Alle Insider kennen mich unter dem Namen „Flo“. Diesen Namen bekam ich von Brigitte W. (Lehrerin). Heute denke ich, dass andere sich darüber mehr aufregten
als ich. Den Namen bekam ich wohl wegen meiner geringen Körpergrößte und meiner Beweglichkeit, die ich trotzdem hatte. Heute bin ich nicht mehr so flott, aber ich bin zufrieden.
Im Jahre 1961 kam ich nach Volmarstein. Damals hieß das noch „Orthopädische Anstalten“. Wir waren mit insgesamt 3 Geschwistern in Volmarstein. Ulla,
Detlef und ich. Als erstes durfte ich am Katzentisch essen. Für mich war es besser, weil da nicht so viele aßen. So waren, wenn die „Hornissen“ (Schwestern mit ihren Häubchen) weg waren, auch mal Plauderein möglich.
Eigentlich mag ich nichts Negatives schreiben, doch leider sind diese Zwangsfütterungen (Ute H. hat besonders darunter gelitten) geschehen.
Es gab 2 Schlafräume. eins mit 14 Betten und eins mit 9 Betten. Vor den Nächten hat es mir immer gegraut. Man fühlte sich so hilflos, weil man
nicht wusste, was einen so erwartet. Es konnte sein, dass man in die Augen einer „Hornisse“ blickte.
Auch ich wurde zwangsgefüttert, einmal mit Quark. Bis heute kann ich keinen Quark mehr essen. Immer müssen eine Banane oder andere Früchte darin
enthalten sein, damit ich Appetit darauf habe. Dieses Zwangsfüttern ging bei mir bis zu dem Zeitpunkt, wo ich einmal hohes Fieber hatte und trotzdem die Kotze essen musste. Danach wurde ich nicht mehr
zwangsgefüttert.
Es folgt eine Aufzählungen von ehemaligen Schülerinnen, die mit Hannelore im 9-Betten-Zimmer gelebt haben:
Danach folgt eine Aufzählung bekannter Mitschüler aus 12-Betten-Zimmer
Fütteraktionen gab es auch auf der Jungenstation. Horst G. war ein schwerer Spastiker. Seine Spastik war so schwer, dass er für alles Hilfe brauchte.
Auch er wurde zwangsgefüttert.
Als ich nach 14 Jahren, am 17.12.1972 aus den Orthopädischen Anstalten Volmarstein entlassen wurde, kam ich mir vor wie aus dem Knast entlassen. Ich
habe lange darüber gegrübelt, was ich denn verbrochen hatte. Ja, ich war behindert, bzw. in Volmarstein wurde ich behindert. Richtig Kind sein und fröhlich sein, konnte ich nur bei Familie Mieltz und Gries in
Wanne-Eickel und bei den Pardoens von „de Pieterberg“, wofür ich Joachim (Jochen) Twer noch heute sehr zu danken habe. Auch Else Sch. habe ich in lieber Erinnerung. Sie war es, die uns in den Ferien mit vielen
Leckerein und viel menschlicher Wärme umgab. Heute meine ich, dass dies auch der Grund für die Unverträglichkeiten zwischen ihr und den anderen Schwestern war.
Als Kind war mir immer aufgefallen, dass der Joachim (Jochen) Twer, wenn es was gab, was ihm missfiel, nichts unternehmen konnte. Man spürt so etwas
auch als Kind. Förderungen, wie etwa Fahrrad fahren oder anderer Sport, war erst angesagt, als unsere Frau Scholz (Lehrerin) kam und prompt gab es Knieschoner.
Aber einmal war meine Brille kaputt. Da gab es richtig Ärger!
Die Schuhputzecke war oft für mich und Gudrun reserviert. Dort mussten wir manchmal unser Abendbrot einnehmen. Eine mußte auf dem bekannten Bollerwagen
sitzen, eine auf dem gefüllten ABFALLEIMER.
Eines Abends, beim Waschen, ließ ich mir sehr viel Zeit. Das brachte Schwester E. auf die höchste Palme. Vorne waren Karin und Siegrid fast fertig. Bei
Karin gab es immer eine große Lache Wasser. Schwester E. kam, Marianne sah das und warnte mich. Schwester E. machte das Handtuch nass und wollte mich damit verprügeln. Schnell war ich verschwunden und Schwester E.
rutschte in der Wasserlache aus und brach sich den Arm. Die einzige, die lachte, war meine Schwester Ulla. Ich bekam nicht mal Ärger.
Den Dachboden habe ich auch kennen gelernt. Dort bin ich mal in eine Kiste gesperrt worden. Dies passiert, wenn man nicht folgsam ist, wurde mir gesagt.
Das schrieb ich an unsern Vater, bat ihn aber nichts darüber in seinem Antwortschreiben zu erwähnen. Für diesen Brief erbat ich mir von Fräulein Horstkorte (Lehrerin) eine Briefmarke. Sie meinte, er käme auch so an.
Und er kam an. Mein Vater aber auch, nämlich in Volmarstein. Er musste sich ja bringen lassen, weil er blind war. So war dann gleich ein Zeuge dabei, als er richtig Dampf abließ.
Von da an kamen alle Briefe über Fräulein Horstkorte immer ungeprüft bei Papa an. Aber dann kam das Vorlesen der Antwortpost, weil ich ja angeblich so
schlecht lesen kann. Heute weiß ich, dass man herausbekommen wollte, ob und was ich nach Hause schrieb.
Als Gudrun M. nach Volmarstein kam, wurden ihr die langen blonden Haare abgeschnitten. Als sie heulte, wurde ihr gesagt, sie sei keine Prinzessin und
auch nicht Prinz Eisenherz und sollte sich nicht so anstellen. Sie durfte auch am Katzentisch neben mir sitzen.
|