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Eine aufrichtige Entschuldigung Ihres Hauses ist für eine weitere Opfergruppe wichtig, die den Versprechen Ihrer Werber für einen Dienst in
der Diakonie vertraut hat. Hiermit meinen wir die Diakonischen Helferinnen und die Diakonenschüler. Sie mussten hilflos und ohnmächtig zusehen, wie unter dem Dach ihrer Kirche kriminell und
gewalttätig Kinder misshandelt wurden. Sie hat man in ein System von Unrecht und Gewalt gesteckt und wenn sie dann doch aufbegehrten, verweigerte man ihnen die Anhörung ihrer Beschwerden oder bestrafte
sie dafür, das sie sich beschwert haben.
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Freie Arbeitsgruppe JHH 2006
24.08. 2009
Diakonie Bundesverband
Diakonisches Werk der EKD e.V.
Herr Dr. Michael Häusler
14172 Berlin
Telefax 03083001122
Ihr Schreiben vom 17.07.09, AZ: 8830/Hr
Sehr geehrter Herr Dr. Häusler!
Haben Sie herzlichen Dank für Ihr o.g. Schreiben. Der letzte Satz darin irritiert uns jedoch sehr: „Aber die Herbeiführung möglicher tragfähiger
Lösungen der Problematik muss dem Runden Tisch vorbehalten bleiben, der dafür eingerichtet wurde.“
Sie verschanzen sich offensichtlich hinter dem „Runden Tisch“ und warten darauf, dass dieser eine Lösung im Umgang mit der Heimkinderproblematik mit den
Ihnen bekannten Skandalen herbeiführt. Dabei lassen Sie völlig außer Acht, dass die Belange behinderter misshandelter Kinder am „Runden Tisch“ gar nicht berücksichtigt werden und die derzeitigen
Gesprächsinhalte durch die angeblichen Interessenvertreter/innen der misshandelten Kinder nicht unseren Vorstellungen entspricht.
Wir meinen: Die Kirche bzw. die Diakonie macht es sich zu einfach. Schließlich hat Sie einen Großteil Verantwortung zu tragen. Sie ist seinerzeit
angetreten, Schulplätze für behinderte Kinder anzubieten. Sie hat die Eltern dieser behinderten Kinder in dem Glauben gelassen, dass diese Kinder in Heimen der Kirche besonders gut aufgehoben sind. Dabei hat die
Innere Mission, die Vorgängerorganisation des Diakonischen Werkes, in ihrer Kontroll- und Aufsichtspflicht völlig versagt. Damit hat sie erst einmal die Vorraussetzung geschaffen, dass an den behinderten
Kleinkindern und Kindern in dem nun Ihnen bekanntem Ausmaß Verbrechen verübt werden konnten.
Auch der Staat und ab 1961 auch Landesbehörden haben Ihrer Inneren Mission vertraut. Auch diese staatlichen Behörden gingen davon aus, dass diese
behinderten Kinder in Ihrer evangelischen Einrichtung besonders gut aufgehoben sind und haben aus diesem Grunde - wenn auch äußerst fahrlässig und unentschuldbar - auf Heimkontrollen im Johanna-Helenen-Heim
nachweislich verzichtet.
Dieses Vertrauen hat Ihre Vorgängerorganisation in übelster Weise missbraucht. Also sind Sie verpflichtet, Ihrerseits Lösungen aufzuzeigen, wie den ehemals
Hilflosesten der Gesellschaft, nämlich behinderten Kindern, Genugtuung widerfahren kann.
Immerhin hat Ihre Vorgängerorganisation erhebliche Schäden bei den Kindern ermöglicht. Einige sind in therapeutischer Behandlung, andere bekamen in Folge
psychischer und physischer Gewalt zusätzliche Behinderungen, die sie in ihrer Berufswahl völlig einschränkten. Andere wurden krank und müssen ein Leben lang medizinisch versorgt werden. Einige von ihnen leiden
seit Jahrzehnten unter unerträglichen Schmerzen. Wieder anderen wurde die Beschulung verweigert, so dass sie keinen Beruf ausüben konnten. Und wieder andere haben keinen sozialen Umgang mit anderen Menschen
erlernt und können keinen Platz in der Gesellschaft finden. Eine weitere Gruppe wurde zur „Endlagerung“ direkt von der Kinderstation zur Pflegestation abgeschoben. Sie hat echte Lebensqualität nie erfahren
dürfen. In der Konsequenz sind viele Heimkinder zu Kranken, Sozialwaisen, Arbeitslosen und/oder Sozialhilfeempfängern gemacht worden. Dafür müssen diese Opfer entschädigt werden. Wer diese Entschädigung
ablehnt oder – mit welchen Hürdenaufbauten auch immer – verzögert, muss sich nach seiner moralischen Verantwortung fragen lassen.
Die Evangelische Stiftung Volmarstein hat beispielhaft und ideenreich aufgezeigt, dass in der Verantwortung stehende Rechtsnachfolger im Rahmen bestehender
Möglichkeiten einen Beitrag zur Entschuldigung und Wiedergutmachung leisten können. Sie hat auf der Basis von Anregungen Betroffenereinen umfangreichen Katalog erarbeitet und in einem Gespräch vorgestellt. Unter
anderem soll ein Haus nach einem damals besonders schwer misshandelten Mädchen benannt werden. Die Evangelische Stiftung hat sich förmlich entschuldigt.
Eine förmliche, individuelle Entschuldigung des Diakonischen Werkes an die ehemaligen Heimkinder aus Volmarstein steht noch aus. Dabei erwarten wir, dass Sie
diese Heimkinder namentlich anschreiben und sich individuell bei jedem einzeln entschuldigen und dass Sie Ihr Entschuldigungsschreiben auch in der örtlichen Presse veröffentlichen. Die bisherigen Erklärungen des
Diakoniepräsidenten klingen formell. Außerdem wird eine Entschuldigung erst dann glaubhaft, wenn ihr Reue und Wiedergutmachung folgen.
Insbesondere sind Sie aufgefordert, Ihren Einfluss dahingehend geltend zu machen, dass sich solche Verbrechen im Alter der Betroffenen nicht wiederholen
können. Sorgen Sie dafür, dass die behinderten Heimopfer dann, wenn sie Hilfe bei der Bewältigung der letzten Jahre ihres Lebens, beispielsweise bei der Pflege und Gestaltung des Tagesablaufes,
Behindertenassistenz erhalten. Es ist diesem Opferkreis nicht zuzumuten, noch einmal, nunmehr in einem Alten- oder Pflegeheim unterzukommen, um die letzten Lebensjahre ihres Lebens dahinzuvegetieren. Es muss ihnen
garantiert werden, dass sie ein würdevolles Alter in häuslicher Umgebung führen und dass sie ihre letzten Lebensstunden ebenso dort verbringen können. Außerdem ist es wichtig, dass Sie sich dafür einsetzen,
dass alle finanziellen Wiedergutmachungsleistungen nicht auf evtl. sonstige Sozialleistungen durch Sozialhilfeträger- oder Rententrägerleistungen angerechnet werden dürfen.Wir beobachten sehr aufmerksam, in
welcher Form Sie bereit sind, diese Forderung bei den entsprechenden staatlichen Stellen einzufordern.
Eine aufrichtige Entschuldigung Ihres Hauses ist für eine weitere Opfergruppe wichtig, die den Versprechen Ihrer Werber für einen Dienst in der Diakonie
vertraut haben. Hiermit meinen wir die Diakonischen Helferinnen und die Diakonenschüler. Sie mussten hilflos und ohnmächtig zusehen, wie unter dem Dach ihrer Kirche kriminell und gewalttätig Kinder misshandelt
wurden. Sie hat man in ein System von Unrecht und Gewalt gesteckt und wenn sie dann doch aufbegehrten, verweigerte man ihnen die Anhörung ihrer Beschwerden oder bestrafte sie dafür, das sie sich beschwert haben.
In einem von uns dokumentierten Fall bekam ein Diakonenschüler erhebliche Schwierigkeiten, als er das Unrecht im Johanna-Helenen-Heim anprangerte. Er wurde von seinem Brüderhausvorsteher bzw. dem Vertreter
aufgefordert, seine Behauptungen zurückzunehmen. Dabei gingen diese jungen Menschen doch allesamt davon aus, dass Behindertenheime in kirchlicher Trägerschaft zweifelsfrei Horte christlicher Nächstenliebe sind.
Dieses besondere Bild über ihre Kirche und Diakonie hat die Evangelische Kirche bei einigen von ihnen erheblich ins Wanken gebracht und in einzelnen Fällen sogar ruiniert. Einige quälen sich noch heute in
Selbstzweifeln: Habe ich alles getan, um das Leid dieser kleinen Kinder zu verhindern oder wenigstens zu lindern? Wir, die Opfer, sind längst mit ihnen im Reinen. Sie konnten nicht anders. Nur wenige sind zu
Tätern geworden. Sie als Nachfolger der kirchlichen Heimträger sind aufgefordert, diese jungen Menschen öffentlich um Verzeihung für ihr völliges Versagen zu bitten.
Mit freundlichen Grüßen
(Helmut Jacob)
Sprecher
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Kottnik gegen Pauschallösung bei
Entschädigung von Heimkindern
Präsident des Diakonischen Werkes fordert differenzierte Betrachtung
Rund 800.000 Kinder sind in den 50er und 60er Jahren in meist kirchlichen Heimen regelmäßig misshandelt worden. Doch eine pauschale
Entschädigungslösung lehnt der Präsident des Diakonischen Werkes der evangelischen Kirche, Dieter Kottnik, ab. Es habe auch viele Jugendliche gegeben, die positive Erfahrungen in den Heimen gemacht
hätten. Eine Pauschallösung sei daher ungerecht.
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... sexueller Missbrauch wurde hingegen nicht festgestellt? ...
die positiven Berichte ehemaliger Heimkinder?
Gemeinsamer Newsletter der Verbände im Diakonat Kaiserswerther Verband und VEDD in Zusammenarbeit mit dem Zehlendorfer Verband
Nr. 06 / Juli-August 2009 Heimerziehung in der Nachkriegszeit - ... Für die Jugendhilfe in Freistatt liegt seit Mai eine Veröffentlichung vor, im März berichteten Historiker über ihre
Forschungsbefunde zum Johanna-Helenen-Heim in Volmarstein; in beiden Fällen haben sich viele der von Betroffenen vorgetragenen Klagen über Misshandlungen und Erniedrigungen bestätigt, sexueller
Missbrauch wurde hingegen nicht festgestellt. ... Die Position des Diakonischen Werkes der EKD in der laufenden Debatte ist unverändert und entspricht der von EKD und katholischer Kirche. Auch
wenn die inzwischen vorgelegten Ergebnisse verdeutlichen, dass Misshandlungen und Erniedrigungen in bestimmten Einrichtungen keine Einzelfälle darstellten, zeigen die positiven Berichte ehemaliger
Heimkinder, dass eine differenzierte Betrachtung notwendig ist. ... Es ist die Aufgabe des von uns nachdrücklich unterützten Runden Tischs, ein gesellschaftlich akzeptiertes Bild der
Heimerziehung in der Nachkriegszeit zu beschreiben und mögliche Lösungen zu erarbeiten.
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Auszug aus dem Schreiben an den Kaiserswerther Verband (3012.09)
Mit einigem Erstaunen lesen wir Ihre Meldung auf Seite 4 Ihres oben geannten Newsletters:
„Für die Jugendhilfe in Freistatt liegt seit Mai eine Veröffentlichung vor, im März berichteten Historiker über ihre
Forschungsbefunde zum Johanna-Helenen-Heim in Volmarstein; in beiden Fällen haben sich viele der von Betroffenen vorgetragenen Klagen über Misshandlungen und Erniedrigungen bestätigt, sexueller
Missbrauch wurde hingegen nicht festgestellt.“
Wir wissen nicht, wie Sie zu der Feststellung gekommen sind, dass weder in Freistatt noch in Volmarstein sexuelle Missbrauch nicht stattgefunden hat. Wenn Sie den Vortrag der Historiker in Volmarstein mitgehört hätten, wären Ihnen entsprechende Hinweise nicht verborgen geblieben. Auf unserer Homepage sind in verschiedenen Opferberichten ebenfalls klare und deutliche Hinweise auf sexuellen Missbrauch in den verschiedensten Varianten veröffentlicht. Eine ganze Missbrauchsserie fand Mitte der 60er Jahre statt. In diesem Zeitraum hat sich ein Sonderschulrektor an wenigstens 4 Mädchen und einigen Jungen sexuell vergriffen.
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Mitgliedshäuser des Kaiserswerther Verbandes unter anderen:
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Liebestätigkeit für die Volksgemeinschaft Der Kaiserswerther
Verband Deutscher Diakonissenmutterhäuser In den ersten Jahren des NS-Regimes von Heide-Marie Lauterer 1994
hier klicken
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Email des Kaiserswerther Verbandes vom 20.01.10:
Sehr geehrter Herr Jacob, haben Sie vielen Dank für Ihr informatives Schreiben, das ich mit Nachdenklichkeit gelesen habe. In der
Zwischenzeit habe ich auch mit der Vorsitzenden unseres Theologischen Ausschusses, Oberin Sr. Marianne Anschütz, gesprochen, wie Sie sicher wissen, da uns sehr an dem Thema liegt und wir uns eine gute
Aufarbeitung des Themas wünschen. Sie wird Ihnen dies auch gesagt haben, da sie Sie einladen wollte zu einer Aufarbeitungstagung nach Witten. Wir werden uns auch innerhalb des Verbandes noch
intensiver mit diesem Thema befassen. Allerdings sind es die einzelnen Häuser, die die historische Aufarbeitung dann auch leisten und umsetzen müssen, das kann ich seitens des Geschäftsstelle des
Verbandes nicht. Wir bemühen uns um Information unserer Mitglieder und sollte diese nicht korrekt (gewesen) sein, so nehmen wir Hinweise hierzu gerne auf und gehen diesen nach. Wie Sie an unserer
homepage feststellen können, habe ich deshalb auf Ihr Schreiben hin veranlasst, dass unser Rundbrief überarbeitet wird, was in der Zwischenzeit auch geschehen ist. Dies mail erhalten neben Oberin
Sr. Marianne Anschütz auch die Geschäftsführer der beiden anderen 'Verbände im Diakonat' zur Kenntnis, Diakon C. Christian Klein für den VEDD und Herr Pfr. Dr. Martin Zentgraf für den Zehlendorfer
Verband, da unser ViD-Newsletter ein gemeinsamer Newsletter ist. Mit freundlichen Grüßen und mit guten Wünschen für - und bitte sprechen Sie mich gerne wieder an Ihre Christine-Ruth Müller
Kaiserswerther Verband - Geschäftsstelle - Landhausstraße 10 10717 Berlin Tel. +49 (030) 86 424-170 Fax +49 (030) 86 424-169
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13.09.09 Fragen an Diakoniepräsident Kottnik zum Interview Diakoniepräsident Kottnik mit dem Deutschlandradio Kultur Wiedergabe auf der Homepage des Senders am 15. 06. 2009
Sehr geehrter Herr Kottnik, bitte klären Sie mich auf: 1. Auf welchen Zeitraum bezieht sich Ihr positives Beispiel? 2. In welchem Zeitraum konnten Sie von nach Ihrer Feststellung sehr
guten Erfahrungen partipizieren? Sollten Sie weitere Beispiele positiver Heimunterbringungen aus der Zeit 1950 bis 1975 kennen, wäre ich für eine Weitergabe dieser Geschichten an mich dankbar.
Solche positiven Erinnerungen Ehemaliger müssen einfach auch dokumentiert werden, um das schiefe Bild dieser Zeit zu korrigieren. Oder sehen Sie irgendwelche Hindernisse, die einer Veröffentlichung
entgegenstehen?
Antwort am 14.10.09: Diakonie Bundesverband
Diakonisches Werk der EKD e.V. Postfach 33 02 20 114172 Berlin Zentrum Kommunikation Archiv des Diakonischen Werkes der EKD Dr. Michael Häusler Altensteinstraße 53 14195 Berlin
Telefon: +49 30 830 01-561 Telefax: +49 30 830 01-122 archiv@diakonie.de www.diakonie-archiv.de Berlin, 14. Oktober 2009 AZ: 8830/H r (bitte stets angeben) Heimerziehung in der Nachkriegszeit
Ihr Schreiben an Präsident Kottnik vom 13.9.2009 ... Herr Kottnik wies darauf hin, dass viele Menschen in den 50er bis 70er Jahren als Bewohner gute und sehr gute Erfahrungen in Kinder- und
ErzieÂhungsheimen gemacht haben. In seiner Funktion als Leiter einer großen Einrichtung haben ihm ehemalige Heimkinder davon berichtet, so dass er an ihren geschilderten Erfahrungen teilhaben konnte.
Ich bin sehr zuversichtlich, dass gerade der unbefanÂgene Hörer die Aussagen von Präsident Kottnik in diesem Sinne verstanden hat. Am Ende Ihres Schreibens weisen Sie darauf hin, dass solche
positiven ErinnerunÂgen Ehemaliger ebenfalls dokumentiert werden müssen, um das schiefe Bild dieser Zeit zu korrigieren. Das wäre in der Tat wünschenswert. Ich habe allerdings die Erfahrung gemacht,
dass allein der Hinweis darauf, dass es Menschen gibt, die sich gern an ihre Zeit im Heim erinnern, von manchen ehemaligen Heimkindern, die MissÂhandlungen und Demütigungen erleben mussten, als Versuch
angesehen werden, die Glaubwürdigkeit ihres Zeugnisses zu leugnen. Das ist aber gerade nicht unsere Intention, so dass wir uns mit der Veröffentlichung solcher Beispiele zurückhalten.
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02. Dez. 2009 An die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche von Deutschland Frau Dr. Margot Käßmann Herrenhäuser Str. 12 30419 Hannover
Fax: 0511 / 27 96 - 707
Sehr geehrte Frau Vorsitzende!
Für Ihr Amt der Vorsitzenden des Rates der Evangelische Kirche wünschen wir Ihnen die Führung Gottes bei der Bewältigung Ihrer vielen Aufgaben. Wir
sind ein kleiner Kreis, der die Gewalt und die Verbrechen an behinderten Klein- und Schulkindern im Johanna-Helenen-Heim in den drei Nachkriegsjahrzehnten aufarbeitet. Da Ihnen die Thematik im Zusammenhang mit
Heimkindern der Fürsorgeerziehung und Freiwilligen Erziehungshilfe bekannt ist, können wir uns umfangreiche Erklärungen ersparen.
Dankbar haben wir Ihre Entschuldigung und Scham über die Verbrechen an
Heimopfern vom Januar und vom 17. Oktober dieses Jahres zur Kenntnis genommen. Dabei haben Sie allerdings
keinen Bezug auf die misshandelten behinderten Kinder in Heimen Bezug genommen. Wir hoffen nun, dass Sie in Ihrem neuen Amt, mehr als zuvor, die Möglichkeit haben, Ihren Einfluß dahingehend geltend zu machen, dass alle Opfer Entschädigungen für die erlittenen Verbrechen erhalten. Machen Sie bitte Ihren Einfluß geltend, damit die finanziellen Entschädigungen nicht auf vorhandene Sozialleistungen angerechnet werden.
So unterstützt auch unser Arbeitskreis die Forderungen von Opfern der Erziehungshilfe in der damaligen Zeit nach finanzieller Entschädigung, Anrechnung der Zwangsarbeitszeit auf die Rentenleistungen, Hilfe
bei der Verhinderung von Armut, die auch dadurch entstanden ist und immer wieder entsteht, dass viele Opfer ein „normales“ Leben in der Gesellschaft mit sozialer und beruflicher Integration nach ihren
schrecklichen Jahren nicht mehr führen konnten.
Dringend notwendig ist auch Hilfe im Alter. Viele Opfer, Zeit ihres Lebens traumatisiert durch ihr Heimleben in der Kindheit oder Jugend, stehen vor der
Türschwelle zum Altenheim. Davor fürchten sie sich sehr und das zurecht. Wir erwarten, dass die Evangelische Kirche, zusammen mit dem Bund und mit den Ländern dafür sorgt, dass es ausgeschlossen ist, dass aus
den Opfern von damals erneut Opfer werden. Die damals Geschädigten bedürfen der besonders liebevollen Betreuung und umfangreicher Hilfen und Freizeitmaßnahmen im Alter. Das gilt besonders für behinderte
Menschen, weil sie weitaus hilfloser sind. Ihnen muss garantiert werden, dass die zuständigen Heimaufsichten aufmerksam kontrollieren und sofort einschreiten, wenn Zeichen der Vernachlässigung spürbar werden.
Dazu kann die Evangelische Kirche ebenso beitragen. Was spricht dagegen, zum staatlichen Kontrollsystem eine kirchliche Revision zu installieren? So viel Geld muss da sein und als Zeichen der Wiedergutmachung in die
kirchlichen Haushaltspläne eingefügt werden.
Die Unterbringung unserer behinderten Heimopfer in einem Altenheim ist nicht mehr zumutbar. Sie wäre eine erneute Gewalt gegen die damals Geschundenen und Gequälten. Hier wäre ein besonderes Engagement der Kirche erforderlich. Zwar bietet die soziale Gesetzgebung Behinderten die Inanspruchnahme von Behindertenassistenz. Um diese Hilfe zu erhalten, müssen Behinderte jedoch oft jahrelang und permanent kämpfen. Sie sind aufgefordert, nunmehr mitzukämpfen, damit den Opfern diese Assistenz finanziert wird.
Sie finden unseren Aufarbeitungsprozess auf der Homepage www.gewalt-im-jhh.de dokumentiert. Zum Beginn des kommenden Jahres wird auch eine entsprechende Buchdokumentation zweier Historiker im Handel sein.
Wir hoffen, dass Sie mit Ihrer Stimme viel bewegen.
Mit freundlichen Grüßen (Helmut Jacob) Sprecher
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Antwort der EKD am 23.02.2010
Sehr geehrter Herr Jacob,
die Vorsitzende des Rates der EKD, Frau Landesbischöfin Dr. Käßmann, hat mich gebeten, auf Ihr Schreiben zu antworten. Sie dankt Ihnen für
Ihre guten Wünsche zur Wahl als Vorsitzende des Rates der EKD. Bitte sehen Sie es mir nach, dass erst jetzt eine Antwort kommt. Hier lag ein Büroversehen vor.
Der von Ihnen aufgezeigte Zusammenhang zwischen den Missständen in der Heimerziehung der Nachkriegszeit, die Thema des Runden Tischs
Heimerziehung in Berlin sind, und den berichteten Fällen von Gewalt im Bereich der Behindertenhilfe, die dort nicht behandelt werden, ist durchaus nachvollziehbar und hat seine Ursachen offenbar in
vergleichbaren Mangelsituationen und fragwürdigen Erziehungs- und Wertvorstellungen der damaligen Zeit. Deshalb ist es sehr begrüßenswert, dass sich die Einrichtungen und Verbände der evangelischen
Behindertenhilfe mit zunehmender Intensität den Fragen der Gewalt in der Behindertenarbeit stellen.
In Ihrem Schreiben sprechen Sie weiterhin die Notwendigkeit der QualitätsÂsicherung in Altenheimen an. Ich kann gut verstehen, dass Menschen,
die als Kinder und Jugendliche leidvolle Erfahrungen in Heimen gemacht haben, Angst vor einem Leben als alter Mensch im Heim haben. Diese Sorge scheint mir aber nicht aus den heutigen Verhältnissen in
den Alten- und Pflegeheimen begründet zu sein. Neben der gesetzlich geregelten staatlichen Heimaufsicht erfolgen regelmäßige, ab 2011 jährliche Besuche des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen in
den Heimen, deren Ergebnisse künftig veröffentlicht werden sollen. Die Heime der Diakonie besitzen mit dem „Diakonie-Siegel Pfleg" ein eigenes Instrument zur Qualitätssicherung, durch das die
Einhaltung der Qualitätsstandards auch für die Öffentlichkeit überprüfbar wird. Daneben
verfügen die großen Träger der evangelischen Altenhilfe über ein zentrales Qualitätsmanagement, das die eigenen, dezentralen Heime
regelmäßig überprüft. Diese Maßnahmen scheinen gut geeignet, das Risiko von schlechter Pflege und lieblosem Umgang nach Kräften zu minimieren. Darüber hinaus will ich mich in Verbindung mit dem
Diakonischen Werk der EKD gern dafür einsetzen, dass die jeweiligen Einrichtungen der Diakonie die von Gewalt und Missbrauch betroffenen ehemaligen Heimkinder mit Behinderungen bei ihren Anträgen auf
Persönliche Assistenz nach Kräften unterstützen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans Ulrich Anke
- Vizepräsident -
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Protest-Antwort der FAG JHH 2006 am 1.03.2010
Wiedergutmachung der Evangelische Kirche Deutschlands an behinderten Heimopfern Ihr Schreiben vom 23.02.2010
Sehr geehrter Herr Dr. Anke!
Ihr o.g. Schreiben hat uns empört. Es beinhaltet eine Aneinanderreihung von reichlich bekannten Gemeinplätzen. Wir haben das Gefühl, dass Sie inhaltlich auf unser Schreiben vom 02.12.2009
überhaupt nicht eingegangen sind, obwohl Ihnen der Brief fast 3 Monate vorlag.
Das heute angeblich alles besser sein soll, als damals, erfahren wir fast täglich. Engagierte Menschen wie Claus
Fussek können Ihre Meinung schon seit mehr als einem Jahrzehnt überhaupt nicht mehr teilen, trotz der verschiedenstens Heimaufsichten. Von dem Versagen dieser Aufsichten damals wie heute zeugen
auch immer wieder Skandale, die die Öffentlichkeit erreichen und sicher nur die Spitze des Skandalberges darstellen. Von diesen Skandalen sind die Einrichtungen unter Evangelischer Trägerschaft
keinesfalls ausgenommen.
Ihr letzter Satz beinhaltet nur beim Überfliegen einen hoffnungsvollen Ansatz für uns. Bei näherer Betrachtung kommt heraus, dass Sie sich lediglich dafür einsetzen,
dass die ESV bei der Antragsstellung hilft. Dieser Einsatz Ihrerseits ist völlig überflüssig und überhaupt nicht hilfreich, weil die ESV uns diese Hilfe bereits im Juli 2009 fest zugesagt und
protokolliert hat. Sie ist auch auf unserer Homepage dokumentiert.
Völlig unbeantwortet lassen Sie die Frage nach Ihrem Engagement in Sachen Opferentschädigung. Immerhin leben auch aus unserem
Kreise viele Ehemalige in Armut, weil sie aufgrund fehlender Beschulung nie einen Beruf erlernen konnten oder einen solchen aufgrund und infolge körperlicher und psychischer Misshandlungen nicht
ausüben konnten. Kinder, die man pschisch so misshandelt hat, dass sie sich schwere Sprachbehinderungen zugezogen haben, hatten auf dem freien Arbeitsmarkt quasi keine Chancen. Bei anderen
Misshandlungen, z.B. im Rahmen von medizinischen Falschbehandlungen ist es ähnlich. Wir erwarten eine Stellungnahme, in welchem Rahmen Ihre Kirchenleitung den Opfern eine Opferrente gewährt, damit sie,
wenn sie schon eine unwürdige Kindheit erlebten, wenigstens ihren Lebensabend in Würde erleben dürfen.
Auf unsere Bitte, Ihren Einfluß geltend zu machen, damit die finanziellen
Entschädigungen nicht auf vorhandene Sozialleistungen angerechnet werden, sind Sie mit keinem Wort eingegangen.
„Die Unterbringung unserer behinderten Heimopfer in einem Altenheim ist nicht
mehr zumutbar. Sie wäre eine erneute Gewalt gegen die damals Geschundenen und Gequälten. Hier wäre ein besonderes Engagement der Kirche erforderlich.“ Auch auf diese Zentralforderung in unserem
letzten Schreiben gehen Sie konkret nicht ein, verweisen auf angeblich gut funktionierende Heimaufsicht, verkennen jedoch, dass selbst bei allerbestem Heim eine Unterbringung nicht infrage kommt, weil
jedes Vertrauen verspielt ist und allein der Gedanke an einen weiteren Heimaufenthalt retraumatisierend wirkt. Wir erwarten eine klare Aussage darüber, in welcher Form sich die Kirchenleitung einbringt,
um weitere Heimaufenthalte aktiv und ohne Delegierung an die ESV zu verhindern. Unseres Erachtens sind hier Gespräche auf höchster Bundes- und Landesebene nötig.
Zur dadurch notwendigen
Behindertenassistenz schrieben wir Ihnen: „Sie sind aufgefordert, nunmehr mit zu kämpfen, damit den Opfern diese Assistenz finanziert wird.“ Auch hierzu nehmen Sie keine Stellung. Kann /soll dieses
Problem ebenso nur auf höchsten Ebenen geregelt werden?
Wir müssen Ihren Brief als weiteren Versuch von Vertröstungen bis zu den Ergebnissen des Runden Tisches in Berlin werten. Mit diesem
Taktieren fühlen wir uns, die Heimopfer, fühlen sich aber auch unsere nicht behinderten Freunde ein weiteres Mal misshandelt. Bitte teilen Sie uns endlich und konkret mit, welche Wiedergutmachungen Sie
– beispielsweise für das völlige Versagen der Inneren Mission –uns Heimopfern leisten wollen. Ihre Stellungnahme erbitten wir umgehend, damit sich nicht der Eindruck festigt, dass Sie nur auf Zeit
spielen und längst die biologische Lösung des Problems anvisiert haben könnten.
Mit freundlichen Grüßen
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28. Januar 2010
Herrn Pfarrer Klaus-Dieter Kottnik Präsident des Bundesverbandes Diakonie 14195 Berlin Telefax: 030 830 01 555
Presseverlautbarungen zu Ihren Äußerungen bzgl. Entschädigungen von Heimopfern
„Berlin - Der Präsident des Diakonischen Werks, Klaus-Dieter Kottnik, hat sich für eine Wiedergutmachung an ehemaligen
Heimkindern ausgesprochen. Es sei auch "eine finanzielle Unterstützung sinnvoll", sagte Kottnik dem EPD am Freitag in Berlin, wo der "Runde Tisch Heimkinder" einen Zwischenbericht vorlegte. Der
Umfang möglicher Entschädigungen lasse sich aber noch nicht absehen, sagte Kottnik. Der Bericht jedenfalls sei "erschütternd"; ihn schmerze, so der Diakoniepräsident, "dass diakonische
Einrichtungen daran beteiligt waren". Durch den Zwischenbericht des Runden Tisches, auf den sich sowohl Heimkindervertreter als auch Vertreter der Kirchen, des Bundes und der Länder verständigt haben, werde
öffentlich anerkannt, "dass jungen Menschen, die man damals Fürsorgezöglinge nannte, Gewalt angetan worden ist", so Kottnik.“ http://www.welt.de/die-welt/politik/article5950666/Diakonie-will-fruehere-Heimkinder-entschaed
igen-lassen.html
Sehr geehrter Herr Präsident!
Mit Genugtuung haben wir zur Kenntnis genommen, dass Sie nunmehr auch Entschädigungsleistungen für Heimopfer befürworten. Der Zwischenbericht des
Runden Tisches Heimkinder hat wohl zu einer Änderung Ihrer Meinung beigetragen.
Sicher ist Ihnen auch der vorläufige Bericht der Historiker Schmuhl/Winkler zur Kenntnis gekommen, der über die Verbrechen an
den behinderten Heimkindern in den 50er und 60er Jahren in Volmarstein umfangreich Auskunft gibt. Der endgültige Bericht der Historiker wird keine Änderungen der Forschungen, allenfalls weitere Ergebnisse und
Vervollständigungen aufzeigen.
So ist es unseres Erachtens an der Zeit, endlich auch für den Bereich der behinderten Heimopfer zu Entschädigungslösungen zu kommen. Ein Abwarten auf den Endbericht des
Runden Tisches ist schon aus dem Grund nicht sinnvoll, weil hier die Verbrechen an Säuglingen, Vorschulkindern und behinderten Kindern keine Berücksichtigung findet. So sind Ihre Initiativen mehr denn je gefragt.
Zwar versucht die Evangelische Stiftung Volmarstein intern, zahlreiche Beiträge im Sinne von Wiedergutmachung zu leisten, dies kann aber nur ein „Tropfen auf den heißen Stein“ sein. Einzelne
Wiedergutmachungsbemühungen der Evangelischen Stiftung, die wir immer wieder würdigen und unter Wahrung des Datenschutzes auch auf unserer Homepage veröffentlichen, können nicht den Bedarf aller Opfer des
Johanna-Helenen-Heims abdecken.
Es geht in Einzelfällen auch um einmalige Entschädigungen. Diesen Wunsch können wir nachvollziehen; darum bitten wir Sie, uns Ihre Überlegungen mitzuteilen, in welchem
Umfang Sie einmalige finanzielle Entschädigungen leisten wollen.
Ein Großteil der Opfer, die wir vertreten, kann es sich verständlicherweise nicht vorstellen, den Lebensabend in einem Heim zu verbringen.
Es wäre eine Zumutung, dies von unseren vielfach geschädigten damaligen Schulkindern zu verlangen. Darum ist es notwendig, dass Sie endlich in einen Dialog mit der Evangelischen Stiftung Volmarstein und den
Landschaftsverbänden Rheinland und Westfalen eintreten und ein Konzept entwickeln, das den Forderungen nach Behindertenassistenz Rechnung trägt. Schwerstbehinderten wird schon heute Behindertenassistenz gewährt,
aber die Antragstellung ist immer wieder eine Tortur. Dies weiß der Sprecher aus eigenem Erleben. Im Zuge des Antragsverfahrens Behinderter muss um jede halbe Stunde gerungen werden. So zieht es sich Jahre hin, bis
der bedürftige Behinderte optimal Behindertenassistenz erhält. Mit dieser Quälerei muss für die behinderten Heimopfer Schluss sein. Es muss eine Lösung unter den drei Gremien gefunden werden, dass die
Behindertenassistenz einfach organisiert und finanziert wird. Die Evangelische Stiftung hat sich bereits bereit erklärt, bei der Antragstellung einzelner Heimopfer Hilfestellung zu geben. Sie müssen die
Landschaftsverbände davon überzeugen, dass in diesen besonderen Fällen auf möglichst viel Bürokratie verzichtet wird. In unseren Fällen braucht nicht individuell nachgeprüft werden, wer Opfer ist. Es sind
alle damaligen Kleinkinder und Schulkinder aus der genannten Zeit. Schon die räumliche Enge war eine tägliche Bestrafung der Kinder!
Für diejenigen, die nicht mehr im Einzugsbereich der oben genannten
Kostenträger sind, gilt es, ebenfalls vergleichbare Lösungen zu finden. Nötigenfalls wären entsprechende Leistungen aus einem Fonds zu finanzieren.
Überfällig ist allerdings auch eine Entschuldigung des
Diakonischen Werkes als Rechtsnachfolger der Inneren Mission dafür, dass diese nicht kontrolliert hat, wie es den Kindern unter ihrem Dach geht. Spätestens jetzt, nach dem Zwischenbericht der Historiker und dem
des Runden Tisches Berlin sollten die Heimopfer jeweils individuell entsprechende Äußerungen von Ihnen erhalten.
Wir betonen ausdrücklich, dass wir die Initiative des Pfarrers, Herrn Dierk Schäfer,
nachdrücklich begrüßen, der einen Bußaufruf gestartet hat. Hier der entsprechende Link: http://www.gewalt-im-jhh.de/Bussaufruf_Dierk_Schafer/bussaufruf_dierk_schafer.html
Ungeachtet unserer
Forderungen an Sie und an staatliche Stellen sollen Sie wissen, dass Heimopfer nicht nur fordern, sondern auch fördern. Wir unterstützen beispielsweise das Jahresspendenprojekt der Evangelischen Stiftung
Volmarstein für ein neues Kinderheim mit unserer Aktion „Kuscheliges Kinderheim“. Hier der Link: http://www.gewalt-im-jhh.de/Aktion_KK_-_Kuscheliges_Kinder/aktion_kk_-_kuscheliges_kinde r.html
Wir rechnen mit Ihrer Unterstützung und erwarten Ihre weiterführenden Antworten.
Mit freundlichen Grüßen
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