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Bußaufruf Dierk Schäfer

Öffentlicher Bußaufruf an die Kirchen in Deutschland

Es wird wohl kaum jemand wagen, von Gottes Führung zu sprechen. Eher nimmt man Zuflucht zum Wort „Schicksal“. Doch für das Schicksal der ehemaligen Heimkinder gibt es Schuldige. Offen zutage liegen nunmehr übereinstimmende und glaubwürdige Berichte einer ganzen „Wolke von Zeugen“ und die ersten wissenschaftlichen Untersuchungen bestätigen die Klagen der Heimkinder. An deren Schicksal sind maßgeblich die Einrichtungen der Kirchen beteiligt, wenn auch staatliche Heime wohl nicht besser waren und die Jugendämter ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen sind.

Wie gehen die Kirchen nun mit dieser Schuld, dieser übergroßen Schuld um? Die Täter von damals sind kaum noch zu belangen. Von Kollektivschuld zu reden, wäre nicht angemessen. Doch wie steht es mit der Verantwortung? Wächst den Verantwortlichen von heute, also auch den Kirchen, nicht Schuld zu, wenn sie sich der Verantwortung nicht stellen?

Spätestens seit Einrichtung des Runden Tisches haben die ehemaligen Heimkinder eine beachtliche Medienresonanz gefunden. Doch der Runde Tisch hatte keinen guten Start, weil die damalige Familienministerin einen Entschädigungsfonds ausschließen wollte („Die Einrichtung eines nationalen Entschädigungsfonds wird von Bundestag und Bundesregierung nicht angestrebt.“) Damit wurde der Runde Tisch in den Augen der mir bekannten Heimkinder von Beginn an unglaubwürdig.

Auch die Reaktion der Kirchen und der ihnen angeschlossenen Einrichtungen, die Kinderheime betrieben hatten, war zunächst – vorsichtig ausgedrückt – zurückhaltend. Lediglich die hannoversche Landesbischöfin konnte Vertrauen gewinnen, als sie von Entschädigung sprach. Doch dann kamen zahlreiche Äußerungen kirchlicher Vertreter, ich spreche hier von beiden Konfessionen und ihren Sozialwerken, die zwar Betroffenheit bekundeten, aber „dem Runden Tisch nicht vorgreifen wollen“.

Dies wird nicht nur von den ehemaligen Heimkindern als unangemessener Umgang mit den Heimkindern empfunden. Ein bedeutender Jurist mit sehr viel Erfahrung auf dem politischen Parkett sagte mir, für ihn sehe es danach aus, als ob die Sache auf die lange Bank geschoben werden solle. Die lange Bank heißt: Falls es überhaupt zu einer Entschädigungslösung kommt, werden viele Heimkinder diese nicht mehr erleben. Ich teile diese Befürchtung.

Doch die Öffentlichkeitswirkung dieser Haltung ist den Kirchen fatal, denn was die Öffentlichkeit unabhängig von ihrer Glaubenseinstellung von den Kirchen erwartet, ist Glaubwürdigkeit.

Wie sollte die Kirche mit diesem Problem umgehen? Nachdem vom Runden Tisch nur noch wenig erwartet wird, muß er „überholt“ werden. Darum habe ich mit meinem Bußaufruf den Entschädigungsgedanken von Landesbischöfin Dr. Margot Käßmann aufgegriffen.

Meine Vorschläge dazu stehen im Aufruf.
Detaillierter sind sie nachzulesen unter
http://dierkschaefer.files.wordpress.com/2009/04/verfahrensvorschlage-rt.pdf

Hier kommen Sie zum Text des Bußaufrufs. Wenn Sie ihn unterstützen wollen, einfach dort anklicken. Ihre Daten werden nicht an Dritte weitergegeben.

URL:
http://www.petitiononline.com/heimkids/petition.html

Zur weiteren Unterstützung leiten Sie bitte diese Mail mit der URL zur Petition in Ihrem Freundes- und Bekanntenkreis (auch Institutionen) weiter.

Mit freundlichem Gruß
Dierk Schäfer
Pfarrer i.R.
Freibadweg 35
73087 Bad Boll

PS: Nehmen Sie doch die URL regelmäßig in Ihre Mails auf, als letzte Zeile:
Haben Sie schon für die ehemaligen Heimkinder den Bußaufruf an die Kirchen unterschrieben? Einfach hier anklicken:
http://www.petitiononline.com/heimkids/petition.html

Sprechen Sie auch einmal Ihren Pfarrer und die Kirchengemeinderäte auf den Bußaufruf an!
 

To:  Kirchen in Deutschland, evangelisch und katholisch
Öffentlicher Bußaufruf an die Kirchen in Deutschland

Das Schicksal der ehemaligen Heimkinder in kirchlichen wie auch in staatlichen Heimen bewegt die Öffentlichkeit. Die »Schwarze Pädagogik« der Nazi-Zeit wurde in vielen Heimen fortgeführt. Zahlreiche Heimkinder leiden noch heute unter den Folgen der ständigen Demütigungen, der erlittenen Mißhandlungen und des Mißbrauchs. Viele mußten in den Heimen Zwangsarbeit verrichten, ohne daß dafür Rentenbeiträge gezahlt wurden.
An diesem Unrecht waren viele beteiligt, nicht nur die Kirchen. Doch die meisten der Heime wurden von kirchlichen Einrichtungen betrieben. Darum kommt den Kirchen eine besondere Verantwortung zu.
Dieser Verantwortung müssen die Kirchen gerecht werden. Vereinzelt wurden bereits Betroffenheit und Scham bekundet und Entschuldigungen ausgesprochen. Doch dies wird erst vollends glaubwürdig, wenn zum Wort das deutliche Zeichen der Wiedergutmachung hinzutritt, auch wenn nichts wieder "gut" gemacht werden kann.
Ich rufe die beiden großen Kirchen in Deutschland, die katholische wie die evangelische, gegliedert in (Erz-)Diözesen und Landeskirchen, und ihre diakonisch tätigen Einrichtungen, die Caritas, die Ordensgemeinschaften und das Diakonische Werk mit ihren jeweiligen Untergliederungen auf, in einem öffentlichen Akt Buße zu tun. Der Buß- und Bettag 2010 wäre ein sinnvolles Datum, aber auch der 28. Dezember 2010, der Tag der »Unschuldigen Kindlein«.
Dem Bußakt müssen Taten folgen. So wäre von den Kirchen und ihren Einrichtungen der Grundstock zu einer Stiftung zu legen, aus deren Mitteln Fonds einzurichten sind. Zunächst für angemessene Kompensationszahlungen an die ehemaligen Heimkinder.
Doch eine solche Stiftung sollte nicht ausschließlich vergangenheitsorientiert sein. Auch heutzutage nehmen die Kinder in unserer Gesellschaft nur eine Randstellung ein. In vielen Bereichen steht es um das Kindeswohl nicht zum besten. Hier liegt die Zukunftsaufgabe einer solchen Stiftung: Die Förderung des Kindeswohls. Die Stiftung sollte als Anwalt des Kindes in besonderer Weise für die Interessen unserer Kinder wirken.
Eine solche Stiftung sollte nicht allein von den Kirchen getragen werden. Doch sie könnten die anderen damals Beteiligten nachdrücklich zur Mitfinanzierung einladen: die staatlichen Stellen, die ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen sind und die teilweise ähnliche Heime betrieben haben; auch die Firmen, die von der Zwangsarbeit profitiert haben. Schließlich ist auch deutlich zu machen, daß damals eine ganze Gesellschaft weggeschaut hat – weite Teile schauen auch heute weg, wenn das Kindeswohl übergangen wird.
Buß- und Bettag 2009
Dierk Schäfer
Pfarrer i.R.
Freibadweg 35
73087 Bad Boll
http://dierkschaefer.files.wordpress.com/2009/04/verfahrensvorschlage-rt.pdf

Foto: Jürgen Schäfer

Im Stillen ist Dierk Schäfer, früherer Studienleiter an der Akademie Bad Boll, seit Jahren ein Anwalt für ehemalige Heimkinder. Jetzt geht er an die Öffentlich-
keit - mit einem Bußaufruf an die Kirchen.

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Kinder, die Erbrochenes essen mussten, misshandelt oder in Einzelfällen missbraucht wurden, Zwangsarbeit leisten mussten, täglichen Schikanen ausgesetzt waren und als gebrochene Menschen ins Leben ausgespien wurden: Für Dierk Schäfer ist es keine Frage, dass sich in Kinderheimen in der Nachkriegszeit bis in die 70er Jahre "eines der dunkelsten Kapitel der Bundesrepublik" abspielte. Er selbst hat im Laufe der letzten zehn Jahre mit etwa 30 bis 50 Opfern Kontakt gehabt, ausgehend von einer Tagung über Kriegskinder an der Evangelischen Akademie, und ist mit etlichen im Gespräch geblieben. Grauenvolles hat er gehört: "Das ging bis zu Menschenversuchen: In Tübingen hat man einen Bettnässer mit Elektroschocks ,behandeln wollen, dabei sind seine Geschlechtsteile verschmort." Und gar nicht so weit vom Raum Göppingen entfernt, in einem Steinbruch auf der Alb, soll es zu Zwangsarbeit von Heimkindern gekommen sein, bei dem ein Kind ein Bein verloren habe. Das sei nur die Spitze des Eisbergs.

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