – die Würde zurück geben und Ihnen ein finanziell gesicherten Lebensabend trotz Behinderung oder gerade deshalb ermöglichen. Wir haben in diesem Land einiges wieder gut zu machen, in Form angemessener Renten und Entschädigung für erlittenes Unrecht und Ausbeutung.
Sollten wir nicht endlich damit aufhören, diese Opfer zu produzieren? Sollten wir nicht endlich solche Formen des Umganges mit Kindern beenden? Sollten wir nicht endlich alles in unserer Macht stehende unternehmen, die Täter solcher „Erziehungspraktiken“ zu verurteilen? Sollten wir nicht endlich unserer Kinder mit Rechten ausstatten, die diese auch einfordern können, weil Sie diese verstehen? Sollten wir uns nicht endlich fragen, wie viel Schaden wir durch nichts tun anrichten?
Ich denke, wir müssen!
Wir müssen das einfordern. Bildermann kenn ich nicht, aber ich bilde mir ein, dass wir uns das alle fragen lassen müssen, auch und aktuell zuerst in Brandenburg. Es ist so eine Sache mit „nie wieder“ in unserem Land, ist es nicht an der Zeit damit endlich anzufangen?
Ich dachte, hoffte und glaubte letztendlich auch, dass wir etwas gelernt haben. So als Land, als  Gesellschaft , als das sogenannte Volk.
Offenbar haben wir das nicht. Oder wollen wir vielleicht nicht? Es wirkt auf mich, als wollten wir nicht. Als litten wir alle unter Amnesie und offenbar haben wir sie gern, unsere Amnesie. Sonst müssten wir uns ja täglich mit Fragen auseinandersetzen auf die es Antworten gibt.
Antworten zum Beispiel auf die Frage: Woher kommt der NSU. Wer hat das gewusst und zugelassen? Wir oder die, die dafür bezahlt werden so etwas zu bemerken, öffentlich zu machen, ja, auch die Bürger zu schützen. Die haben es gewusst und offensichtlich auch bemerkt , nur weder öffentlich gemacht noch die Ihnen anvertraute Sicherheit der Bürger im Auge behalten.
Ich habe keine Amnesie und bemerke das sich vieles wiederholt. Zum Besipiel die Art und Weise, wie ich in einem Spezialheim der DDR erzogen wurde. Diese Methoden wiederholen sich nun in einem privatisierten geschossenen Kinderheim in Deutschland. Und das, nachdem wir geschädigten Heimkinder von damals bis heute nicht entschädigt haben für diese Misshandlungen. Nun geschehen diese Misshandlungen wieder. Was haben wir also tatsächlich gelernt als Gesellschaft? Nach zwei großen Kriegen haben wir uns die Beteuerung „Nie wieder“ auf die Fahnen geschrieben. Nach der Aufdeckung des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen an der Odenwaldschule  riefen wir wieder: „Nie wieder“
Und nun? Die Fortsetzung soz. Erziehungsmethoden in einer GmbH in Brandenburg. Nein, kein bedauerlicher Einzelfall, sondern die konsequente Fortsetzung und Folge der Nicht-Bewältigung, der Nicht-Aufarbeitung , Nicht-Verhinderung, und der nicht angemessenen Entschädigung der Opfer solchen Tuns. Es reicht einfach nicht „Nie wieder“ zu sagen. Wir müssen diese Geschichten gemeinsam aufarbeiten und bewältigen. Wir können nur verhindern, was wir verstanden und beendet haben. Wie groß soll der angerichtete Schaden an den Kinderseelen noch werden?

http://dierkschaefer.wordpress.com/2013/06/29/nie-wieder/

Mit Zustimmung des Autors “Lutz” hier ungekürzt wiedergegeben.

netzwerkB Pressemitteilung vom 24.09.2013

netzwerkB fordert Aufklärung und Unterstützung der Betroffenen

Die gesamte grüne Führungsspitze tritt laut Erklärung von Jürgen
Trittin, Claudia Roth, Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt vom 23.
September 2013 zurück. Auch Volker Beck zieht sich aus der ersten Reihe
zurück.[1]

netzwerkB erklärt hierzu:

Diese Schritte hätten schon vor den Wahlen statt finden müssen. Die
Märchen von angeblich verfälschten Texten, angeblich fiktiven
Erzählungen, abgeblichen Erinnerungslücken und angeblich nie gefaßten
Beschlüssen hätte man sich und der Öffentlichkeit, insbesondere aber
auch den Betroffenen ersparen können.

Wer solche Texte schreibt oder unterschreibt, druckt und verbreiten läßt,
in denen sexuellen Handlungen mit Kindern und Jugendlichen, idealisiert und
ideologisiert werden, darf sich heute nicht aus der Verantwortung stehlen.

Es ist auch eine Mär, zu behaupten, dass sei alles doch schon 1981
gewesen, oder 1976. Was in der Öffentlichkeit nicht mehr ging, setzte sich
zum Beispiel in der Humanistischen Union fort. Die Tolerierung und
Unterstützung ging weiter.

Wir monieren die Zusammenarbeit mit der "Arbeitsgemeinschaft Humane
Sexualität" und der "Pädo Selbsthilfe- und Emanzipationsgruppe München".
Ein Fundstück aus dem Jahre 1997 ist folgendes Infoblatt für Kinder:
"Weißt Du, daß es Erwachsene gibt, die auf Kinder "stehen"? Daß diese
Erwachsenen 'pädophil' oder kurz 'Pädos' genannt werden? Daß es Kinder
gibt, die etwas mit einem Erwachsenen haben? Daß es manche von diesen
Kindern nicht selbst wollen, sondern tun müssen? Daß es aber auch einige
Kinder gibt, die es selbst wollen und gut finden?"

Im Jahre 2000 verfaßte der Bundesvorstand ein Papier, dass die Aufhebung
der gesetzlichen Verfolgung von Pädophilen anstrebte. Danach distanzierte
man sich von dem Papier. In den Jahren 2003/2004 fanden eine Polizeirazzia
in den Räumen der Humanistischen Union, weil man dort weiter mit
Pädphilen kooperierte, und ein Gerichtsverfahren statt. Man distanzierte
sich erneut. Danach fanden die Treffen der pädophilen Selbsthilfegruppe
bei einem Vorstandsmitglied der Humanistischen Union und Mitinhaber eines
Hauses in der Maxvorstadt statt. Im Mai 2010 verurteilte ihn das
Landgericht München zu einer Haft von zweieinhalb Jahren. Er hatte nach
Auffassung des Gerichts einen 11jährigen Jungen, den er im Freibad
kennengelernt hatte, mindestens 70 Male sexuell missbraucht.[2]

Über solche Bezüge sollten die grünen Politikerinnen Renate Künast,
Claudia Roth oder Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP, seit April 1999
im Beirat) doch wissen, die ebenso wie viele andere hochrangige Politiker
als Mitglied im Beirat der Humanistischen Union den dortigen Vorstand
beraten. Nach wie vor befinden sich im Beirat der HU auch fragwürdige
Experten wie Fritz Sack, Soziologieprofessor und Kurator der
„Arbeitsgemeinschaft Humane Sexualität”. Oder Rüdiger Lautmann,
Verfasser des Buches „Die Lust am Kind“.

Für uns ist die Aufklärung wesentlich, wer in Deutschland versucht hat,
die Pädophilie zu legalisieren, wer Kontakte zu Netzwerken hatte und
welche Täter in diesen Netzwerken bis heute bekannt geworden sind.

Wir monieren, dass die Kontinuitäten und Vernetzungen geleugnet werden.
Wir monieren, das so getan wird, als würde es keine Opfer geben. Wir
monieren, dass so getan wird, als würde es keiner Anlaufstelle bedürfen.

Eine Aufarbeitung bedarf auch einer Reflexion. Diese kann nicht
stattfinden, wenn Verantwortungsträger von früher heute noch als
Geschäftsführer oder Vorsitzende oder Inhaber anderer hoher Ämter tätig
sind. Der Rücktritt wäre eine Frage des Anstands gewesen, nicht eine
Frage des Wahlergebnisses. Mit solch einem Verhalten schafft man kein
Vertrauen, sondern Interessenkollisionen.

Was wir jetzt schon sagen können: Es fehlt nach wie vor das Gespräch mit
den Betroffenen. Es fehlt eine Entschuldigung gegenüber den Opfern. Es
fehlt nach wie vor eine gemeinsame Besprechung, wie man das Los der Opfer
heute erleichtern kann.

Aus unserer Sicht gehören dazu unabdingbar die Aufhebung der
Verjährungsfristen im Zivilrecht und im Strafrecht für die Opfer von
interpersoneller Gewalt, denn die Opfer leiden unter den gesundheitlichen
Schäden lebenslang. Dazu zählen für uns auch die Einführung einer
Anzeigepflicht für Gewalt gegen Kinder und Jugendliche, damit mehr
Intervention jetzt stattfinden kann oder zumindest eine Regressmöglichkeit
besteht, und ein grundlegend überarbeitetes System des Schadensersatzes
(auch rückwirkend), das den tatsächlichen Schäden Rechnung trägt. Auch
beim Kinderschutz in der Frage der Beschneidung haben diese Politiker
versagt.

Die Grünen sollten endlich aufhören, den Täterschutz höher zu werten
als die Rechte der Opfer. Das gilt auch für alle anderen Parteien und
Institutionen in Deutschland.

[1]
http://www.ln-online.de/Nachrichten/Brennpunkte/Analyse-Gescheiterte-Gruene-vor-neuen-Ka empfen;
http://www.zeit.de/politik/2013-09/gruener-volker-beck-hoert-auf

[2] 
http://www.zeit.de/1997/17/titel.txt.19970418.xml;
http://www.humanistische-union.de/fileadmin/hu_upload/media/mitt/Mitteilungen171.pdf;
http://www.humanistische-union.de/publikationen/mitteilungen/hefte/nummer/nummer_detail/b ack/mitteilungen-172/article/bericht-vom-verbandstag-in-marburg/;
http://www.sueddeutsche.de/muenchen/kindsmissbrauch-zweieinhalb-jahre-haft-fuer-paedoph ilen-lehrer-1.747058

Dierk Schaefers Blog: Franz-Peter Tebartz-van Elst – der Mann des Jahres

Veröffentlicht in Gesellschaft, Kirche, Religion von dierkschaefer am 31. Oktober 2013

Franz-Peter Tebartz-van Elst[1] ist ein ausgesprochener Liebling der Medien und der Netzgemeinde. Wohl wie kein anderer Geistlicher seit Jahren hat er die Kirche wieder ins Bewußtsein der Öffentlichkeit gehoben. Als einfacher Ruhestandspfarrer auf dem Land kann ich da nur neidisch[2] werden, wenn es mir auch schwerfällt, diese Untugend einzugestehen.

Doch genug der lasterhaften Häme[3]. Wie steht es mit dem „Wirken“ dieses Mannes, was hat er bewirkt?

Er hat nicht nur den Kirchenfeinden Munition geliefert und oberflächliche Religionskritiker bestätigt. Zudem hat er Menschen verunsichert, die bis jetzt, salopp gesagt, „brav katholisch“ waren. Der „Aufstand“ im Bistum belegt das. Und er hat wohl mehr Menschen zum Kirchenaustritt angeregt, als das jemals eine Person aus dem geistlichen Stand geschafft hat.[4] Was „Kirche“, welche auch immer, derzeit tut, wird nun durch die Limburger Skandalbrille gesehen. Besonders wenn die Kirche baut, ist sie nun großer Aufmerksamkeit sicher.

Woher hat sie wohl das Geld dafür, wieviel hat sie überhaupt, darf sie das haben, sollte sie nicht glaubwürdiger in Sack und Asche gehen, alles den Armen geben? Und wenn sie schon baut, welcher Baustandard wird ihr zugestanden? Ist das nicht alles zu teuer, gar zu luxuriös, warum steckt sie ihre Mitarbeiter, die ja skandalöserweise ohnehin nicht streiken dürfen, nicht einfach in Bürocontainer?

Die Diskussion hat längst unterstes Stammtischniveau erreicht, dank eines selbstverliebten Bischofs, dem es gelang, die wenigen Kontrollmechanismen seiner Macht auszuschalten und der wie ein Schulbub versuchte, sich mit Lügen zu retten.

In unserer Gesellschaft ist die Kirche, wenn man von der weltanschaulichen Ausrichtung absieht, eine Großorganisation wie andere auch. Sie lebt, wie auch die Parteien und die Gewerkschaften, im Spagat von Anspruch und Wirklichkeit, zwischen Glaubwürdigkeit und Unglaubhaftigkeit. Zollitsch sprach sogar von der sündhaften Kirche. Es hilft nun nicht, auf die Sünden anderer zu verweisen, auch wenn der Limburger Skandal zeitweise der Elbphilharmonie und dem Berliner Flughafen die Show gestohlen hat. Wo die Kirche unglaubwürdig wird, muß das schon wegen ihres eigenen Anspruchs schonungslos diskutiert werden. Ich habe leider den Eindruck, daß es der Kirche an dafür kompetentem und glaubwürdigem Führungspersonal mangelt, und das nicht erst seit dem Heimkinder- und dem Mißbrauchsskandal.

Bleiben wir bei kirchlichen Bauvorhaben und der Limburger Skandalbrille. Die Münchner Abendzeitung berichtet über den Neubau des Bistums[5]. Wenn andere Firmen, auch die öffentliche Verwaltung, bauen, um ihre verstreuten Abteilungen und Büros in einem Gebäude zusammenzufassen, gilt das als erforderliche Sanierungsmaßnahme. Auch daß die Kosten letztendlich über den Planzahlen liegen, läßt sich meist schadlos erklären, wenn die Differenz im üblichen Rahmen bleibt. Dank Tebartz wird dieses Bauvorhaben nun nicht nur beachtet, sondern generell verurteilt. Wie kann die Kirche nur und überhaupt … siehe oben. Das Churchbashing ist im Mainstream angekommen. Da würde es auch nicht helfen, Franz-Peter zu teeren und zu federn, um ihn dann dem johlenden Mob zu überlassen. Herr, schmeiß Hirn ’ra!, kann ich auf schwäbisch dazu nur sagen.

Ob übrigens der Neubau des Ordinariats Rottenburg-Stuttgart überhaupt nötig war, kann ich nicht beurteilen. Ich habe ihn nur ausgiebig photographiert[6], weil ich den architektonischen Rückgriff auf das Mittelalter höchst befremdlich finde für eine Organisation, die sich nicht in eine Festung zurückziehen sollte.

An der aktuellen Diskussion ist immerhin sinnvoll, daß die Kirche sich nun auch um ihre internen Baustellen kümmern muß, wenn sie dem öffentlichen Druck dieser Gesellschaft standhalten will. Die Zeiten kirchlicher Unschuld, wenn es sie den je gab, sind vorbei. Church business as usual, wie ich auf einem Londoner Bauschild las, geht nicht mehr. Dafür hat der Limburger Bischofs gesorgt und das mit einer medialen Resonanz, die auch die evangelische Kirche in Mitleidenschaft gezogen hat[7].

PS: Ich bin übrigens der Meinung, daß es eine Schande ist, nur in Industriegebieten Platz für Moscheen auszuweisen. Sie gehören inzwischen, wie die Kirchen immer noch, in die Mitte der Gesellschaft. Entgegen der Politik der Kirchenleitungen meine ich, daß man auch einige der inzwischen überzähligen Kirchen entsprechend umwidmen sollte.

 

[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Franz-Peter_Tebartz-van_Elst

[2] http://de.wikipedia.org/wiki/Neid

[3] http://de.wikipedia.org/wiki/Spott

[4] Von „Übertritten“ oder gar der Reformation ganzer Kirchen abgesehen.

[5] http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.die-kirche-und-das-geld-muenchen-hier-baut-der-ka rdinal.1114e59e-de26-428c-8bc9-180925971d4f.html

[6] http://www.flickr.com/photos/dierkschaefer/9651941132/in/photolist-fGUHQ9-fGUMVb-fGCfpk-fG C8dc-fGCbzM-fGC2Zr-fGBY1v-fGBWbF-fGUtqq-fGUELC-fGUyZ5-fGUCGW-cKUitm-fHn5QE/lig htbox/

[7] http://www.flickr.com/photos/dierkschaefer/2486633042/in/set-72157604984616450

 

Beschlagwortet mit: Baumaßnahmen, Bischof Tebartz-van-Elst, Diözese Rottenburg-Stuttgart, Gewerkschaften, Glaubwürdigkeit, Kirche, Kirchenkritik, Limburg, Mann des Jahres, München, Parteien

1 Kommentar

http://dierkschaefer.wordpress.com/2013/10/31/franz-peter-tebartz-van-elst-der-mann-des-jahres /#comments

Dierk Schaefers Blog: Das Christentum, in der Öffentlichkeit geschwächt

Veröffentlicht in Gesellschaft, Kirche von dierkschaefer am 26. Dezember 2013
»Wenn heute das Christentum in Talkshows, Leitartikeln oder sonstwo schlecht geredet wird, dann hat das auch etwas sehr gravierendes zur Folge: Ein in der Öffentlichkeit geschwächtes Christentum kann nicht mehr mit Macht für die Armen, Unterdrückten und Benachteiligten kämpfen«.[1]

Und genau dort liegen die Schwachstellen. In Kinderheimen wurden die Kinder, meist die der Armen, unterdrückt und für ihr Leben benachteiligt. Die Heime waren vielfach Ausbeutungseinrichtungen und die Kinder einem Personal ausgeliefert.

Das Personal war … (zum Ankreuzen, auch mehrfach möglich):
O  bigott
O  pädagogisch unfähig
O  sadistisch
O  sexuell verklemmt
O  pädophil
O  sonstiges …..

Die Rechtsnachfolger dieser Erziehungseinrichtungen von Kirche und Staat waren … (zum Ankreuzen, auch mehrfach möglich):
O  verstockt-uneinsichtig
O  raffiniert
O  unfair
O  betrügerisch
O  heuchlerisch
O  eitel
O  erfolgreich

und vor allem:
O  geizig

Es begab sich außerdem zu dieser Zeit, daß ein Bischof es vermochte, für Waisenkinder bestimmtes Geld in auserlesene Weine umzuwandeln und ein anderer verbrauchte das Geld der Kirche für ein auserlesenes persönliches Luxusambiente.

Gewiß hat das Eintreten der Kirchen für die Armen, Unterdrückten und Benachteiligten die Spendenbereitschaft der Menschen erhöht und ich nehme nicht an, daß es bei Brot für die Welt oder Adveniat oder wie sie alle heißen nennenswerten Mißbrauch gibt. Doch die Verfehlungen hierzulande haben die Glaubwürdigkeit unserer Kirchen nachhaltig untergraben und sie ins offene Messer ihrer erklärten Feinde laufen lassen.

Schade, denn wir brauchen tatsächlich ein Christentum, dessen Kirchen mit Macht für die Armen, Unterdrückten und Benachteiligten kämpfen.

Wie sagt das Sprichwort? Der Fisch stinkt vom Kopf her.

[1] http://
www.huffingtonpost.de/2013/12/24/das-christentum-ist-ein-skandal_n_4497612.html

Blog Dierk Schäfer: Antje Vollmer und das schmutzige Geschäft der Politik.
Posted in Politik by dierkschaefer on 1. April 2014
http://
dierkschaefer.wordpress.com/2014/04/01/antje-vollmer-und-das-schmutzige-geschaft-der-poli tik/

Einen Scherbenhaufen haben die westlichen Länder angerichtet, so Antje Vollmer.[1] Sie sollte sich um ihren eigenen Scherbenhaufen kümmern, um das Porzellan, das sie am Runden Tisch zerdeppert hat. Sie hat gekonnt die ehemaligen Heimkinder für Staat und Kirchen über den Tisch gezogen und ganz ungeniert einen Preis entgegengenommen, der den Namen eines ehrenwerten Mannes trägt. Absolut degoutant!

Vollmer braucht anscheinend wieder etwas publicity in ihrer wohlverdienten Versenkung. Die soll sie haben. http://dierkschaefer.wordpress.com/2011/01/31/der-runde-tisch-heimkinder-und-der-erfolg-der-politi kerin-dr-antje-vollmer/
[1] http://
www.publik-forum.de/Politik-Gesellschaft/gorbatschows-geplatzter-traum

Tagged with: Antje Vollmer, Runder Tisch

Hier die Dokumentation der Arbeit des Runden Tisches Heimerziehung mit Dank an Pfarrer i.R. und Diplompsychologe Dierk Schäfer, Bad Boll:

Dierk Schaefers Blog: Der Runde Tisch Heimkinder und der Erfolg der Politikerin Dr. Antje Vollmer
Posted in heimkinder by dierkschaefer on 31. Januar 2011
Ein informationsgestützter Interpretationsversuch

Der Runde Tisch stand von Beginn an unter keinem guten Stern. Zwar hatte er eine nicht zu überschätzende parlamentarische Startbedingung durch den Auftrag des Petitionsausschusses bekommen, doch dann geriet das Verfahren unter die Räder der Alltagspolitik, die immer Interessenpolitik ist, bei der sich letztlich das Beharrungsvermögen (Trägheit inbegriffen) und die mächtigeren Interessen durchsetzen.

Da war zunächst die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen, die ich als die böse Fee der Heimkinder sehe. Sie sorgte mit ihrem Votum für die „richtige“ Weichenstellung: „Die Einrichtung eines nationalen Entschädigungsfonds wird von Bundestag und Bundesregierung nicht angestrebt.“

Die psychologischen Auswirkungen dieses Satzes waren verheerend. Er hat einen ungeheuren Vertrauensschaden angerichtet.

Doch die Ministerin blieb am Ball: Im Zuge der Vergabe der Organisation des Runden Tisches kam es zu einer Kürzung des Budgets von rund einer Million auf rund vierhunderttausend Euro. Diese Zahlen waren mir bei meiner Anhörung am Runden Tisch am 2. April 2008 noch nicht bekannt ( http://dierkschaefer.files.wordpress.com/2009/04/runder-tisch-bericht-ds.pdf ). Es war klar, daß mit dieser Summe nicht angemessen gearbeitet werden konnte. Sollte ja vielleicht auch nicht werden.

Zu welchem Zeitpunkt in diesem Hintergrundgeplänkel Frau Vollmer mit der Moderation beauftragt wurde, weiß ich nicht. Aus jahrelanger Erfahrung als Moderator weiß ich aber, daß ein Moderator, wenn nicht nach außen, so doch zumindest in der Gruppe, die er moderiert, unglückliche Startbedingungen benennen und mit der Gruppe überlegen muß, wie man damit umgehen will, um das Projekt erfolgreich anzugehen. Dies hat Frau Vollmer nicht getan.

Zudem hat ein Moderator darauf zu achten, daß kein Mitglied der Gruppe deutlich schwächer gestellt ist, als andere. Eine asymmetrische Machtverteilung gibt es zuweilen. Doch eine ungleichgewichtige Beteiligung darf ein Moderator nicht hinnehmen, sondern muß ihr gegensteuern. Das bedeutet, daß Frau Vollmer dafür Sorge hätte tragen müssen, daß den ehemaligen Heimkindern die begleitende Beratung durch eine renommierte Rechtsanwaltskanzlei finanziert wird. Doch die bekamen nicht einmal ein eigenes Budget.

Alle anderen Teilnehmer am Runden Tisch waren den ehemaligen Heimkindern durch Bildung und Ausbildung, und auch durch ihre berufliche Position haushoch überlegen. Zudem hatten sie einen „Apparat“ im Hintergrund, den sie zumindest logistisch nutzen konnten. Zu erwähnen ist auch die Selbstverständlichkeit, daß ihre Tätigkeit zumeist im Rahmen ihrer dienstlichen Obliegenheiten erfolgte.

All dieses nicht angesprochen und kompensiert zu haben, ist professionelles Versagen der Moderatorin Vollmer. Zugleich ist es eine Frage der Berufsethik, die sie als Pfarrerin zu berücksichtigen hat, auch wenn sie nicht explizit als solche tätig wird.

Doch dabei blieb es nicht. Frau Vollmer hätte erkennen müssen, daß die am Runden Tisch beteiligten ehemaligen Heimkinder einen schweren Stand auch gegenüber ihrer Basis haben, gerade weil Frau von der Leyen sich so definitiv geäußert und schon die deutliche Verzögerung des Beginns des Runden Tisches verursacht hatte. Auch diesen Punkt habe ich in meiner Anhörung deutlich herausgestellt. Sie hat jedoch die Alarmsignale ignoriert und eine Öffentlichkeitsarbeit betrieben, die als Verheimlichungsarbeit wahrgenommen werden mußte. Es ist zu konzedieren, daß die Politik des VeH ihr dabei in die Hände gespielt hat; eine Politik, die ich bei meiner Anhörung als problematisch bezeichnet habe. Doch Frau Vollmer  hätte gegensteuern können und müssen. Allerdings scheint sie in der Person von Dr. Siegfried Wiegand ein williges Werkzeug gefunden zu haben, den sie nach meinen Informationen in mindestens einer separaten Unterredung auf Gefolgschaft einstimmen konnte. Dadurch hat sie die Position der ehemaligen Heimkinder am Runden Tisch noch mehr geschwächt, indem diese nun nicht nur dem Druck der Heimkinderöffentlichkeit ausgesetzt waren, sondern auch dem Konformitätsdruck innerhalb ihrer Dreierkonstellation; schließlich hatte Herr Wiegand erkennbar eine Leitfunktion inne und beanspruchte sie auch.

So eingefädelt konnten die Dinge ihren Lauf nehmen. Informationen vom Runden Tisch blieben eher formal, wenn auch ein paar Gutachten in Auftrag gegeben wurden, die zu anerkennenswerten Ergebnissen kamen. Die beim Runden Tisch eingerichtete Anlaufstelle für ehemalige Heimkinder hat nichts verlautbaren lassen, was auf eine erfolgversprechende Arbeit schließen ließe; ehemalige Heimkinder, die Kontakt mit mir hatten, haben sich ausschließlich negativ über die Stelle geäußert.

Dann kam der Zwischenbericht. Er wurde von Prof. Kappeler auf hohem fachlichem Niveau ausführlich analysiert. Herr Wendelin vom Runden Tisch versicherte mir zwar, alles werde vom Runden Tisch wahrgenommen; doch die Analyse von Prof. Kappeler fand weder eine offizielle Anerkennung, noch wurden die aufgezeigten gravierenden Mängel in der Folgezeit kompensiert.

Die Schlußphase –  Endlich hatten die drei Teilnehmer des Runden Tisches mit Heimhintergrund ein Papier mit konkreten Forderungen nicht nur vorgelegt, sondern auch offiziell eingebracht. Damit kamen Turbulenzen in die Beratungen des Schlußberichts, so daß die Schlußversion besser aussah als der Entwurf.

Die Analyse des Schlußberichts durch Prof. Kappeler ist aufschlußreich. Wie kam das Abstimmungsergebnis zustande? Die drei „ordentlichen“ Vertreter der Heimkinderseite hatten drei persönlich zugeordnete Stellvertreter bekommen. Diese waren zwar redeberechtigt, was ihnen aber anscheinend nicht gleich gesagt wurde. Stimmberechtigt waren sie jedoch nur bei Nichtanwesenheit dessen, den sie zu vertreten hatten. Folgerichtig gab es also immer nur drei Heimkinderstimmen. Zur Absegnung des Schlußberichts sollten auch die Stellvertreter plötzlich stimmberechtigt sein; die Heimkinder hätten also sechs Stimmen gehabt. Doch die Verdoppelung der Ohnmacht klappte nicht, denn ein Stellvertreter scherte aus. Eine Gegenstimme hätte nicht gut ausgesehen. Den Stellvertretern wurde das gerade eben zugesprochene Stimmrecht schnurstracks wieder entzogen. Die anderen wurden vor die Alternative gestellt: entweder es gibt das, was nun aufgetischt ist, oder es gibt gar nichts. Bei Tarifverhandlungen zwischen in etwa gleich starken Partnern ist das ein legitimes Mittel, einen Kompromiß herbeizuführen oder die Situation zu klären. Doch diese Konstellation war von Anfang bis Ende nicht gegeben. Die Moderatorin setzte die schwächeren Partner unter Druck (und Zeitdruck) und bekam das, was sie später in der Presse eine immer gute Lösung nannte, den einstimmigen Beschluß. So darf ein neutraler Moderator nicht verfahren.

Dennoch bin ich der Meinung, daß Frau Vollmer ihren Job professionell gemacht hat. Ich hänge jedoch nicht den Verschwörungstheorien vieler ehemaliger Heimkinder an. Die Realität dürfte banal sein. Frau Vollmer hat ausschließlich als Politikerin agiert und das gefördert, was angesichts der Verhältnisse machbar war und als persönlicher Erfolg verkauft werden konnte. Sie mußte dabei nur entsprechend jonglieren und aufpassen, daß kein Ball zu Boden fällt.

Das ist ihr zweifellos gelungen. Frau Vollmer hat ihren Job beendet und hält sich mit Recht für erfolgreich. Auch der Hauptvertreter der Heimkinder am Runden Tisch kann sich im Erfolg sonnen, wie ich vermute, selbstgefällig: Er hat immerhin den ehemaligen Heimkindern einen Spatzen  verdient.

Auch gekonnt-professionelles Handeln kann äußerst degoutant sein.

http://
dierkschaefer.wordpress.com/2011/01/31/der-runde-tisch-heimkinder-und-der-erfolg-der-politi kerin-dr-antje-vollmer/

Heimkinder, Heimerziehung, Runder Tisch Heimerziehung, Antje Vollmer, Evangelische Kirche, Katholische Kirche, Caritas, Diakonie, Dierk Schaefer, Dierk Schäfer,

Dierk Schaefers Blog: Das Wächteramt der Kirche - Kommentar: Der Wolf als Schäfer?

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider dozierte am 11. März 2014 auf einem Symposium von EKD und Evangelischer Polizeiseelsorge in Berlin über das Wächteramt der Kirche. [1]

Für Theologen ist das nicht weiter spannend, weil nicht neu.
Nicht-Theologen, auch nicht-Christen könnten fragen, ob ein Wächteramt der Kirche einerseits eine Anmaßung, vielleicht gar Bedrohung ist, und ob andererseits die Kirche die angemaßte Rolle tatsächlich ausfüllen kann und in der Vergangenheit ausgefüllt hat.

Ehemaligen Heimkindern könnte beim Stichwort Wächteramt auch noch die Wächterfunktion der Jugendämter einfallen. Doch das Thema Anmaßung will ich nicht vertiefen.

Interessanter erscheint mir ein anderer Zusammenhang. Wer etwas beansprucht, sollte Referenzen vorweisen können. Schneider erwähnt öffentliche Debatten, die auch in konkreter Wahrnehmung ihres kirchlichen Wächteramtes inspiriert waren. Sie hätten sogar unsere Kirche vor manche Zerreißprobe gestellt. Schneider erinnert an die Formulierung V in der Barmer Theologischen Erklärung[2]: »Sie (die Kirche) erinnert an Gottes Reich, an Gottes Gebot und Gerechtigkeit und damit an die Verantwortung der Regierenden und Regierten.«

Mit der Verkündigung des Evangeliums an »alle Welt« ist als Auftrag mit gesetzt, die Gebote in aller Welt zur Geltung zu bringen. …Wir sehen es als Aufgabe, in Auslegung des Dekalogs [10 Gebote] und in Aufnahme der Weisungen Jesu den Ordnungsrahmen des Gemeinwesens zu beschreiben. Unser Reden schöpft einerseits aus dem Kern der biblischen Botschaft und ist andererseits sachlich argumentierend. In diesem Sinne gibt es tief in der biblischen Überlieferung verwurzelte Grundentscheidungen, die für unsere ethische und politische Kultur prägend sind. Ich nenne nur die Stichworte: Menschenwürde, Freiheit, Gerechtigkeit, Rechtsstaatlichkeit, Sozialstaatlichkeit und Schutz der Schwachen.1

Nun, da mag er ja Recht haben. Auch ich bin der Meinung, daß wir Christen den Auftrag haben, Gerechtigkeit und Menschlichkeit nicht nur zu praktizieren, sondern auch einzufordern und uns in den politischen Prozeß einzumischen, und dies auch dann, wenn es Nachteile bringt.

Doch wer mit diesem Anspruch fordert, sollte auch liefern. Dabei denke ich nicht an die Verbrechen in kirchlichen Erziehungseinrichtungen in der Vergangenheit. Die hat Schneider nicht zu verantworten. Ich denke an den Betrug an den ehemaligen Heimkindern in der Gegenwart. Entschuldigungsgestammel gab es – nach geraumer Anlaufzeit – zuhauf. Aber die Kirchen haben den ehemaligen Heimkindern jede Entschädigung versagt. Wo waren da Menschenwürde, Gerechtigkeit und Schutz der Schwachen?

Da blieb dann wohl allein die Rechtsstaatlichkeit, dank derer die Kirche sich mit der Verjährungseinrede aus der Bredouille ziehen konnte.

So wurde eine theologisch wie ideengeschichtlich interessante Vorlesung zum Wortgeklingel und damit zur Täuschung der Öffentlichkeit. Wächteramt in christlicher Verantwortung sieht anders aus.

[1] epd-Dokumentation 16/14 Polizeiseelsorge
[2] http://
de.wikipedia.org/wiki/Barmer_Theologische_Erkl%C3%A4rung
http://
dierkschaefer.wordpress.com/2014/04/14/das-wachteramt-der-kirche/

Kommentar: Der Wolf als Schäfer?

Den Ausführungen von Dierk Schäfer ist nicht viel hinzuzufügen. Sieben Jahre wühlen im Sumpf haben mir eine Erleuchtung gebracht. Niemand hat mehr Wunden in die Psyche von Heimkindern gerissen, wie gerade die Kirchen. Als ihre Wächterfunktion gefragt war, haben sie kläglich versagt. Zunächst haben sie Aufgaben übernommen, denen sie nicht gewachsen waren. Sie haben den Anspruch erhoben, Kinder und Jugendliche zu erziehen, Behinderte zu beschulen und zu pflegen, Waisen und verstoßene Säuglinge zu umsorgen, psychisch kranken Kindern und Jugendlichen medizinischen und seelsorgerischen Beistand zu leisten. In allen Disziplinen haben die Kirchen versagt. Zum einen reichte das Personal ständig nicht aus, um diesen eklatanten Mangel zu kompensieren, haben die kirchlichen Anstaltsleiter die ihnen Anvertrauten zu Sklaven gemacht. Sie haben die Hausarbeit erledigen und für ihr Essen schuften müssen. Das Essen war in den meisten Einrichtungen ein unzumutbarer Schweinefraß, der sich vom Essen für die wenigen Angestellten dieser Einrichtungen deutlich abhob. Die nachträgliche Begründung des Mangels in den Nachkriegsjahrzehnten ist eine mehrfach widerlegte Lüge jeder Einrichtung.

Weil das Wächteramt der Anstaltsleitungen nicht wahrgenommen wurde, haben die Einrichtungen Wracks hinterlassen. Ehemalige Anstaltssäuglinge erfahren durch ihre Therapeuten, dass sie in grauer Vergangenheit Ablehnung erfuhren. Ehemalige "Erziehungszöglinge" sind heute psychisch und/oder physisch krank und haben keine Rolle mehr im gesellschaftlichen Leben spielen dürfen. Viele schliddern als gescheiterte Existenzen am Existenzminimum vorbei. Die in die Psychiatrie Zwangseingewiesenen und dort auch berechtigterweise Untergebrachten erzählen immer mehr, dass es ihnen unter kirchlicher Trägerschaft dieser Institutionen schlecht ging. Das Ausmaß der Misshandlungen ist längst noch nicht aufgezeigt und die Folgen werden erst in vielen Jahren dokumentiert sein. Bis in die 90er Jahre hinein haben Heime unter kirchlicher Trägerschaft immernoch ihre Wächteraufgabe nicht ausgeführt. Verstärkt kamen in den letzten fünf Jahren die sexuellen Misshandlungen an die Öffentlichkeit.

Nach erheblichem Druck durch die Öffentlichkeit, mit Hilfe des Internets, kamen immer mehr Verbrechen ans Tageslicht und die Politik wurde gezwungen, zu reagieren. Es wurde ein "Runder Tisch Heimerziehung" eingerichtet. Erneut haben die Kirchen ihr Wächteramt missbraucht, indem sie ihre Juristen am Tisch platzierten, die nicht etwa die Opfer bewachten und vor politisch gesteuerten Betrügereien schützten, sondern diese Opfer erneut quälten. Die Kirchenvertreter haben im Verein mit den anderen Juristen hilflose Opfervertreter übertölpelt und letztendlich zu Unterschriften erpresst, die verhängnisvoll die wahren Forderungen der Opfer vom Tisch fegten.

Selbst in den Gremien des Opferfonds, jetzt auch in denen des Fonds für Opfer sexueller Gewalt, haben sie ihre schmutzigen Finger und verlangen die totale Entblößung der Opfer. Damit demütigen sie diese erneut und verhindern zum größtenteil, dass die Opfer überhaupt Anträge stellen.

Was den Umgang der heutigen Rechtsvertreter der Anstalten mit den Opfern betrifft, ist zu beobachten, dass sie sich samt und sonders hinter den Beschlüssen des "Runden Tisches Heimerziehung" verschanzen und die Empfehlungen des "Runden Tisches sexueller Missbrauch" schlichtweg ignorieren. Dr. Christine Bergmann sieht nämlich die Anstalten in der Haftung.

Eine kleine, positive Einschränkung muss gemacht werden. Die Evangelische Stiftung Volmarstein leistet bisher unkonventionell Opferhilfe. Sie hilft mit beträchtlichen Geldern, die Auswirkungen der Heimzeit ihrer Opfer zu kompensieren. Aber das reicht nicht.

Das Wächteramt über ihre Opfer nehmen die Kirchen auch heute nicht wahr! Sie tun nichts, aber auch gar nichts, damit die damals Gequälten und Geschundenen nicht erneut ins Heim müssen; nun aufgrund ihres Alters oder zunehmender Behinderung. Anstatt mit wehenden Talaren vor den übergeordneten Sozialämtern Gelder für die Zukunftssicherung im häuslichen Bereich einzufordern, verkriechen sie sich auch weiterhin wie Wölfe, die ein paar Schrotkugeln ins Fell bekommen haben. Sie lecken ihre Wunden und hoffen, dass die Bevölkerung irgendwann vergisst und die Opfer aussterben. Wer nicht mehr lebt, hält endlich die Schnauze.

Die Hoffnung geht nicht auf, wenigstens nicht so schnell. Wenn das Internet frei bleibt, werden diese Verbrechen noch lange nachlesbar sein und die Kirchen noch Jahrzehnte an ihren damaligen Taten gemessen werden.

Wenn Nikolaus Schneider für die Evangelische Kirche immer noch das Wächteramt reklamiert, misshandelt auch er erneut die Heimkinder. Diesen Anspruch haben die Kirchen verwirkt. Sie sollten sich selbst kontrollieren lassen, weil sie immer wieder auf ganzer Linie versagen.

Evangelische Kirche, Nikolaus Schneider, Moral, Heimkinder, Heimerziehung, psychische Gewalt, physische Gewalt, sexueller Mißbrauch, Zwangsarbeit, Ausbeutung, Diakonie

Prof. Dr. Manfred Kappeler: Anvertraut und ausgeliefert
Vortrag im Rahmen der Ethik-Vorlesung an der Hochschule Esslingen (Fakultät Soziale Ar­beit) am 27.5.2014

Statt Hilfe und Unterstützung erfuhren sie Unrecht und Leid – Kinder und Jugendliche in der Heimerziehung der Vierziger-Siebzigerjahre.
 

Auszug:
Die Entschädigungsfrage
In den 40er bis 70er Jahren haben Hunderttausende Kinder und Jugendliche durch die ih­nen in den Heimen der Jugendhilfe der damaligen Bundesrepublik abgezwungene Arbeit in der Haus- und Landwirtschaft der Heime selbst, in Eigenbetrieben der Heimträger und als an Fremdfirmen Ausgeliehene mehrstellige Milliardenbeträge erwirtschaftet. Mit die­sem Geld wurden Jahr für Jahr die Budgets der Jugendhilfe entlastet und damit zuletzt der Steuerzahler. Der RTH hätte diesen Sachverhalt mit einer wirtschaftswisssenschaftli­chen Expertise aufklären können und damit eine Grundlage für eine politisch zu vertre­tene und der Öffentlichkeit zu vermittelnde angemessene finanzielle Entschädigung ehe­maliger Heimkinder bekommen. Aber obwohl von den ehemaligen Heimkindern am RTH die Anerkennung der verbotenen Kinderarbeit und der Zwangsarbeit von Jugendlichen vom ersten bis zum letzten Tag der Arbeit des RTH eingefordert wurde, obwohl die wirt­schaftliche Bedeutung dieser Arbeit von ihnen immer wieder betont wurde und obwohl sie den direkten Zusammenhang zwischen der erzwungenen Arbeit und der ihnen vorent­haltenen Bildung immer wieder dargelegt haben, wurde diese Expertise von der Leitung des RTH nicht in Auftrag gegeben und dem Bundestag empfohlen, die diesbezüglichen Forderungen der ehemaligen Heimkinder zurückzuweisen. Der Versuch von mir und ande­ren Sachverständigen, in der die Plenumsentscheidung vorbereitenden Sitzung des Fami­lienausschusses diese folgenreiche Fehlentscheidung zu korrigieren, scheiterte an der Weigerung der Mehrheit der Abgeordneten des Bundestages, die „Empfehlungen“ des RTH noch einmal daraufhin zu überprüfen, ob sie, wie es den ehemaligen Heimkindern am Beginn dieses Prozesses in Aussicht gestellt worden ist, wirklich einen angemessenen Beitrag zu ihrer Rehabilitation und Entschädigung leisten und für den sozialen Frieden in dieser Gesellschaft förderlich sind.

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Sehr geehrte Damen und Herren,

die Heimkids sind immer noch ein Thema. Wer von Ihnen hin und wieder meinen Blog aufsucht, weiß das. Ansonsten: Schauen Sie doch einmal wieder rein. Es gibt neue Entwicklungen.

1. Die Heimkinder aus den psychiatrischen Einrichtungen und Heimen für Menschen mit Behinderung, vom Runden Tisch nicht beachtet, sollen nun eine flächendeckende Studie bekommen, soweit sie katholisch sind. http://dierkschaefer.wordpress.com/2014/07/08/neue-heimkinderstudie-im-auftrag-der-caritas/ Dort auch weiterführende Links.

2. Mit der Frage, wie die von den Nazis leergemordeten Heimplätze nach dem Krieg wieder belegt wurden und in wessen Interesse, dürfte ein neues Kapitel eröffnet werden. http://dierkschaefer.wordpress.com/2014/07/04/nachkriegskinder-als-frischfleisch-fur-die-psychiatri en/ und http://dierkschaefer.wordpress.com/2014/07/03/das-leid-von-kindern-in-psychiatrischen-einrichtung en-in-der-nachkriegszeit/

3. Auch heute noch gibt es Heime, in denen die Zustände ähnlich skandalös sind wie in den mittlerweile historischen. http://dierkschaefer.wordpress.com/2014/07/09/neues-aus-der-haasenburg/

Wie eine Gesellschaft mit den „Überzähligen“ umgeht, mit den Menschen, die man nicht (mehr) braucht, die aber Kosten verursachen, zeugt von ihrer Humanität.

Hier wären noch mehr Gruppen aufzuzählen, als die Heimbewohner jedweden Alters. Ich will hier nur die Alten- und Pflegeheime nennen, auf die ein großer Teil von uns „zualtert“, auch die ehemaligen Heimkinder. http://dierkschaefer.wordpress.com/2011/07/31/wurdiges-sterben/ und http://dierkschaefer.wordpress.com/2011/12/31/2243/. Der dort genannte Vorfall liegt zwar schon etwas zurück, doch ich bekomme auch Meldungen über aktuelle Fälle.

Ihrer Aufmerksamkeit herzlich empfohlen!

Mit freundlichem Gruß

Dierk Schäfer

Freibadweg 35

73087 Bad Boll